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PROJEKT/179: Burma - Kampf gegen Zwangsrekrutierung von Kindern


die zeitung - terre des hommes, 4. Quartal 2007

"Sie haben ihn einfach mitgenommen..."
Burma: Kampf gegen Zwangsrekrutierung von Kindern

Von Michael Heuer


"Ich bin so traurig, er ist doch mein jüngster Sohn. Die Soldaten haben ihn einfach mitgenommen und in ein Militärlager gesteckt", berichtet eine Frau verzweifelt. Alltag in Burma: Fast täglich werden Kinder auf dem Weg zur Schule oder auf dem Heimweg von "Sicherheitskräften" abgegriffen und in militärische Ausbildungscamps verschleppt.

Seit Niederschlagung der Demokratiebewegung 1988 wird Burma von einem der brutalsten Militärregime der Welt beherrscht. Jede politische Opposition wird unterdrückt. Im vergangenen September wurde der friedliche Protest von buddhistischen Mönchen und Demonstranten brutal niedergeschlagen.

Etwa eine Million intern Vertriebene leben seit vielen Jahren in Flüchtlingscamps im Lande oder im Grenzgebiet zu Thailand. Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten haben umfangreiche Sanktionen gegen Burma verhängt. Mit wenig Erfolg, denn die Militärclique erfreut sich der Unterstützung von Indien, Thailand und China. Die Brutalität des Regimes bekommen auch die Kinder zu spüren: Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen gehören der 350.000 Mann zählenden Armee auch 70.000 Kindersoldaten an.


Bürgerkrieg und Ethnien

Die Bevölkerung des Landes besteht aus zahlreichen Ethnien, von denen viele für ihre kulturelle Autonomie kämpfen und sich gegen die politische Unterdrückung wehren. Der Konflikt ist zu einem Bürgerkrieg eskaliert, der das Land schon seit Jahren lähmt. Neben dem Militär zwingen auch die anderen bewaffneten Gruppen Kinder zum Kriegsdienst. Und so hält Burma weltweit einen traurigen Rekord: Es ist das Land mit der größten Zahl an Kindersoldaten.

Die meisten Gruppen, so erzählt Banya Kung Aung, wüssten nichts über Kinderrechte oder das Schutzbedürfnis von Kindern. Der knapp 30 Jahre alte Mann weiß, wovon er spricht. Als Kind wurde er selbst von einer Guerillagruppe als Kindersoldat zwangsrekrutiert. Heute arbeitet er für die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Education Institute of Burma" (HREIB). Die Organisation hat mit Unterstützung von terre des hommes ein Hilfsprogramm aufgebaut, mit dem die Zwangsrekrutierung bekämpft und die Wiedereingliederung ehemaliger Kindersoldaten gefördert werden soll.

Durch Verhandlungen mit den Widerstandsgruppen soll erreicht werden, dass auf die Rekrutierung von Kindern vorbehaltlos verzichtet wird. Gespräche mit den Anführern der bewaffneten Gruppen in Burma sind schwierig und gefährlich. Deshalb verhandeln die HREIB-Aktivisten meist mit den Repräsentanten dieser Organisationen in Thailand. In der Arbeit von HREIB kommt den Medien deshalb große Bedeutung zu. "Nur mit ihnen", so Banya Kung Aung, "lassen sich die bewaffneten Gruppen beeinflussen, denn sie sind auf ein gutes Image in der Öffentlichkeit angewiesen." Negative Berichte, etwa über die Zwangsrekrutierung von Kindern, mögen weder die Guerillas noch die burmesischen Militärs.

Auch für ehemalige Kindersoldaten machen sich die Mitarbeiter von HREIB stark. "Kindersoldaten werden von ihren Gemeinschaften oft nicht mehr akzeptiert; weil sie als Unruhestifter gelten", berichtet Banya Kung Aung. Um diese Vorurteile abzubauen, werden Workshops mit den Dorfbewohnern im burmesisch-thailändischen Grenzgebiet durchgeführt. Geplant ist auch ein Schul- und Ausbildungsprogramm für ehemaligen Kindersoldaten.

Um auch die burmesische Regierung zur Beendigung ihrer grausamen Rekrutierungspraxis zu zwingen, hofft Banya Kung Aung auf die Unterstützung des Auslandes. "Die Informationspolitik von regionalen und internationalen Menschenrechtsgruppen sowie die Berichterstattung in den Medien über die Verbrechen der burmesischen Regierung ist ganz wichtig, um die Militärs politisch zu isolieren. Sie dürfen keine Unterstützung mehr aus dem Ausland bekommen."

Irgendwann, so hofft er, wird den Kindern Burmas das erspart bleiben, was er als Kindersoldat erleben musste.


terre des hommes unterstützt die Arbeit des "Human Rights Education Institute of Burma" mit insgesamt 40.500 Euro.


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Quelle:
die zeitung, 4. Quartal 2007, S. 6
Herausgeber: terre des hommes Deutschland e.V.
Hilfe für Kinder in Not
Ruppenkampstraße 11a, 49084 Osnabrück,
Tel.: 0541/71 01-0, Fax: 05 41/70 72 33
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2008