Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.v.
Presseerklärung - 9. September 2015
Hoffnungen auf unbürokratischen Transit zerschlagen?
Dänische Polizei setzt Lübecker Transitflüchtlinge fest - und erzwingt Registrierung
Nach Abstimmungen mit Dänemark und Schweden lässt die Kieler Landesregierung Flüchtlinge via Dänemark nach Schweden weiterreisen. Doch die dänische Polizei will von Absprachen nichts wissen und räumt Zug und Fähre in Rødby. → Letzte Meldung: Dänische Polizei erzwingt Registrierung.
Gestern waren in Lübeck über 100 Flüchtlinge von der Bundespolizei
aus einem Zug nach Kopenhagen geholt worden. Die der Kriegsgewalt und
Verfolgung in Afghanistan, Syrien und Eritrea Entkommenen befanden sich
mehrheitlich auf dem Weg nach Schweden.
Dort haben sie Angehörige und Aussicht auf Asylanerkennung und Bleiberecht. Über 80 der so an der Weiterreise gehinderten Flüchtlinge harrten zunächst auf dem Bahnsteig am Lübecker Hauptbahnhof aus und forderten, dass ihnen die Weiterreise nach Malmö zugestanden würde.Es handelte sich um Männer und Frauen, Familien mit z.T. sehr kleinen Kindern und einer Vielzahl von Minderjährigen.
Die schleswig-holsteinische Landesregierung hatte sich im Laufe des weiteren Tages offenbar erfolgreich u.a. mit Zuständigen in Dänemark und Schweden mit dem Ziel, den betroffenen Flüchtlingen die Weiterreise zu ermöglichen, abgestimmt. Schließlich konnten die Flüchtlinge und eine Gruppe sie begleitender UnterstützerInnen, u.a. vom Lübecker Flüchtlingsforum, am späten Nachmittag Zug und Fähre besteigen, die über Dänemark nach Schweden fahren sollte.
Beim Zwischenstop in Rødby zerschlug allerdings in der Nacht die dänische Polizei die Hoffnungen der Flüchtlinge auf einen unbürokratischen Transit nach Schweden. Von bi- bzw. trilateralen Absprachen zwischen Deutschland, Schweden und dänischen Stellen wisse man nichts, erklärte ein Sprecher der dänischen Polizei.
Den Flüchtlingen wurde zunächst mit Verweis auf die Dublin-Verordnung die Weiterreise verweigert und sie wurden mit Polizeigewalt von der Fähre abtransportiert. "Alles schief gelaufen!" erklärt in Rødby Heike Behrens vom Lübecker Flüchtlingsforum. Die Falle sei zugeschnappt. "Allen Refugees mit Ziel Schweden kann nur geraten werden, den Transit durch Dänemark zu meiden und es auf dem direkten Wege zu versuchen", mahnt Behrens.
Das weitere Schicksal der Flüchtlinge ist zur Stunde (3.00 Uhr) unbekannt, zumal die Flüchtlinge durch die Polizei auch von der sie begleitenden Gruppe aus UnterstützerInnen und einer Journalistin der Lübecker Nachrichten getrennt wurden.
gez. Martin Link
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Kiel, 9.9.2015; 10:00 Uhr
Welchem Verwaltungsumgang die Teilgruppe der Flüchtlinge ausgesetzt
ist, die die Nacht in einem Schulgebäude in Rødby verbracht haben,
ist nicht bekannt. Nach aktuellen Angaben der UnterstützerInnen der
Lübecker Transitflüchtlinge hat die Polizei jedoch begonnen, zwangsweise
die Registrierung (Personaldaten und Fingerabdrücke) der bis dato im Zug
verbliebenen weiteren Flüchtlinge aus der Gruppe durchzusetzen. Dazu ist
der Zug im Hafengelände an einen Ort verlegt worden, der für die
zahlreichen Journalisten, die sich inzwischen am Ort des Geschehens in
Rødby befinden, nicht einsehbar ist.
gez. Martin Link
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Kiel, 9.9.2015; 10.30 Uhr
Die Teilgruppe der Flüchtlinge, die die Nacht in einem Schulgebäude
in der Havnegade in Rødby zwangsverbracht hat, ist dort von der
Polizei festgesetzt worden und darf das Gebäude nicht verlassen und
unterliegen einer Kontaktsperre. Journalisten sind der Zugang und Foto-
bzw. Filmaufnahmen untersagt. Auch diese Teilgruppe der Lübecker
Transitflüchtlinge unterliegt offenbar Zwangsmaßnahmen zur Registrierung
durch die dänische Polizei.
gez. Martin Link
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Quelle:
Presseerklärung vom 9. September 2015
Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.v.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. September 2015
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