Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → FRIEDENSBRIGADEN

BERICHT/047: Interview zum Schulprojekt mit der Koordinatorin Paola Rosini


peace brigades international - Internationale Friedensbrigaden
pbi Rundbrief 02/07

Interview zum Schulprojekt mit der Koordinatorin Paola Rosini


Seit 2004 unterhält pbi in Hamburg Partnerschaften mit Schulen, u.a. der Max-Brauer-Gesamtschule, dem Helene-Lange-Gymnasium und dem Gymnasium Corveystraße. pbi-Friedensfachkräfte begegnen SchülerInnen der Mittel- und Oberstufe und führen mit ihnen Workshops zu den Themen zivile Konfliktbearbeitung und Menschenrechte durch. Dabei sind die Schüler und Schülerinnen eingeladen, das Projekt eigenverantwortlich zu gestalten. RAPHAEL HAMPF befragte Koordinatorin PAOLA ROSINI.


PBI-RUNDBRIEF: Schwerpunkt der Arbeit von pbi ist seit 26 Jahren der Einsatz internationaler Freiwilligen-Teams in Konfliktgebieten. Mit dem Schulprojekt hat pbi zum ersten Mal ein Inlandsprojekt gestartet. Welche Rolle spielt die langjährige Erfahrung von pbi in Konfliktgebieten für dieses Projekt?

PAOLA ROSINI: In all diesen Jahren hat pbi Modelle und Methoden entwickeln können, die zum Schutz der Menschenrechte und zum gewaltfreien Umgang mit Konflikten beitragen können. In unseren Workshops beziehen sich unsere Friedensfachkräfte auf diese Erfahrungen in Konfliktgebieten und bringen die von pbi entwickelten Methoden in die Schulen, um auch hier das Bewusstsein für die Menschenrechte und für die Gewaltfreiheit zu verstärken.

PBI-RUNDBRIEF: Welche Ziele habt ihr euch mit diesem Projekt gesetzt?

PAOLA ROSINI: Im Alltag der Schüler und Schülerinnen haben Krieg und Gewalt insbesondere aufgrund der Medien einen viel größeren Raum als die Themen Frieden und Schutz der Menschenrechte. Auch im Unterricht werden eher die negativen als die positiven Aspekte von Konflikten in den Vordergrund gestellt. Das Wort "Konflikt" nimmt so im Verständnis der SchülerInnen eine überwiegend negative Bedeutung an.

Doch Konflikte sind nicht nur negativ zu betrachten. Der Umgang mit Konflikten sollte verstärkt thematisiert werden. Welche Alternativen zur Gewalt gibt es? Wie können wir einen Konflikt konstruktiv austragen und gewaltfrei bearbeiten?

PBI-RUNDBRIEF: Was nehmen die Jugendlichen nach dem Unterricht mit nach Hause? Und wirkt eure Arbeit langfristig?

PAOLA ROSINI: In den Workshops ist es uns wichtig, den Zusammenhang zwischen der Lebenswelt der SchülerInnen und der Situation der Menschenrechte in Deutschland und anderen Ländern in den Vordergrund zu stellen. Den Jugendlichen sollte deutlich werden, dass z.B. ihr Konsumverhalten positive wie negative Folgen auch in anderen Ländern haben kann. Insbesondere die positiven Seiten möchten wir betonen. Was kann ich als Einzelner, als Einzelne bewirken? Wo fängt Menschenrechtsarbeit an?

Wir laden ein, an Projekten der Menschenrechtsarbeit mitzuwirken, so z.B. wenn wir ein Plakat zum Thema Menschenrechtsschutz malen. Es gibt Jugendliche, die nun die Arbeit von NGOs unterstützen oder ihre eigenen Projekte entwickeln.

PBI-RUNDBRIEF: Kannst du uns Beispiele nennen?

PAOLA ROSINI: Es gibt viele. Einige SchülerInnen haben Artikel über pbi in Schüler- oder Jugendzeitungen geschrieben und so weitere Jugendliche auf das Thema aufmerksam gemacht. Andere haben sich für Freiwilligendienste im Ausland entschieden. Am Helene-Lange-Gymnasium hat eine Schülerin einen Kulturabend für Menschenrechte und Frieden organisiert, um andere für diese Themen zu interessieren.

Das ist auch das Ziel der neuen pbi-Theatergruppe, der "Friedensfunken", die aus SchülerInnen bzw. Jugendlichen besteht und Theaterstücke zu verschiedenen Themen im Zusammenhang mit Menschenrechten erarbeitet und aufführt.

PBI-RUNDBRIEF: Was macht euer Projekt einzigartig?

PAOLA ROSINI: Was unser Projekt von anderen unterscheidet ist sein Entstehungshintergrund. Die Erfahrung, die pbi ReferentInnen in der Menschenrechtsarbeit in Konfliktgebieten und in Deutschland gewonnen haben, verleiht den Workshops Authentizität. Das weckt bei SchülerInnen großes Interesse. Was bedeutet es, in einem Konfliktgebiet zu arbeiten und hier gewaltfreie Methoden anzuwenden? Welche Zusammenhänge haben Freiwillige erkennen können zwischen Menschenrechtsverletzungen, denen sie in einem pbi-Projekt begegnet sind, und dem Konsumverhalten der deutschen Gesellschaft? Die Erfahrungsberichte von ehemaligen Freiwilligen sind praxisbezogene Informationen, die theoretische Teile aus den Lehrplänen perfekt ergänzen.

Dabei geht es nicht nur um die Vermittlung von Wissen. Ebenso wichtig ist die Wahrnehmung der Rolle von "Menschenrechtlern". Jede und jeder kann etwas zum Schutz der Menschenrechte beitragen - das geben wir den Jugendlichen mit. (pbi)


*


Quelle:
pbi Rundbrief 02/07, S. 10
Herausgeber: pbi-Deutscher Zweig e.V.
Bahrenfelder Strasse 79, 22765 Hamburg
Tel.: 040/380 69 03, Fax: 040/386 94 17
E-Mail: info@pbi-deutschland.de,
Internet: www.pbi-deutschland.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Februar 2008