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GAZA HUMAN/001: Lebenslinie nach Gaza - 5. Viva Palestina Konvoi seit zehn Tagen unterwegs (SB)


5. Viva Palestina Konvoi seit zehn Tagen unterwegs


Am Montag, dem 27. September, ist der von Viva Palestina mit Unterstützung aus aller Welt organisierte 5. Konvoi für Gaza in den Abendstunden in Istanbul eingetroffen und wurde von der türkischen Nichtregierungsorganisation IHH (Insan Hak ve Hürriyetleri ve Insani Yardim Vakfi) sowie zahlreichen örtlichen Befürwortern und Unterstützern der Kampagne mit einem öffentlichen Willkommensfest begrüßt. Neben George Galloway und Menschenrechtsanwalt Jim Nichol sind Vertreter verschiedener Organisationen und Freiwillige aus Australien, Neuseeland, Kanada, Frankreich, Italien, Griechenland und Malaysia, den USA, Britannien und Nordirland unter den Mitreisenden. Nicci Enchmarch (Neuseeland) und Kevin Ovenden (UK), die sich beide im Mai auf der Mavi Marmara befanden und den israelischen Überfall auf das Schiff miterlebten und Freunde und Kollegen aus der Türkei sterben sehen mußten, leiten den Konvoi. Unterstützer und Freiwillige aus der Türkei stoßen nun dazu.

Neben diesem Fahrzeugkonvoi, der am 18. September in Britannien startete, gibt es noch zwei weitere, die von Casablanca und von Doha aus mit Vertretern von Organisationen aus Marokko und Algerien sowie aus den Golfstaaten und Jordanien aufbrechen. Alle drei, so ist es geplant, sollen in Latakia, Syrien, zusammentreffen und nach letzten Formalitäten per Schiff den ägyptischen Hafen Al Arish ansteuern, um schließlich Anfang Oktober über den Grenzübergang Rafah nach Gaza einzufahren. Es wird mit einem Umfang von 150 bis 200 beteiligten Fahrzeugen gerechnet, dem bislang größten Konvoi mit breiterer internationaler Unterstützung denn je. Nach Aussagen der Organisation Viva Palestina hat das Massaker der Israelis auf der Mavi Marmara einen grundlegenden Wandel in der öffentlichen Meinung über die inhumane Blockade von Gaza bewirkt.

Der Überlandkonvoi transportiert unter anderem Fahrzeuge, Medizinbedarf, Medikamente und Lebensmittel. Nach wie vor verbietet Israel die Einfuhr so wichtiger Güter wie Baumaterial, Landwirtschaftsbedarf und -geräte, bestimmte medizinische Güter sowie Motorfahrzeuge und Ersatzteile. Die mitgeführten Güter sollen unter anderem den Wiederaufbau einer zerstörten Moschee, einer Schule für Waisenkinder und den Bau einer Entbindungsstation in Beit Hanoun in Nordgaza ermöglichen.

Der Weg des mit jeder Station anwachsenden Fahrzeugzuges führte bislang von London nach Frankreich, Italien und Griechenland und erfuhr je nach Ortschaft und Land Behinderung oder Unterstützung: Demonstration und herzlicher Empfang in Paris, dann Station in Bagnolet, der französischen Partnerstadt der Beiruter Flüchtlingslager Sabra und Shatilla - einen Tag nach dem 28. Jahrestag des Massakers an Hunderten von Palästinensern durch die Falangisten mit Hilfe der israelischen Armee -, wo George Galloways Rede auf viele aufmerksame Zuhörer stieß. Auch der einzige Ort Frankreichs, in dem die palästinensische Fahne wehte, die Stadt Valux-en-Velin in der Nähe von Lyon, hieß den Konvoi nicht allein in Gestalt seines Bürgermeisters, Bernard Genin, herzlich willkommen. Der Provinzgouverneur hatte gefordert, die Fahne müsse verschwinden und daraufhin die Antwort Genins erhalten: "Ich habe ihm zurückgeschrieben, daß er es gern versuchen könne, wenn er es vermag, sich den Weg durch die Massen zu bahnen, die sie verteidigen werden."

Während die französische Grenzpolizei die Fahrzeuge durch ausgedehnte Durchsuchungen und erkennungsdienstliche Maßnahmen um einen Tag in Verzug brachte, war der Empfang durch die italienischen Beamten im Geleitzug wesentlich freundlicher und der im griechischen Ort Thermi bei Thessaloniki nach anfänglichen Schwierigkeiten durch den persönlichen Einsatz der stellvertretenden Ratsvorsitzenden schließlich ein ausgesprochen gastfreundlicher.

Wie sich die ägyptischen Behörden diesmal zu dem Gaza-Hilfskonvoi stellen werden, steht noch aus. Nach der Ankündigung des ägyptischen Außenministers, man werde ihm die Einreise nicht gestatten, richtete sich George Galloway von Paris aus mit einem Appell an die Regierung des Landes:

Ich leite zur Zeit eine enorme internationale Unternehmung, um die Blockade des Gazastreifens zu brechen, die den Menschen dort von Israel und seinen Verbündeten auferlegt wurde, um sie für ihre Entscheidung in einer freien, demokratischen Wahl zu bestrafen. Der Konvoi wird durch Frankreich, Italien, Griechenland, die Türkei und Syrien führen und dann mit dem Schiff nach Al Arish. Zwei Konvois, die am gleichen Tag vom Golf und von Nordafrika aus aufgebrochen sind, werden noch dazustoßen. Ich habe die Absicht, diesen Konvoi auch weiterhin anzuführen und appelliere an die ägyptische Regierung, ihre Entscheidung, die sie in der vergangenen Nacht bekanntgegeben hat, zu überdenken. Ich wurde nicht aus Ägypten deportiert und bin dort nicht zur 'persona non grata' erklärt worden. Man hat mir weder das eine noch das andere je mitgeteilt. Ich habe nicht den Wunsch, mich mit der ägyptischen Regierung zu streiten; den Streit habe ich mit Israel.

Wir haben bereits unsere Bereitschaft bewiesen, mit den ägyptischen Behörden zusammenzuarbeiten, indem wir unsere Route umgeplant haben und nach Latakia in Syrien fahren, wo wir alle von Ägypten gewünschten Formalitäten erfüllen werden. Wenn ich jetzt auch über Ägypten nicht einreisen kann, kommt das für mich einer Verbannung aus Palästina gleich, einem Land, für das ich die letzten 35 Jahre gekämpft habe und das mir zutiefst am Herzen liegt. Ich bitte meine Freunde in Ägypten, alles zu tun, was in ihrer Macht steht, um die Regierung davon zu überzeugen, diese Entscheidung rückgängig zu machen. Bis dahin werde ich weiter meine Verantwortung wahrnehmen, den Konvoi mit dringend benötigten Hilfsgütern durchzubringen und zu versuchen, die Blockade von Gaza zu brechen. Lang lebe Palästina, frei, arabisch und in Würde.


Quelle der vom Schattenblick zusammengefaßten und übersetzten Informationen:
http://www.vivapalestina.org - Stand 28.09.2010

28. September 2010