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HINTERGRUND/158: Wohlstand statt Wachstum - Neue Ideen drängen auf die politische Tagesordnung


die zeitung - terre des hommes, 1. Quartal 2010

Wohlstand statt Wachstum
Neue Ideen drängen auf die politische Tagesordnung

Von Iris Stolz


Wenn unsere Regierung uns richtig versteht, dann wollen wir vor allem eins: mehr Wachstum, mehr Kaufkraft, mehr Konsum. Die damit verbundenen ökologischen Probleme sollen technisch gelöst werden, am besten mit deutscher Umwelttechnologie.

Mittlerweile gibt es jedoch auch unter Politikern Zweifel an diesem Fortschrittsmodell. So kritisierte Umweltminister Röttgen kürzlich, dass unser Wachstumsbegriff nur auf die Steigerung des Bruttoinlandsproduktes abziele. Klimaforscher und Weltbank-Ökonomen blasen ins gleiche Horn. Die zurzeit im Klimawandel gipfelnde Zerstörung der Erde scheint erkannt, ebenso die Tatsache, dass die auf Profi t gerichtete Ökonomie dafür mitverantwortlich ist. Es ist etwas in Bewegung geraten, 38 Jahre nachdem der Club of Rome auf die »Grenzen des Wachstums« aufmerksam machte.

Die Zeit drängt, denn die Globalisierung des Wirtschaftsmodells schreitet zügig voran. Gleichzeitig wird immer deutlicher, dass es für sieben Milliarden Menschen nicht funktionieren kann: Heute verbraucht ein Viertel der Weltbevölkerung drei Viertel der weltweiten Ressourcen. Globalisiert wäre diese Art von Wohlstand gleichzeitig sein baldiges Ende. »Entweder bleibt die Mehrheit der Welt vom Wohlstand ausgeschlossen, oder das Wohlstandsmodell wird so umgestaltet, dass alle daran teilhaben können, ohne den Planeten ungastlich zu machen«, folgerte deshalb das Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt und Energie bereits 2005 in seinem »Fair Future Report«. Neben umweltverträglichen Technologien, Verbrauchsdrosselung und einer besseren Ressourcenproduktivität sei vor allem eine »Orientierung an der Lebensqualität statt an Gütermengen« nötig. Das ist keine leichte Aufgabe, wie Ende 2009 die Weltklimakonferenz in Kopenhagen zeigte. Kritiker warfen den versammelten Regierungschefs enttäuscht vor, die Zukunft ihrer eigenen Kinder und Enkelkinder aufs Spiel zu setzen. Wenn es den Regierungen aber nicht gelingt, die notwendigen Veränderungen in die Wege zu leiten, wer kann es dann?

Ohne einen Aufschrei der Generation, deren Zukunft auf dem Spiel steht, wird ein Umdenken kaum möglich sein. Ideen für ein zukunftsfähiges Wohlstandsmodell gibt es bereits: Von Kulturschaffenden, die die Reichtümer des Lebens jenseits von Konsum und Wachstumsbeschleunigung aufspüren. Von indigenen Völkern, die die Erde nicht als Ressourcenquelle, sondern als zu respektierende Mitwelt ansehen. Von Wissenschaftlern, die für eine gerechtere Umverteilung der Arbeit plädieren. Und von unseren Kindern, die, gefragt, was typisch sei für Erwachsene, antworten: »Arbeiten, Fernsehen«, »... sie hetzen dauernd«. Lebensqualität ist nicht gleich Wirtschaftswachstum. An vielen Orten der Welt scheinen Kinder und Jugendliche dies zu verstehen. terre des hommes unterstützt sie dabei, ihre Lebenswelt entsprechend zu gestalten.


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Quelle:
die zeitung, 1. Quartal 2010, S. 2
Herausgeber: terre des hommes Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. März 2010