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MARKT/122: Milchpreise decken Kosten nur noch zu 66 Prozent (EMB)


European Milk Board - Pressemitteilung vom 1. Dezember 2015

Milchpreise decken Kosten nur noch zu 66 Prozent

Aktuelle Zahlen für Juli zeigen ein Abrutschen der Kostendeckung in Deutschland


(Brüssel, 01.12.2015) 100 Prozent investierte Arbeit und 100 Prozent Milchqualität - aber nur 66 Prozent Kostendeckung. Für Juli zeigt die aktuelle Kostenstudie des Büros für Agrarsoziologie & Landwirtschaft (BAL) die Misere im Milchsektor ausnehmend deutlich: Bei einem Preis von 29,42 Cent konnten die Kosten in Deutschland von durchschnittlich 44,79 Cent nicht einmal annähernd gedeckt werden. Diese Schieflage in der Milchproduktion mit ihren einschneidenden Konsequenzen für die Erzeuger und die ländliche Entwicklung ist allerdings nicht allein ein deutsches Problem. Abstürzende Preise sind in ganz Europa Normalität, wie Preismeldungen aus den anderen Ländern zeigen. Zwischen 10 und 19 Cent liegen die Auszahlungspreise beispielsweise in Litauen. In Belgien sind es 25 und in Dänemark noch 29 Cent, die die Erzeuger für einen Liter Milch ausbezahlt bekommen.

Damit befindet sich die Milchproduktion in Europa inmitten einer tiefen Krise, die viele Höfe die Existenz kostet. Jedoch weigert sich - trotz aller Fakten und Informationen aus dem Sektor - EU-Kommissar Phil Hogan von einer Krisensituation zu sprechen.

Die damit verbundene politische Passivität verschleppt und vergrößert das Problem noch zusätzlich.

Grund für die Preisstürze: Seit April ist die Produktion in vielen Ländern Europas stark angestiegen. Über 12 Prozent wurden beispielsweise in Irland von April bis August 2015 mehr produziert als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Und auch Deutschland, die Niederlande und Polen haben mit Mehrmengen von über 7 sowie 2,5 bzw. 3,3 Prozent starke Produktionszuwächse zu verzeichnen.

Dabei könnte man die Überproduktion mit einem wirksamen Instrument durchaus eindämmen. Das European Milk Board (EMB) hat dafür ein Konzept erarbeitet, das verantwortungsvoll mit einem freiwilligen Lieferverzicht die Mengen in ganz Europa wieder auf ein gesundes Maß bringen kann. Das Marktverantwortungsprogramm (MVP) setzt dabei auf ein konstruktives Zusammenspiel von Politik und Milchsektor. Es kommt nur in Krisenzeiten zum Einsatz und dient damit als wichtiges Sicherheitsnetz, wenn - so wie aktuell - sowohl Binnenkonsum als auch Export mit der Milchproduktion nicht mithalten können.

Dass strukturelle Änderungen im Milchsektor notwendig sind, wenn man die EU-Produktion nicht weiter gefährden will, leuchtet sektorübergreifend ein. Um die Lethargie der EU-Kommission hier zu beenden, fordern die Milcherzeuger seit Monaten in vielen Ländern mit großen Protesten wirksame Maßnahmen ein. Adressiert wurden damit neben EU- und nationalen Politikvertretern auch all jene Bauernverbandsvertreter, die trotz der angespannten Lage den Einsatz wichtiger Instrumente weiter stark bremsen. Jene sind besonders aufgefordert, die Interessen ihrer Basis ernst zu nehmen und nicht gegen sie zu arbeiten. Ein ausgeglichener Markt und angemessene Preise sind die Voraussetzung für eine zukunftsfähige Milchproduktion. Kurzsichtige Exportstrategien, die offensichtlich nicht funktionieren, schwächen den EU-Milchsektor und zeigen zudem die Blindheit und falsche Prioritätensetzung ihrer Verfechter.

Mehr zum Marktverantwortungsprogramm (MVP) finden Sie auf der Internetseite des EMB unter:
http://www.europeanmilkboard.org/


Hintergrund:
Die gemeinsam von European Milk Board (EMB) und MEG Milch Board beim Büro für Agrarsoziologie & Landwirtschaft (BAL) in Auftrag gegebene Kostenstudie berechnet die deutschlandweiten Erzeugungskosten der Milch. Sie basiert zum einen auf Daten des InformationsNetzes Landwirtschaftlicher Buchführungen der Europäischen Kommission (INLB), nutzt zu deren Aktualisierung zudem Preisindizes für landwirtschaftliche Betriebsmittel wie Futter, Dünger, Saatgut und Energie vom Statistischen Bundesamt und greift auf einen Einkommensansatz zurück, der die Arbeitsleistung der Betriebsleiter und Familienangehörigen kalkuliert.

Auf dieser Studie aufbauend hat die MEG Milch Board den Milch Marker Index (MMI) entwickelt, der den aktuellen Verlauf der Erzeugungskosten (mit Basisjahr 2010 = 100) dokumentiert. Für Juli 2015 beträgt der MMI 108 Punkte. Vierteljährlich wird er gemeinsam mit einer Preis-Kosten-Ratio veröffentlicht. Diese zeigt das Verhältnis zwischen den amtlich erfassten Rohmilchpreisen und den Milcherzeugungskosten.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 1. Dezember 2015
EMB asbl - European Milk Board
Rue du Commerce 124, bte 4, 1000 Brussels
Telefon: +32 (0)2 808 1935, Fax: +32 (0)2 808 8265
E-Mail: office@europeanmilkboard.org
Internet: www.europeanmilkboard.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Dezember 2015

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