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APPELL/035: Israel/Palästina - Verhandlungen, Dialog und Versöhnung statt Konfrontation (IPPNW)


IPPNW-Pressemitteilung vom 7.10.2015
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland

Verhandlungen, Dialog und Versöhnung statt Konfrontation

Israel/Palästina: Gewalteskalation in den palästinensischen Gebieten


Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier heute in einem Schreiben aufgefordert, sich gegenüber seinem israelischen Amtskollegen sowie dem Außenminister der Palästinensischen Autonomiebehörde dafür einzusetzen, die Gewaltspirale in Ostjerusalem und im Westjordanland zu stoppen. Steinmeier solle beide Regierungen auffordern, Berichte über "exzessive Gewaltanwendung" zu untersuchen. Es sei an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft ihrer Verantwortung gerecht werde. "Die israelische Regierung muss die Besatzung endlich beenden in Übereinstimmung mit den Resolutionen des UN-Sicherheitsrates. Die Politik der Konfrontation durch Verhandlungen, Dialog und Versöhnung zu ersetzen, ist der einzige Weg für Frieden zwischen Israelis und Palästinensern", heißt es in dem Brief.

Eine Hauptursache der Gewalt in der Region liegt in der fortdauernden Ungerechtigkeit durch die israelische Besatzung, unter der die Palästinenser leiden. Laut dem PLO-Exekutivmitglied Dr. Hanan Ashrawi, die von 1991 bis 1993 die offizielle Sprecherin der palästinensischen Delegation im Nahost-Friedensprozess war, griffen israelische Besatzungstruppen allein in diesem Jahr tausende palästinensische Zivilisten an. Mehr als 3.000 Überfälle auf palästinensische Städte und Dörfer hätten stattgefunden, mehr als 30 Palästinenser seien durch israelische Truppen ermordet und mehr als 3.500 inhaftiert worden. Sie wies zudem auf mehr als 11.000 Gewaltübergriffe von Siedlern auf Palästinenser in den letzten zehn Jahren hin. Als Besatzungsmacht hat Israel auch eine Schutzverantwortung der palästinensischen Bevölkerung gegenüber. Statt diese wahrzunehmen, überlässt sie die Palästinenser und Palästinenserinnen schutzlos den Übergriffen der Siedler.

Insgesamt wurden bei den schweren Auseinandersetzungen in Ost-Jerusalem und im Westjordanland nach Angaben der palästinensische Rettungsorganisation Roter Halbmond mehr als 450 Palästinenser verletzt. Viele hätten bei den Unruhen Schussverletzungen erlitten, darunter auch drei Sanitäter der Organisation. Erst vorgestern ist ein zwölfjähriger Palästinenser bei der Konfrontationen mit israelischen Soldaten nahe Bethlehem tödlich verletzt worden. Nach Angaben der Armee wurden auch israelische Soldaten verletzt.

Die israelische Armee hat darüber hinaus Ziele im Gazastreifen angegriffen, nachdem eine Rakete aus dem Gazastreifen auf den Süden Israels abgefeuert worden sei. Jeder Funke kann leicht einen Flächenbrand mit verheerenden Folgen für die Zivilbevölkerung auslösen.

Benjamin Netanjahu hat einen erbitterten Kampf "bis zum Tod" gegen "den palästinensischen Terrorismus" angekündigt. Zu den angeordneten Maßnahmen zählen neben einer beschleunigten Zerstörung der Häuser von "Terroristen" auch die verstärkte Anwendung der völkerrechtswidrigen Praxis, Verdächtige ohne Gerichtsverhandlung zu inhaftieren. Dies soll auch ausdrücklich vermehrt auf jugendliche Steinewerfer angewandt werden.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 7. Oktober 2015
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland
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Tel. 030/69 80 74-0, Fax: 030/69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Oktober 2015

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