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STANDPUNKT/037: Reduzierung der Militärausgaben im Europäischen New Deal von DiEM25 (Pressenza)


Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin

Reduzierung der Militärausgaben im Europäischen New Deal von DiEM25, ein Beitrag von Pressenza

Von Gerardo Femina und Anna Polo, 30. Juni 2017


Kein Geld mehr für Militärausgaben

Als Redakteure der internationalen Presseagentur Pressenza und Aktivisten der humanistischen Vereinigung "Welt ohne Kriege und ohne Gewalt" und möchten wir einen Beitrag zur internen Debatte von DiEM25 sowie zu Erarbeitung eines innovativen und mutigen Programms für die europäischen Wahlen in 2019 leisten.

Der von DiEM25 lancierte Europäische New Deal [1] schlägt eine Reihe von interessanten Maßnahmen zur Bekämpfung der wachsenden Armut vor, die durch Austeritätspolitik und Übermacht von Banken sowie nicht gewählten Technokraten, die ihre Entscheidungen niemandem gegenüber verantworten, verursacht wurde. Ohne jedoch das enorme Gewicht der Militärausgaben zu berücksichtigen und die Übermacht der Kriegsindustrie anzuklagen, scheint es schwierig, eine solche Politik zu realisieren.

Die Reduzierung der Militärausgaben und ein generelles Embargo auf Waffenverkäufe würden enorme Ressourcen freisetzen, und zudem eine ethisch vertretbare Wahl gegen Krieg und zu Gunsten des Friedens sowie einen fundamentalen Beitrag zur Reduzierung der andauernden Konflikte darstellen, die unsägliche humanitäre Tragödien und Millionen von Flüchtlingen produzieren; Konflikte, die größtenteils mit Waffen ausgefochten werden, die vom Westen produziert worden sind.

Desweiteren können wir nicht länger die Tatsache ignorieren, dass die schrecklichen terroristischen Anschläge, die so viele Menschenleben in Paris, Nizza, Berlin, Brüssel, Stockholm, Manchester und London forderten, auch eine monströse Antwort auf die Kriege sind, die vom Westen zur Erlangung von Rohstoffen und Profiten angezettelt wurden, und die so eine nicht enden wollende Spirale von Hass, Gewalt und Rache nähren.

Die Militärausgaben finden sich nicht in den Schlagzeilen der großen Zeitungen und Fernsehnachrichten wieder, und trotzdem geht es hier um enorme Summen: nach den Daten von Sipri [2] (Stockholm International Peace Research Institute), dem renommiertesten Institut in diesem Bereich, beliefen sich die Militärausgaben der europäischen Länder im Jahre 2016 auf 225 Milliarden Euro, was 1,54% des BIP beträgt. Die Mitgliedsländer der NATO gaben 215 Milliarden Euro oder 1,47% des BIP aus. Wenn man der Forderung der Vereinigten Staaten nachkäme, sich noch mehr an den NATO-Ausgaben zu beteiligen, nämlich mit 2% des BIP eines jeden Landes, dann käme man auf 295 Milliarden Euro pro Jahr, 37% mehr als zum jetzigen Zeitpunkt.

Aktuell erreichen oder überschreiten nur vier Länder in Europa - Estland, Griechenland, Polen und das Vereinigte Königreich - diese 2% im Bezug auf Militärausgaben. Um ein Beispiel zu nennen, würde dies für Italien bedeuten, 20 Milliarden mehr ausgeben zu müssen, um die 2% zu erreichen, für Deutschland 30 Milliarden und für Spanien 16 Milliarden. Diese Zahlen sind umso eindrucksvoller, wenn man die verheerenden Konsequenzen bedenkt, die die Austeritätspolitik in Ländern wie Griechenland, Italien und Spanien hatte und immer noch hat.

Angesichts der unterwürfigen Reaktion der europäischen Länder auf die Forderungen Trumps während des kürzlichen NATO-Gipfels in Brüssel scheint diese Erhöhung praktisch sicher zu sein. Resultat: bei Renten, Bildung, Forschung und im Gesundheitsbereich wird gekürzt, aber für Waffen ist immer Geld da!

Ein anderer fundamentaler Punkt, der ebenfalls im Programm von DiEM25 berücksichtigt werden sollte, ist der der Abrüstung, vor allem der nuklearen, sowie die Schließung amerikanischer Militärbasen, die voll mit Atomwaffen sind. Laut verschiedenen Experten wie Hans Kristensen von der Federation of American Scientists sind aufgrund der NATO-Doktrin der "nuklearen Teilhabe" 180 US-Bomben des Typs B61 in Italien, Deutschland, Holland, Belgien und der Türkei stationiert (Schätzung von 2014). Es handelt sich hier um fünf Länder, die den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet haben und somit dessen Artikel II verletzen (jeder der Staaten ohne Atomwaffen, der den Vertrag unterzeichnet hat, verpflichtet sich, keine Atomwaffen oder andere nukleare Sprengsätze in Empfang zu nehmen, noch die direkte oder indirekte Kontrolle darüber zu erhalten ...). Frankreich besitzt darüber hinaus um die 300 Atomsprengköpfe und das Vereinigte Königreich 225.

Vor diesen äußerst düsteren Hintergrund tritt nun eine gute Nachricht von den Verhandlungen der Vereinten Nationen zur Abschaffung von Atomwaffen [3], die bereits im Gange sind und die von 123 Ländern, größtenteils in Afrika, Asien und Südamerika, unterstützt werden. Die nächste Sitzung findet vom 15. Juni bis 7. Juli statt, wobei die Verhandlungen von den großen Atommächten und ihren Verbündeten natürlich in jeder erdenklichen Art und Weise boykottiert und behindert werden, all das vor einem beeindruckenden Schweigen der Medien. Unter den europäischen Ländern sind nur wenige, die einen solchen Vertrag unterstützen (Österreich, Zypern, Vatikan, Irland, Liechtenstein, Mazedonien, Malta, San Marino und Schweden) und sie sollten von der Zivilgesellschaft und von allen politischen Bewegungen, denen die Zukunft der Menschheit am Herzen liegt, in jeder erdenklichen Art und Weise unterstützt werden. Eine Zukunft, die dieses Namens würdig ist, hängt in erster Linie von der Abschaffung dieser illegalen und inhumanen Zeitbomben ab, den letzten Massenvernichtungswaffen, die noch existieren.

Zusammenfassend sei gesagt, dass, wenn wir von sozialer Europapolitik sprechen, dies auch klarer und kraftvoller Vorschläge in Richtung Reduzierung von Militärausgaben und Abrüstung bedarf.

Übersetzung aus dem Italienischen von Evelyn Rottengatter


Anmerkungen:
[1] https://diem25.org/europaeischer-new-deal/
[2] https://www.sipri.org/
[3] https://www.pressenza.com/de/2017/05/erster-entwurf-fuer-atomwaffenverbot-praesentiert/


Der Text steht unter der Lizenz Creative Commons 4.0
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

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Quelle:
Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin
Johanna Heuveling
E-Mail: johanna.heuveling@pressenza.com
Internet: www.pressenza.com/de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juli 2017

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