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ATTAC/1532: TroikaWatch kritisiert Troika-Untersuchungsbericht des Europäischen Parlaments


TroikaWatch
Pressemitteilung vom 13. März 2014

Antwort auf den Untersuchungsbericht des Europäischen Parlaments zur Troika

Begrenzte Untersuchungen führen zu begrenzten Ergebnissen



Heute stimmt das Europäische Parlament über den "Bericht zur Untersuchung der Rolle und der Operationen der Troika (Europäische Zentralbank, EU-Kommission und Internationaler Währungsfonds)" ab. In Europa wurden in den letzten drei Jahren in einer nie da gewesenen Weise Finanzinstitutionen auf Kosten der normalen Bürger herausgekauft. Der Bericht gibt keine befriedigende Antwort darauf, warum dies geschah und wie verhindert werden kann, dass sich dies wiederholt. Die Entscheidung, eine solche Untersuchung auf Griechenland, Irland, Portugal und Zypern zu begrenzen, ist nur ein Zeichen für diesen Missstand. Es hat den Anschein, als hätte das Parlament übersehen, dass auch Spanien ein Memorandum of Understanding mit der Troika unterzeichnet hat.

Während normale Bürger darunter litten, dass sie ihren Job verloren haben, Einschnitte bei Löhnen und Renten hinnehmen mussten und manchmal sogar starben, weil es Einschnitte im Gesundheitssystem gab, wurden Finanzinstitute häufig herausgekauft, ohne dass man wenigstens das Management austauschte. Der Bericht hat vollständig darauf verzichtet zu untersuchen, warum es bei den Bailouts immer jede Menge Vorschriften für die Regierungen gab, während den Regierungen bei den Finanzinstitutionen, für die sie bezahlten, fast immer verweigert wurde, irgendetwas zu sagen zu haben.

Für Griechenland führt der Bericht an, dass es eine Debatte innerhalb der Troika gab, in der der IWF eine frühe Restrukturierung der Schulden forderte, was von der EU zurückgewiesen wurde. Als einzige Begründung wird dazu angeführt, dass die EZB wegen des schlechten Zustands des Bankensystems und möglicher Ansteckungseffekte besorgt war. Allerdings versäumte es der Bericht völlig, weitere Untersuchungen dazu anzustellen, inwieweit diese Argumente tatsächlich stichhaltig sind, wenn man die Größe des griechischen Schuldenproblems mit dem BIP der Eurozone vergleicht.

Aber selbst, wenn die Argumentation der EZB stichhaltig wäre, bleibt nach wie vor die Frage, warum nur die Menschen einiger weniger Staaten für den Bailout des Europäischen Finanzsystems zahlen mussten und nicht die Menschen aller Staaten. Denn in der Tat geschah der Bailout nicht nur zu Gunsten von Institutionen in den Krisenstaaten, sondern zu einem großen Teil zu Gunsten von Finanzinstitutionen in Kernstaaten wie Deutschland oder Frankreich. Während in einigen Ländern das Leiden der Menschen alle vernünftigen Grenzen überschreitet, profitieren andere Länder wie z.B. Deutschland sogar noch von der Krise, indem sie hohe Profite mit weitergereichten Krediten machen, von extrem niedrigen Zinsen für ihre Staatsanleihen profitieren und Vorteile aus gigantischen Kapitalzuflüssen aus den Krisenstaaten ziehen.

Der Bericht stellt fest, dass es massiven Druck auf einige Regierungen gab, den Bailout ihrer Banken zu betreiben, insbesondere durch die EZB. Es ist aber nicht genug, wenn im Bericht festgestellt wird "dass die Europäischen Institutionen unter allen Umständen das Unionsrecht respektieren müssen, insbesondere die Charter der fundamentalen Rechte der Europäischen Union". Von einer solchen Untersuchung sollte man erwarten können, eine Liste zu bekommen, wer wann wie welche Gesetzte verletzt hat und welche personellen und institutionellen Konsequenzen daraus zu ziehen sind.

Zu den Vorschlägen des Parlaments, insbesondere der Schaffung eines Europäischen Währungsfonds (EWF): Ein Europa, das auf dem Grundsatz der Solidarität beruht, braucht andere Änderungen als einen EWF. Auch wenn eine solche Institution eingerichtet würde, würde das Europäische Parlament nicht automatisch eine ausreichend fortschrittliche Institution, wenn das nächste Mal wieder Finanzinstitutionen zu retten sind, wie es mit dieser sehr begrenzten Untersuchung über die Troika bewiesen hat. Wir erwarten von diesem Parlament, dass es in der Zukunft in dieser Sache mutigere Untersuchungen unternimmt. Das, zusammen mit anderen notwendigen Veränderungen hin zu einem Europa von mehr Solidarität (was auch einschließen würde, Banken nicht um jeden Preis zu retten und sich für Schuldenaudits einzusetzem) würde dringend gebraucht, um die gegenwärtige Umverteilung von Reichtum von Arm zu Reich zu stoppen.


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Der vollständige Untersuchungsbericht in der Fassung, wie er dem Plenum zur Abstimmung vorgelegt wird, ist zu finden unter:
http://www.troikawatch.net/wp-content/uploads/2014/03/20140305ATT80482EN.pdf

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Quelle:
Pressemitteilung vom 13.03.2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. März 2014