Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → FIAN

BERICHT/213: Priorität für das Recht auf Nahrung! (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 1/2010
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Priorität für das Recht auf Nahrung!
Aktionen und Vernetzungen zu einer alternativen Gemeinsamen Agrarpolitik

Von Melanie Pichler und Brigitte Reisenberger


Mit der European Food Declaration wurde auf europäischer Ebene ein Basispapier geschaffen, um über eine gesunde, nachhaltige, gerechte und gegenseitig unterstützende Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union (EU) nach 2013 zu diskutieren. Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (NRO) haben sich zu einem Netzwerk zusammengeschlossen, um eine gemeinsame Position zu entwerfen und die EU-Politik aktiv mitzugestalten.


"Nachdem in den letzten Jahrzehnten transnationale Konzerne und die Welthandelsorganisation (WTO) die Lebensmittel- und Landwirtschaftspolitik dominiert haben, ist es jetzt an der Zeit, dass die Menschen in Europa wieder selbst über die Landwirtschafts- und Nahrungsmittelpolitik bestimmen: es ist Zeit für Ernährungsouveränität!" Aktiv und kämpferisch lesen sich diese Zeilen der European Food Declaration, die seit Beginn des Jahres 2010 von vielen österreichischen und europäischen Organisationen, unter ihnen auch FIAN, unterzeichnet wurde.

Die European Food Declaration ist ein Basispapier von engagierten Organisationen, das als Grundlage für ein europaweites Alternativpapier zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU dienen soll. Seinen Ursprung hat das Netzwerk für eine alternative GAP 2013 im Europäischen Sozialforum in Malmö 2008. Eine Kerngruppe von Organisationen, die rund um die Themen Ernährungssouveränität, Recht auf Nahrung und kleinbäuerliche Landwirtschaft angesiedelt sind, schlossen sich zusammen, um ein alternatives GAP-Netzwerk aufzubauen und die inhaltliche Ausgestaltung der GAP 2013, die ab 1. Jänner 2014 in Kraft treten soll, aktiv mitzugestalten.

In Österreich hat sich im Rahmen der Aktionskonferenz Wir schaffen ein nachhaltiges Lebensmittel- und Agrarsystem! in Freistadt (Oberösterreich) von 20. bis 22. November 2009 eine Gruppe von Interessierten für ein alternatives GAP-Forum zusammen gefunden. Beim ersten Treffen im Jänner 2010 waren VertreterInnen von FIAN, Attac, ÖBV-Via Campesina Austria, der Bio Austria, sowie einige unabhängige AktivistInnen und Interessierte dabei, um gemeinsam über die Ziele einer alternativen Agrarpolitik zu diskutieren. Für Elisabeth Költringer von FIAN Österreich ist klar: "Das Recht auf Nahrung muss in der GAP einen zentralen Stellenwert einnehmen und die Einklagbarkeit dieses zentralen Menschenrechts als Instrument für eine faire und gerechte Agrarpolitik herangezogen werden".

Auch das Ziel auf europäischer Ebene ist klar: Wenn Mitte 2010 die Europäische Kommission die ersten Eckpunkte zur GAP 2013 veröffentlicht, muss es eine klare inhaltliche Positionierung und ein starkes Netzwerk für eine alternative GAP geben. Nicht zufällig hat die GAP 2013 für die alternativen Anliegen des Netzwerks besondere Relevanz. Zum einen soll die EU-Agrarpolitik einer grundlegenden Reform unterzogen werden. Das ausufernde Budget soll gekürzt werden und die Subventionsregelungen auch auf Gemeingüter wie Wasser oder Biodiversität ausgedehnt werden. Zum anderen schafft der im Dezember 2009 in Kraft getretene Lissabon-Vertrag mehr Mitsprachemöglichkeiten für das EU-Parlament. Während das einzig demokratisch gewählte Organ der EU bisher lediglich angehört werden musste, kann es künftig aktiv und ohne Klubzwang an der Gestaltung der GAP mitwirken. Für das alternative GAP-Netzwerk eröffnet das bisher verschlossene Türen für Lobbying und Einflussnahme auf europäischer Ebene.

Für die GAP 2013 müssen Alternativen entwickelt werden, die den Herausforderungen der Zukunft gewachsen sind. Die Eckpunkte eines neuen Lebensmittel- und Agrarsystems wurden in der European Food Declaration festgelegt. Das in der Entstehung begriffene alternative GAP-Forum arbeitet nun an der inhaltlichen Ausgestaltung der Agrarpolitik, an der Analyse von geeigneten Instrumenten zur Umsetzung, an adäquaten Partizipationsmöglichkeiten sowie an einem starken Netzwerk. Zur weiteren Vernetzung und zur gemeinsamen Aktionsplanung ist ein europaweites Forum geplant, das bereits 2011 realisiert werden könnte. Eine eigene Homepage sowie eine alternative GAP-Konferenz im Jahr 2013 werden angestrebt.

Es gibt Alternativen zum Ziel der "globalen Wettbewerbsfähigkeit" der Europäischen Lebensmittelkonzerne und diese Alternativen sollen in einem partizipativen Prozess erarbeitet werden. Werden Sie aktiv, machen Sie mit!

Kontakt:
FIAN Österreich fian-oneworld.at und Elisabeth Költringer elisabeth.koeltringer@sundial.at

Melanie Pichler und Brigitte Reisenberger arbeiten bei FIAN Österreich.


*


Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 1/2010, März 2010, S. 15
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
Tel. 0221/702 00 72, Fax 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de

Erscheinungsweise: drei Ausgaben/Jahr
Einzelpreis: 4,50 Euro
Abonnementpreis: Standardabo 15,- Euro,
Förderabo 30,- Euro (Ausland zzgl. 10,- Euro)


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Mai 2010