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STANDPUNKT/004: Auf dem Weg zum Frieden, Respektierung der Rechte der Gefangenen (Info Baskenland)


Info Baskenland
Euskal Herriaren Lagunak - Freundinnen und Freunde des Baskenlands - 23.05.2013

EKD: "Zeit für weitere Zeichen der Versöhnung" / Internationale Erklärung: "Auf dem Weg zum Frieden, Respektierung der Rechte der Gefangenen"



Dank des großen Engagements der baskischen Zivilgesellschaft und vieler baskischer Organisationen, sowie internationaler Moderatoren und Persönlichkeiten, die sich für eine friedliche und demokratische Lösung des Konflikts zwischen dem Baskenland, Spanien und Frankreich einsetzen, konnte im Oktober 2011 mit der Erklärung von Aiete ein Friedensfahrplan verabschiedet werden, der schon wenige Tage später zum Ende des bewaffneten Kampfes von ETA führte.

Seither gibt es intensive Bemühungen, die Dynamik aufrechtzuerhalten und den Friedensprozess voranzubringen. Dabei konnten Erfolge erzielt werden, wie zum Beispiel die Versöhnungsinitiative im baskischen Errenteria ("Versöhnen und Zusammenfinden", 24.2.2013) oder die wachsende internationale Unterstützung für die friedliche Lösung des Konflikts, auch durch Abgeordnete des deutschen Bundestags (Unterzeichner der Erklärung von Aiete in Deutschland, 19.1.2013).

Eines der größten Probleme des Konfliktlösungsprozesses ist die negative Haltung der spanischen Regierung. Sie verweigert selbst Kontakte zu den internationalen Moderatoren und setzt weiter auf ein Instrumentarium gesetzlicher und polizeilicher Sondermaßnahmen, mit dem sie im Laufe des langen Konflikts vielfach demokratische Rechte außer Kraft gesetzt hat.

Internationale Erklärung "Auf dem Weg zum Frieden, Respektierung der Rechte der Gefangenen"

"Neue Schritte" mahnen deshalb zwölf international für ihr Eintreten für Menschenrechte bekannte Persönlichkeiten in einer Erklärung "Auf dem Weg zum Frieden, Respektierung der Rechte der Gefangenen" vom 25. März 2013 dringend an. Sie fordern, "die Sondermaßnahmen, die zur Anwendung kamen, zu beenden" und bitten die "Verantwortlichen in Spanien und Frankreich" um folgende "initiale Schritte zur Konsolidierung des Friedensprozesses":

• Die sofortige Freilassung von schwerkranken Gefangenen, für die die aktuelle Gesetzeslage eine Freilassung vorsieht, um eine adäquate Behandlung ihrer Krankheit zu ermöglichen.

• Die Freilassung der Gefangenen, die sich wegen der Anwendung der Doktrin 197/2006 (eine auch als "Parot Doktrin" bekannte nachträgliche Haftverlängerung) durch die spanischen Gerichte in Haft befinden, sowie die Freilassung der Gefangenen, die die Bedingungen vorzeitiger Entlassung erfüllen.

• Ein Ende der Politik der Zerstreuung (Unterbringung weit entfernt vom Heimatort), einer Maßnahme, die willkürlich auf baskische Gefangene angewendet wird, und ihre Unterbringung in Gefängnissen in der Nähe ihrer Familien.

• Die unverzügliche Freilassung von Arnaldo Otegi und all derer, die sich allein wegen ihrer Gesinnung oder ihrer politischen Aktivitäten in politischen Parteien, Gewerkschaften, Jugendorganisationen, sozialen Bewegungen und in den Medien in Haft befinden. Anklagen und europäische Haftbefehle, die wegen solcher Aktivitäten ergangen sind, müssen aufgehoben werden.

Die vollständige Erklärung mit Unterzeichnern finden Sie unten im Anhang und unter [1].

EKD - evangelische Kirche in Deutschland: "Zeit für weitere Zeichen der Versöhnung"

Auch der Referent für Menschenrechte und Migration der Evangelischen Kirche in Deutschland, Oberkirchenrat Thorsten Leißer, appelliert an alle Seiten des baskisch-spanisch-französischen Konflikts, "sich ihrer jeweiligen Verantwortung für den Friedensprozess bewusst" zu sein:

• "Der eingeschlagene Weg zu einer gewaltfreien Lösung des Konflikts um das Baskenland ist zu begrüßen. Dazu gehören Mut und Ausdauer und die Bereitschaft, sich auf die Sichtweise des Gegenübers einzulassen. Der einseitige Verzicht auf Waffengewalt durch die ETA ist dabei ein wichtiger Schritt. Nun scheint es an der Zeit für weitere Zeichen der Versöhnung, z.B. durch die Anwendung bestehender Gesetze etwa hinsichtlich der Freilassung von schwerkranken Gefangenen und solchen, welche die Bedingungen für eine vorzeitige Entlassung bereits erfüllen. Der Weg des Friedens wird immer markiert mit Gesten des wachsenden gegenseitigen Vertrauens. Ich hoffe darauf und bete darum, dass alle Konfliktparteien sich ihrer jeweiligen Verantwortung für den Friedensprozess bewusst sind und entsprechende Maßnahmen unternehmen, um den Weg für eine Lösung freizumachen, die allen gerecht wird." (Siehe [2])

18. Mai 2013: in 230 baskischen Städten und Dörfern Proteste für die Rechte der Gefangenen

Für die baskische Bevölkerung, die in allen sieben baskischen Provinzen gerade einmal 3 Millionen Einwohner zählt, sind die über 600 baskischen Gefangenen ein emotionales Thema. Mehr als 230 Orte des Baskenlands folgten deshalb auch am 18. Mai 2013 dem Aufruf der Organisation Herrira, die Forderung nach Respektierung der Rechte der Gefangenen auf die Straße zu tragen. Über 20.000 Menschen beteiligten sich an phantasievollen Protesten.

*

On the Path to Peace
Auf dem Weg zum Frieden, Respektierung der Rechte der Gefangenen

Am 17. Oktober 2011 fand in Donostia - San Sebastian eine internationale Konferenz zur Lösung des baskischen Konflikts statt. Eine Vielzahl baskischer Persönlichkeiten und Organisationen nahm gemeinsam mit einer bedeutenden internationalen Delegation unter Leitung des ehemaligen UN Generalsekretärs Kofi Annan teil. Ergebnis der Konferenz war die Erklärung von Aiete, benannt nach dem Tagungsort. In der Erklärung von Aiete riefen die internationalen Konfliktmoderatoren zu einem Prozess des Dialogs und der Verhandlungen auf. Voraussetzung hierfür sollte die Bekanntgabe des endgültigen Endes ihrer bewaffneten Aktivitäten durch ETA sein. Nur wenige Tage später kam die geforderte Erklärung von ETA, womit eine einzigartige historische Möglichkeit geschaffen wurde, die Ursachen und die Konsequenzen des Konflikts zu adressieren.

In diesem neuen Szenario, dem eine fast zwölfmonatige Periode eines verifizierten Waffenstillstands vorausging, sind auch neue Schritte nötig, um eine politische Lösung des Konflikts zu erreichen. Es ist an der Zeit, die Sondermaßnahmen, die zur Anwendung kamen, zu beenden. Diese Maßnahmen haben sich nicht nur als nutzlos, sondern als kontraproduktiv erwiesen. Als Antwort auf das Ende der bewaffneten Aktivitäten sind politische Schritte nötig, die dazu beitragen, die Bedingungen für einen gerechten und dauerhaften Frieden zu schaffen.

Aus all diesen Gründen bitten die Unterzeichner und Unterstützer dieser internationalen Initiative die Verantwortlichen in Spanien und Frankreich um folgende initiale Schritte zur Konsolidierung des Friedensprozesses:

• Die sofortige Freilassung von schwerkranken Gefangenen, für die die aktuelle Gesetzeslage eine Freilassung vorsieht, um eine adequate Behandlung ihrer Krankheit zu ermöglichen.

• Die Freilassung der Gefangenen, die sich wegen der Anwendung der Doktrin 197/2006 (eine auch als "Parot Doktrin" bekannte nachträgliche Haftverlängerung) durch die spanischen Gerichte in Haft befinden, sowie die Freilassung der Gefangenen, die die Bedingungen vorzeitiger Entlassung erfüllen.

• Ein Ende der Politik der Zerstreuung (Unterbringung weit entfernt vom Heimatort), einer Massnahme, die willkürlich auf baskische Gefangene angewendet wird, und ihre Unterbringung in Gefängnissen in der Nähe ihrer Familien.

• Die unverzügliche Freilassung von Arnaldo Otegi und all dener, die sich allein wegen ihrer Gesinnung oder ihrer politischen Aktivitäten in politischen Parteien, Gewerkschaften, Jugendorganisationen, sozialen Bewegungen und in den Medien in Haft befinden. Anklagen und europäische Haftbefehle, die wegen solcher Aktivitäten ergangen sind, müssen aufgehoben werden.

Priorität muss jetzt die Konstruktion eines politischen Freiraums für Dialog haben, nicht die Rückkehr zu den gewohnten Rezepten von Seite der Polizei und der Justiz.

Es ist an der Zeit, den Frieden aufzubauen, es ist an der Zeit, eine Zukunft zu gestalten, die sich auf Menschenrechte gründet, auf Gerechtigkeit, Wahrheit und die Unterstützung all derjenigen, die im Konflikt gelitten haben.

Unterzeichnerinnen und Unterzeichner

Piedad Esneda Cordoba Ruiz (Kolumbien, 1955)
Rechtsanwältin
Mitglied des Repräsentantenhauses des kolumbianischen Parlaments (1992-1994)
Senatorin der Liberalen Partei Kolumbiens (1994-2010)
Nominiert für den Friedensnobelpreis (2009)
Vertreterin von "Colombianos y Colombianas por la Paz"

Bill Bowring (Großbritannien, 1949)
Rechtsanwalt
Professor der juristischen Fakultät des Birkbeck College, University of London
Internationaler Geschäftsführer der Haldane Society der sozialistischen Anwälte
Präsident der Europäischen Vereinigung von Juristinnen & Juristen für Demokratie und Menschenrechte
Vorstandsmitglied des Bar Human Rights Committee of England and Wales, des Council of Liberty, sowie Bevollmächtigter des REDRESS Trust

Nelly Maes (Flandern, 1941)
Abgeordnete der Volksunie Party im Föderalen Parlament Belgiens (1971-1977 / 1985-1991)
Senatorin (1978-1981 und 1991-1995)
Abgeordnete des Flämischen Parlaments (1995-1998)
Abgeordnete des Europäischen Parlaments (1999-2004)
Präsidentin der Europäischen Freien Allianz (2004-2009)
Präsidentin des Flemish Institute for Peace, einer Organisation des Flämischen Parlaments

Nora Morales de Cortiñas (Argentinien, 1930)
Menschenrechtsaktivistin in Argentinien
Mitbegründerin der Mütter der Plaza de Mayo - Gründerinnen
Ehrendoktorwürde der Freien Universität in Brüssel und der argentinischen Universität in Salta als Anerkennung ihrer Verdienste zur Verteidigung der wirtschaftlichen und sozialen Rechte der argentinischen Bevölkerung

Essa Mossa (Südafrika, 1936)
Rechtsanwalt mit dem Spezialgebiet Menschenrechte (1962-1997)
Richter der Großen Kammer am Obersten Berufungsgericht Südafrikas (1998-2011)
Gründungs- und Vorstandsmitglied der National Association of Democratic Lawyers und Präsident ihres Menschenrechtskomitees
Vorsitzender der Verfassungskommission des African National Congress (ANC)

George Mavrikos (Griechenland, 1950)
Gewerkschafter
Derzeit Vorsitzender der World Federation of Trade Unions (seit 2005)
Generalsekretär der GSEE, des Dachverbands der griechischen Gewerkschaften (1993-1997)
Abgeordneter der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) im Griechischen Parlament (2007-2012)

Michael Tubiana (Algerien, 1952)
Anerkannter Menschenrechtsanwalt und Menschenrechtsaktivist
Präsident der Französischen Liga für Menschenrechte (2000-2005)
Derzeit Ehrenpräsident der Liga für Menschenrechte

Alexander Moumbaris (Ägypten, 1936)
Gewerkschafter
Aktivist gegen Apartheid
Verhaftung 1973, Verurteilung zu 12 Jahren Gefängnis
Anerkannter Akivist gegen Imperialismus und Kolonialismus

Padre Alberto Franco (Colombia)
Kolumbianischer Missionspriester
Anerkannter Menschenrechtsaktivist in Kolumbien
Geschäftsführer der Ökumenischen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden (CIJP)

Javier Giraldo Moreno (Colombia, 1944)
Kolumbianischer Jesuit
Gründer der Ökumenischen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden, die 45 katholische religiöse Gemeinschaften umfasst
Geschäftsführer des lateinamerikanischen Permanent People's Tribunal (1989-1991)
John Humphrey Freedom Award (1997) der kanadischen Menschenrechtsorganisation Rights and Democracy in Anerkennung seines Einsatzes für Menschenrechte

Peter Madden (Irland)
Rechtsanwalt
Präsident des Criminal Law Committee. Mitglied des Access to Justice Committee und Bevollmächtigter der Criminal Bar Association
Leiter eines Teams von Rechtsanwälten, das die Mehrheit der Familien der an Bloody Sunday in Derry Getöteten und Verwundeten vertrat.
Derzeit vertritt er die Familien im Kampf um eine gerechte und vernünftige Entschädigung.
Nominiert als Menschenrechtsanwalt des Jahres (2000) von der Organisation Liberty/Justice

Marjorie Cohn (Vereinigte Staaten von Amerika)
Ehemaliger Präsidentin der National Lawyers Guild der Vereinigten Staaten von Amerika
Strafrechtsprofessorin mit Schwerpunkt internationale Menschenrechtsgesetzgebung der Thomas Jefferson School of Law in San Diego, Kalifornien
Expertin für internationale Menschenrechte und Außenpolitik der Vereinigten Staaten


Verweise [1] http://onthepathtopeace.eu/auf-dem-weg-zum-frieden-respektierung-der-rechte-der-gefangenen/
[2] http://onthepathtopeace.eu/zeit-fur-weitere-zeichen-der-versohnung/#more-257 und http://www.baskenland-friedensprozess.de/news.html

Eine spezielle Webseite informiert über den baskischen Friedensprozess:
Webseite: http://www.baskenland-friedensprozess.de/index.html
Facebook: https://www.facebook.com/pages/Aiete-Friedensfahrplan-f%C3%BCr-das-Baskenland/312139152230797

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Quelle:
Info Baskenland
Euskal Herriaren Lagunak - Freundinnen und Freunde des Baskenlands (EHL)
c/o Dr. Uschi Grandel
Holzhaussiedlung 15, 84069 Schierling
Telefon: 09451.949859
E-Mail: info@info-baskenland.de
Internet: http://www.info-baskenland.de/


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Mai 2013