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STANDPUNKT/409: Tödliche autonome Waffensysteme beachten nicht die Menschenrechte - die Mehrheit der Menschen unterstützt ein Verbot der Killerroboter (Pressenza)


Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin

Tödliche autonome Waffensysteme beachten nicht die Menschenrechte - die Mehrheit der Menschen unterstützt ein Verbot der Killerroboter

Pressemitteilung von der Kampagne Stop Killer Robots, 10. Dezember 2019


Der 10. Dezember ist der Internationale Tag der Menschenrechte [1]. An diesem Tag feiern Menschen auf der ganzen Welt die am 10. Dezember 1948 verkündete Deklaration der Menschenrechte. Eine der Kernaussagen dieses Dokuments garantiert das Recht eines jeden Menschen auf Leben, Freiheit und Sicherheit. Mit der Entwicklung der autonomen Waffen überschreiten die Staaten eine moralische Grenze, da in Fragen um Leben und Tod ein Roboter niemals eine Entscheidung treffen darf.

Eine im Auftrag der Human Rights Watch kürzlich durchgeführte Umfrage ergab, dass in Ungarn mehr als dreiviertel der Befragten sich die Mitarbeit ihrer Regierung an der Ausarbeitung eines internationalen Übereinkommens zum Verbot der Killerroboter wünschen.

"Das Verbot der Killerwaffen ist sowohl politisch, als auch moralisch gerechtfertigt." sagte Mary Wareham, Advocacy-Direktorin der Abteilung Waffen bei Human Rights Watch und Koordinatorin der Kampagne zum Verbot von Killer-Robotern. "Wenn die europäischen Staaten die Welt vor dieser furchtbaren [militärischen] Entwicklung schützen wollen, dann müssen sie eine führende Rolle bei den internationalen Verhandlungen zu ihrer Verhinderung übernehmen."

Die Verwendung tödlicher autonomer Waffensysteme steht vermutlich auch in Widerspruch zu dem Recht auf Leben, das durch Absatz 6 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte garantiert wird. "Jeder Mensch hat ein angeborenes Recht auf Leben. Dieses Recht ist gesetzlich zu schützen. Niemand darf willkürlich seines Lebens beraubt werden." Human Rights Watch schlussfolgert [2], dass dieses verbriefte Recht auf Leben die Gewaltanwendung durch Staaten einschränkt. Dies gilt auch in Situationen, wenn die tödlichen autonomen Waffensysteme zum Einsatz kämen.

Mit der Entwicklung von tödlichen autonomen Waffensystemen, die in der Lage sind ohne menschliches Eingreifen Ziele auszuwählen und anzugreifen, überschreiten Staaten eine moralische Grenze: ein Roboter darf niemals über Leben und Tod entscheiden, denn dies steht im krassen Widerspruch zu dem Recht auf Leben und Würde.

"Diese Waffen können das Recht auf Leben verletzen, welches Artikel 6 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte garantiert: [die tödlichen autonomen Waffensysteme] können nicht entscheiden, ob der Einsatz von todbringender Gewalt überhaupt gerechtfertigt ist und ihr Einsatz der im Artikel 6 formulierten Vereinbarung entspricht." sagt Amnesty-Mitarbeiterin Rasha Abdul Rahim. Sie ist Leiterin der Arbeitsgruppe, die die menschenrechtlichen Aspekte zum Thema 'Killerroboter' untersucht.

Die ungarischen Aktivisten der Kampagne 'Stoppt die Killerroboter' weisen darauf hin, dass in Ungarn 78 % der Wähler die aktive Mitwirkung der ungarischen Regierung an der Ausarbeitung eines internationalen Übereinkommens zum Verbot der Killerroboter wünscht. Dies ergab die im vergangenen Oktober von Human Rights Watch in 10 Ländern initiierte Umfrage, die die Einstellung der Bevölkerung zum Thema Killerroboter erfragen sollte.

Die in der Umfrage formulierte Frage lautete: "Soll Ihrer Meinung nach Ihre Regierung nach dem Zustandekommen eines Abkommens streben, welches die tödlichen autonomen Waffensysteme international verbietet?" Die Umfrage wurde vom Meinungsforschungsinstitut YouGov durchgeführt und hatte eine Stichprobengröße von 500 - 1.000 Personen.

Die größte Unterstützung für die aktive Beteiligung der eigenen Regierung am Zustandekommen einer entsprechenden Vereinbarung wurde in Irland (81%) und in den Niederlanden (80%) gemessen. Ungarn liegt an dritter Stelle: hier unterstützen 78 % der Befragten eine internationale Vereinbarung zum Verbot. In Spanien sprachen sich 77%, in Italien 75%, in Norwegen und in der Schweiz 72%, in Deutschland 69% und in Finnland 60% der Befragten für ein internationales Verbot der Killerroboter aus.

Ein Jahr zuvor hat das international tätige Meinungsforschungsinstitut IPSOS eine ähnliche Umfrage in 26 Ländern durchgeführt. Damals haben sich 61 % der Befragten gegen den Einsatz von Killerrobotern ausgesprochen. In Ungarn war bereits damals die Ablehnung dieser Waffen sehr hoch: damals sprachen sich 74% gegen die vollkommen autonomen Waffensysteme aus.

Am Internationalen Tag der Menschenrechte bitten die ungarischen Aktivisten der Kampagne 'Stoppt die Killerroboter' die ungarische Regierung, sich erneut und mit allem Nachdruck um das Zustandekommen einer internationalen Vereinbarung zu bemühen: diese hat unmissverständlich festzuschreiben, dass stets der Mensch die Entscheidungshoheit bei dem Einsatz tödlicher Gewalt hat. Des Weiteren soll die Regierung aktiv an der Ausarbeitung von Vereinbarungen mitwirken, welche die Entwicklung, Herstellung und den Einsatz von tödlichen autonomen Waffensystemen für die Dauer der Verhandlungen über ein generelles, international gültiges Verbot untersagt.

Wie bekannt, beteiligt sich Ungarn an der Entwicklung von sogenannten autonomen Drohnen und unbemannten Plattformen - Projekt ROBORDER -, die der Kontrolle von Land- und Seegrenzen dienen. Diese sollen bereits ab Ende 2021 bei der Sicherung der Südgrenze Ungarns eingesetzt werden. Das Sicherheitsforschungsprojekt ROBORDER wird aus dem EU-Programm HORIZONT 2020 gefördert. Neben Ungarn beteiligen sich zahlreiche europäische Staaten und Unternehmen der Sicherheitsbranche daran. Auf ungarischer Seite sind mit finanziellen Mitteln (83,7 MIO HUF) das oberste Ungarische Polizeipräsidium (ORFK), sowie mit ihrer Fachkompetenz die Nationale Universität des Öffentlichen Dienstes (MKE) beteiligt.

Dreißig Staaten haben seit 2013 das Verbot von tödlichen autonomen Waffensystemen gefordert. Zusätzlich fordern Österreich, Brasilien und Chile die Bildung eines mit Verhandlungsvollmacht ausgestatteten Gremiums, damit eine verbindliche Vereinbarung zustande kommt, welche bei den kritischen Funktionen autonomer Waffensysteme zwingend die Überwachung durch den Menschen als letzte Entscheidungsinstanz vorschreibt und garantiert.

Campain to Stop Killer Robots [3] vereint 119 zivilgesellschaftliche Nichtregierungsorganisationen in 62 Ländern. Sie formierte sich 2012 als Kampagne zum Verbot von autonomen Waffensystemen.


Diese Pressemitteilung von der Kampagne Stop Killer Robots, herausgegeben am 10. Dezember 2019, wurde aus dem Ungarischen von Ferenc Héjjas aus dem ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt.


Anmerkungen:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Tag_der_Menschenrechte
[2] https://www.hrw.org/report/2014/05/12/shaking-foundations/human-rights-implications-killer-robots
[3] https://www.stopkillerrobots.org/


Der Text steht unter der Lizenz Creative Commons 4.0
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

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Quelle:
Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin
Reto Thumiger
E-Mail: redaktion.berlin@pressenza.com
Internet: www.pressenza.com/de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2019

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