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BERICHT/187: Die Benet in Uganda - Vertrieben und Vergessen - Ein Fall für FIAN (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 2/2009
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Die Benet in Uganda - Vertrieben und Vergessen
Ein Fall für FIAN

Von Gertrud Falk


Seit zweihundert Jahren lebt das Hirtenvolk der Benet in der Bergregion des Mount Elgon im Osten Ugandas, an der Grenze zu Kenia. Doch seit die ugandische Regierung den Mount Elgon zum Nationalpark erklärte, wurden die Benet mehrfach vertrieben. Obwohl ein ugandisches Gericht den Anspruch der Benet auf Rückkehr in ihren traditionellen Lebensraum bestätigt hat, weigert sich die Regierung, dieses Urteil umzusetzen. Heute leben geschätzte eintausend Benet in einem Lager abseits jeglicher Zivilisation und von den Behörden vergessen. Sie haben weder ausreichende Nahrung noch Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung. Ein krasser Fall der Verletzung sozialer Menschenrechte.


Das Unheil der Ausgrenzung und Beschneidung ihres Lebensraumes brach schon unter der britischen Kolonialverwaltung über die Benet herein. In den 1930er Jahren erklärte diese das Gebiet um den Elgon-Berg zum königlichen Wald. Die Benet durften nur noch in einem kleinen Waldgebiet leben und wirtschaften. Der größere Teil der Region wurde als Wildtierreservat genutzt. In der Folge litten die Benet unter chronischem Hunger und unzureichender Gesundheitsversorgung. 1972 gründeten die Benet die Benet Lobby Group, um ihre Interessen gegenüber der ugandischen Regierung besser vertreten zu können. Sie traten von Beginn anfür ihr Recht auf Zugang zu Land und auf Nahrung ein. Doch 1983 entschied die ugandische Regierung, sie in ein noch kleineres Gebiet umzusiedeln. Dadurch verschärfte sich ihre Ernährungssicherheit erneut. 1993 spitzte sich die Lage der Benet zu,als das ugandische Parlament das Gebiet per Gesetz zum Nationalpark erklärte. Während sie bis dahin ihrer traditionellen Lebensweise im Wald nachgehen durften, wurden sie nun als unrechtmäßige Eindringliche behandelt. In keine dieser Entscheidungen wurden die Benet mit einbezogen.


Erfolgreiche Klage

Schließlich zogen die Benet im Jahr 2003 vor Gericht. Unterstützt von mehreren ugandischen Nichtregierungsorganisationen klagten sie auf ihr Recht, in ihrem traditionellen Gebiet leben zu dürfen. Zwei Jahre später, im Oktober 2005, gab ihnen das zuständigeGericht in der Bezirkshauptstadt Mbale Recht und entschied, dass:

die Benet die ursprünglichen BewohnerInnen des Nationalparks am Elgon-Berg sind,
die Benet in ihrem traditionellen Lebensraum Landwirtschaft betreiben dürfen,
die zuständigen Behörden mit den Benet kooperieren müssen,
der Staatsanwalt unverzüglich Schritte unternehmen muss, um die Unterversorgung der Benet mit sozialen Diensten auszugleichen.


Erneute Vertreibung nach Mord

Bis heute hat die ugandische Regierung dieses Urteil nicht nur nicht umgesetzt. Es kam sogar noch schlimmer: Nach dem bis heute unaufgeklärten Mord an einer belgischen Touristin im Nationalpark Mount Elgon im Februar 2008 vertrieb die ugandische Armee über viertausend Benet gewaltsam von ihrem Land. Sie zerstörte die Häuser und Nahrungsmittel und beschlagnahmte das Vieh. Die Vertriebenen suchten Schutz in Höhlen, einigen wurde Zuflucht in einem Schulgebäude gewährt. Seit der Vertreibung wohnen die Benet, die keine Zuflucht bei Verwandten gefunden haben, in dem Lager Cheberen an der Grenze zum Nationalpark. Dort leben 250 Erwachsene und eine unbekannte Anzahl Kinder. Das Lager ist nur über einen Trampelpfad erreichbar. Es gibt dort keine Schule und keine Gesundheitsversorgung. Das Grundstück gehört Privatleuten, die zwar dulden, dass die Benet dort leben, die aber nicht erlauben, dass sie feste Häuser errichten und Landwirtschaft betreiben. Die BewohnerInnen haben seit der Vertreibung nur einmal Nahrungsmittelhilfe vom Roten Kreuz erhalten. Die Behörden haben sich seither nicht mehr um sie gekümmert. Die Betroffenen ernähren sich durch das Sammeln von Früchten und Kräutern, Betteln oder Arbeit als Tagelöhner. Einige verkaufen Holzkohle, die sie illegal aus Hölzern aus dem Nationalpark herstellen.


FIAN greift ein

Zwei VertreterInnen von FIAN International haben die Benet Ende Februar 2009 besucht. Ana Maria Suarez-Franco berichtet erschüttert: "Eine Woche nach meiner Rückreise sind zwei Kinder an Hunger gestorben. Drei Wochen später wurden zwei Mitglieder der Gemeinschaft verhaftet, während sie im Park nach Nahrungsmitteln gesucht haben." FIAN hat in einem Brief an den ugandischen Minister für Tourismus seine Besorgnis über die Verletzung des Rechts auf Nahrung der Benet ausgedrückt und die Regierung aufgefordert, das Gerichturteil unverzüglich umzusetzen und das Recht auf Nahrung und Wohnung der Benet zu respektieren. Der Fall soll nun von einer FIAN-Lokalgruppe zur weiteren Unterstützung der Benet übernommen werden. Gertrud Falk ist Uganda-Expertin bei FIAN-Deutschland.


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 2/2009, Juni 2009, S. 9
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juli 2009