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PROJEKT/225: Traumahilfe am Mekong


die zeitung - terre des hommes, 3. Quartal 2011

Traumahilfe am Mekong
Südostasien: Ein länderübergreifendes Projekt hilft traumatisierten Menschen

von Michael Heuer


In vielen terre des hommes-Projekten spielt Traumahilfe eine wichtige Rolle. So zum Beispiel nach dem Tsunami 2004 im indonesischen Aceh, wo terre des hommes bis Anfang 2010 traumatisierte Kinder, Jugendliche und Erwachsene betreute. Wie bereits in Aceh sollen nun mit Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung weitere Projekte in Thailand, Burma, Kambodscha und Indonesien aufgebaut werden. Ziel ist es, 6.000 Frauen und Kinder und 1.000 Männer zu behandeln, die Opfer von Gewalt, sexuellem Missbrauch, Menschenhandel, Krieg oder Naturkatastrophen werden und unter den Folgen dieser traumatischen Erlebnisse leiden. Darüber hinaus soll ein psychologischer Dienst mit einem speziellen Trainings- und Behandlungsprogramm angeboten werden.


Qualifizierte Traumabehandlung

Das unter dem Titel »Mekong-Projekt« gestartete Programm begann in Indonesien mit Unterstützung deutscher Experten der Organisation »Trauma-Aid/Humanitarian Assistance Programme«, die vor Ort Therapeuten in der EMDR-Methode (siehe Seite 5) schulten. In Zusammenarbeit mit dem gemeinnützigen lokalen Psychologenverband Himpsi Jaya wurde ein Dienst zur qualifizierten Traumabehandlung aufgebaut. Geplant ist nun die Gründung eines eigenen EMDR-Institutes, das eng mit der Universität Jakarta zusammenarbeiten soll. Parallel werden Multiplikatoren ausgebildet, die Krankenschwestern, Lehrer und Sozialarbeiter darin schulen, traumatische Störungen zu erkennen und die Opfer zu betreuen.


EMDR reduziert Angstzustände

Eine Studie belegt den Erfolg der EMDR-Methode. Besonders bei Mädchen und Frauen werden mit dieser Therapie traumatische Störungen, Angstzustände und Depressionen erheblich reduziert. Insgesamt wurden 1.200 Erwachsene und 1.000 Kinder vor und nach der Behandlung untersucht. Die Rate der Patienten mit Angstzuständen und Depressionen konnte von 70 auf 30 Prozent verringert werden, bei Menschen mit posttraumatischen Belastungsstörungen lag die Erfolgsquote bei fast 100 Prozent. Ohne ein geschütztes und stabiles Umfeld ist die Überwindung traumatischer Erfahrungen allerdings oft nicht möglich. Deswegen ist die Unterstützung von Müttern, eine der Kernaktivitäten im Rahmen des Projektes, eine Voraussetzung für die seelische Gesundung ihrer Kinder.


Michael Heuer
(m.heuer@tdh.de)


terre des hommes fördert das Mekong-Projekt mit Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit insgesamt 1,7 Millionen Euro.


WAS IST EMDR?

Francine Shapiro, eine heute 63 Jahre alte amerikanische Psychologin, ist die Erfinderin des »Eye Movement Desensitization and Reprocessing« (EMDR). Sie hatte eine Krebsdiagnose zu verkraften und litt deswegen unter Ängsten und Depressionen. Dann aber entdeckte sie beim Spazierengehen im Park, dass ihre Angst und die düsteren Gedanken weniger wurden, wenn sie die Augen bewegte. Sie entschloss sich, das Phänomen näher zu untersuchen - so entstand EMDR.

Der Patient führt sich eine seiner belastenden Erinnerungen vor Augen und friert sie gedanklich ein. Gleichzeitig hält ihn der Therapeut mit langsamen Fingerbewegungen dazu an, die Augen rhythmisch zu bewegen. Diese Bewegungen sind es, die die Angst des Patienten vor seiner Erinnerung verringern.

Der Vorgang erinnert an Hypnose, hat damit aber nichts zu tun. Es geht darum, die traumaauslösenden Ereignisse anzuschauen, von der Angst zu entkoppeln und beides dann als Teil der eigenen Geschichte in die Psyche zu integrieren. Seine Erlebnisse kann der Mensch nicht abstreifen, aber er kann die Gefühle, die damit verbunden sind, »überschreiben«.

Was genau bei EMDR abläuft, ist noch nicht endgültig geklärt. Man vermutet, dass die rhythmischen Augenbewegungen zur Synchronisation der beiden Hirnhälften führen, die nach traumatischen Erfahrungen oft gestört sind. Auch im sogenannten REM-Schlaf, in den Traumphasen, in denen wir Erlebnisse des Tages verarbeiten, bewegen wir die Augen in erheblichem Maße.


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Quelle:
die zeitung, 3. Quartal 2011, S. 7
Herausgeber: terre des hommes Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Dezember 2011