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HINTERGRUND/187: Beschwerderecht - Kinder dürfen klagen


die zeitung - terre des hommes, 01/2012

Kinder dürfen klagen

von Albert Recknagel



Eine gute Nachricht erreichte uns kürzlich aus New York: Ab sofort gibt es ein Beschwerderecht für Kinder. Das beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen. Millionen Kinder haben so schon bald die Chance, sich gegen die Verletzung ihrer Rechte zu wehren. Nun sind neben Deutschland auch andere Mitgliedsstaaten aufgerufen, die neue Konvention zu ratifizieren und in nationales Recht zu übersetzen.

Apropos Kinderrechte: War da nicht mal was? Genau! Im Jahre 1989 verabschiedeten die Vereinten Nationen die UN-Kinderrechtskonvention. Mit Ausnahme der USA und Somalias haben alle Mitgliedsstaaten damit ihren Willen bekundet, die Kinderrechte zu fördern. Doch die Realität sieht anders aus: Mehr als 115 Kinder schuften als Kinderarbeiter, 130 Millionen Kinder gelten als chronisch unterernährt; 250.000 Kinder kämpfen als zwangsrekrutierte Kindersoldaten. Dieser tägliche Kindesmissbrauch steht in krassem Widerspruch zur UN-Kinderrechtskonvention.

Juristisch gesehen ist die Kinderrechtskonvention eine völkerrechtliche Absichtserklärung von Staaten. Regelverstöße sind nur sanktionierbar, wenn die Konvention in die nationale Gesetzgebung eingeht. Seit vielen Jahren fordern Kinderschutzorganisationen wie terre des hommes deshalb ein individuelles Beschwerderecht für Kinder bei den Vereinten Nationen. Mit der jüngsten Entscheidung wurde dieses Ziel nun endlich erreicht. Positiv ist auch, dass Kinder ihre Beschwerde sogar direkt vor dem zuständigen UN-Ausschuss vorbringen können, wenn die rechtlichen Voraussetzungen in ihrem Heimatland nicht gegeben sind.

Damit ist ein wichtiger Meilenstein zur Durchsetzung der Kinderrechtskonvention erreicht. Trotzdem bleibt die Frage: Wie realistisch ist es beispielsweise, dass ein arbeitendes Kind gegen seine Ausbeutung in einem Steinbruch klagt oder ein Kindersoldat gegen die Zwangsrekrutierung durch bewaffnete Gruppen? Damit auch diese Kinder sich gegen ihren Missbrauch wehren können, fordert terre des hommes schon lange auch ein Kollektivbeschwerderecht. Damit könnten Nichtregierungsorganisationen nämlich im Namen der Opfer Beschwerde einreichen. Noch fehlen verbindliche Regelungen, Staaten und Konfliktparteien wegen systematischer Kinderrechtsverletzungen zur Verantwortung zu ziehen. Die Vereinten Nationen haben nun die Chance, auch diesen missbrauchten Kindern zu ihrem Recht zu verhelfen, indem sie ein kollektives Beschwerderecht beschließen.


Der Autor ist Leiter des Referates Kinderrechte bei terre des hommes

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Quelle:
die zeitung, 01/2012, S. 4
Herausgeber: terre des hommes Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. April 2012