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FLUCHT/071: Schmelztiegel Nahost - Wege frei für jedermann ... (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 27. Oktober 2014

Internationale Konferenz zur Situation syrischer Flüchtlinge in Berlin

PRO ASYL fordert Öffnung der Grenzen



Am 28. Oktober 2014 treffen sich zahlreiche Außenminister, darunter Frankreich, Italien, Libanon und Jordanien, und internationale Organisationen in Berlin zur "Conference on the Syrian Refugee Situation - supporting stability in the region". In den Nachbarstaaten Syriens (Türkei, Libanon, Jordanien und Irak) leben insgesamt mehr als 3 Millionen Flüchtlinge. Die Erstversorgung ist oft nicht gewährleistet. Eine darüber hinausgehende Lebensperspektive fehlt. PRO ASYL unterstützt die Forderungen nach einer großzügigen Unterstützung der Erstaufnahmestaaten. Für die humanitäre Hilfe werden 3,7 Milliarden Dollar benötigt, 1,6 Milliarden wurden nur bereitgestellt.

Doch Geld allein reicht nicht. PRO ASYL fordert offene Grenzen für Flüchtlinge - sowohl von den Nachbarstaaten als auch von der Europäischen Union. Der Libanon will keine syrischen Flüchtlinge mehr aufnehmen (Spiegel Online 18.10.2014). In Jordanien sinkt die Akzeptanz für die Geflohenen. Nach einer Umfrage der Universität Amman sind 79 Prozent der Befragten gegen eine weitere Aufnahme. (Telepolis 7.10.2014) "Wer will, dass die Grenzen der Nachbarstaaten Syriens offen sind, muss seine eigenen Grenzen ebenfalls öffnen.", forderte Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. Gegenwärtig werden unverändert Flüchtlinge an der griechisch-türkischen Grenze zurückgewiesen. Die geschlossenen Grenzen zwingen Flüchtlinge auf den gefährlichen Weg über das zentrale Mittelmeer. Während die Außen- und Entwicklungsminister Hilfsmaßnahmen in den Nachbarstaaten beraten, versuchen die Innenminister der Europäischen Union die Abschottung weiter zu perfektionieren.

In wenigen Tagen wird Italien seine Seenotrettungsoperation "Mare Nostrum" beenden. Durch diese konnten seit Oktober 2013 bereits über 130.000 Flüchtlinge im zentralen Mittelmeer gerettet werden. Trotzdem starben seit Jahresbeginn mehr als 3.000 Menschen bei dem Versuch Europa zu erreichen. 2.500 Menschen waren es alleine in den letzten vier Monaten. Den dramatischen Todeszahlen zum Trotz wird die Rettungsoperation nicht ausgeweitet, sondern eingestellt. Auf Initiative Deutschlands und anderer EU-Staaten wird eine Frontex-Grenzschutz-Operation namens "Triton" initiiert werden. PRO ASYL fordert die Einrichtung eines europäischen Seenotrettungsdienstes. "Es ist unerträglich, dass die Außenminister verbal Solidarität mit syrischen Flüchtlingen bekunden und gleichzeitig die Innenminister alle Maßnahmen ergreifen, um eine Flucht nach Europa zu verhindern.", sagte Burkhardt. Bundesinnenminister de Maizière hatte "Mare Nostrum" kritisiert: "Mare Nostrum (...) hat sich als Brücke nach Europa herausgestellt. Das kann nicht auf Dauer so sein." (Plenarprotokoll 18/49 vom 9. September 2014) Diese Brücke wird in hohem Maße von syrischen Flüchtlingen benutzt. Wer sie einreißt, ist mitverantwortlich für das Sterben auf dem Mittelmeer.

PRO ASYL kritisiert die einseitige Ausrichtung der Staatenkonferenz. Eine Diskussion über die Aufnahme syrischer Flüchtlinge ist nicht vorgesehen. Die Industriestaaten haben bislang rund 42.000 Aufnahmeplätze zur Verfügung gestellt - eine verschwindend geringe Zahl angesichts der dramatischen Situation. In Europa haben zwischen April 2011 und Juni 2014 etwa 136.000 syrische Staatsangehörige auf eigene Initiative hin Asylanträge gestellt. In den Nachbarstaaten Syriens leben hingegen mehr als 3 Millionen syrische Flüchtlinge. PRO ASYL wirft den Staaten der Europäischen Union deshalb Versagen angesichts der syrischen Flüchtlingskrise vor.

Auch Deutschland kann mehr Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen als bisher. Viele Flüchtlinge haben Angehörige in Deutschland und der EU, die sie aufnehmen würden und so helfen könnten. PRO ASYL fordert daher, dass Flüchtlingen aus dem Irak und Syrien die Einreise zu Familienangehörigen unbürokratisch ermöglicht wird.

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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 27. Oktober 2014
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Telefon: +49 069 - 23 06 88, Fax: +49 069 - 23 06 50
E-Mail: proasyl@proasyl.de
Internet: www.proasyl.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Oktober 2014


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