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AKTION/102: FIAN-Eilaktionen Rundbrief Juli 2007 (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 2/2007
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

FIAN-Eilaktionen Rundbrief Juli 2007


Liebe FIAN - Freundinnen und Freunde,

elf Eilaktionen hat FIAN in diesem Jahr schon gestartet, an denen sich viele von Ihnen beteiligt haben. Wie viele genau, das ist meist nicht einfach zu beantworten, und auch die Frage nach der direkten Wirkung ist meist nicht einfach. Umso wichtiger sind Rückmeldungen wie die aus Guatemala (siehe Neues zu Fall 0612), die deutlich machen, dass jeder Brief und jede Unterschrift zählt.

Über besonders viele Unterschriften freuen wir uns bei der Postkartenaktion zur Unterstützung der indigene Gemeinschaft im Yakye Axa im paraguayischen Chaco, die FIAN mit Unterstützung des Weltgebetstags der Frauen durchführte. Im Juli wird FIAN in Paraguay mehr als 12.000 Postkarten an die Regierung übergeben - ein klares Signal an die Regierung!

Zu einer weiteren Unterschriftenübergabe kam es am 12.6. in Berlin, als Julia Rometsch und Kristin Maskow etwa 400 Unterschriften an die indische Botschaft übergaben. Die Petition richtet sich an die Landesregierung von Uttaranchal, die 153 Dalit-Familien ihr Land verweigert. Die Übergabe der Unterschriften an die indische Botschaft in Wien wird im Juli erfolgen.

Wir danken Ihnen für Ihr anhaltendes Engagement und wünschen Ihnen einen schönen Sommer!

Ihr Eilaktivteam
Ute Hausmann
Gertrude Klaffenböck


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Erfolg im Fall 0707
Ecuador: Energieminister stoppt den Baba-Staudamm

Im Juni 2007 ordnete der ecuadorianische Minister für Energie und Bergbau an, alle Genehmigungen für das Staudammprojekt zu suspendieren. Damit hat die Koordinierungsstelle für den Schutz des Lebens und der Natur im Becken des Guayas-Flusses (COORDENAGUA) einen wichtigen Erfolg erzielt.

Zum Hintergrund: im Dezember 2006 erteilte das ecuadorianische Umweltministerium dem brasilianischen Bauunternehmen Odebrecht die Umweltlizenz zur Errichtung des Baba Dammes in der Provinz Los Ríos ohne die betroffenen Gemeinden umfassend zu konsultieren, und ohne dass die Genehmigung des Nationalen Ausschusses für Wasserressourcen vorlag. Anfang Mai 2007 gewährte die Interamerikanische Entwicklungsbank einen Kredit in Höhe von 87,8 Millionen US-Dollar. Der Zweck dieses Dammes ist, das Wasser aus dem Fluss Baba in den Daule-Peripa Damm umzuleiten. Das Baba Projekt könnte ernsthafte soziale und ökologische Auswirkungen auf das gesamte Einzugsgebiet des Baba haben. Betroffen sind über 30.000 Kleinbauern und Kleinbäuerinnen, sowie Fischerfamilien. FIAN hat die Arbeit von COORDENAGUA in den letzten Jahren auf vielfache Weise unterstützt, unter anderem 2005 und 2007 mit Eilaktionen. Ein herzliches Dankeschön an alle, die sich an diesen Aktionen beteiligt haben!


Neues im Fall 0612
Guatemala: nach Freude über Landzuteilung erneuter Rückschlag im Kampf der Kaffeepflücker von Nueva Florencia

"Ohne die Unterstützung von FIAN würden wir nicht mehr leben!" Diese Worte hinterlassen im Mai 2007 bei den über 50 Besuchern im Versöhnungszentrum Marl-Lenkerbeck einen tiefen Eindruck. Selbst den Mitgliedern der FIAN-Gruppe Marl war nicht bewusst, welch große Bedeutung die von ihnen in den vergangenen Jahren initiierten FIAN-Eilaktionen haben.


Besuch aus Guatemala in Marl

Eswin Lopez, Sprecher der Kaffeepflücker der Finca Nueva Florencia aus Guatemala, und die Juristin Ingrid Urizar von der Landpastoral kamen extra von einer Konferenz mit EU-Parlamentariern aus Brüssel, um von ihrem Kampf um Mindestlöhne zu berichten. Vor 10 Jahren verloren 36 Familien ihre Arbeit und wurden trotz Gerichtsurteilen nicht wieder eingestellt. Stattdessen erlebten sie Verfolgung und Bedrohung, Arzt- und Schulbesuche wurden verhindert, das Kind von Eswin Lopez starb wegen unterlassener Hilfeleistung. "Die Straflosigkeit bei Landrechtskonflikten ist ein großes Problem in Guatemala", sagt Ingrid Urizar.

Seit der Eilaktion von Oktober 2006 ist viel passiert: elf Familien, die sich durch die jahrelangen Einschüchterungen nicht vertreiben ließen, haben ein Stück Land als Entschädigung zugesprochen bekommen. Trotz der großen Freude über diese Entscheidung der Gerichte gibt es Sorgen. Der Fincero aus der Familie des Staatspräsidenten missachtet die Gerichte, lässt die Familien von Bewaffneten beschießen. Die Einschreibgebühr ins Landregister von 10.000 Euro können sich die Menschen nicht leisten, schließlich sind sie seit der Entlassung ohne festes Einkommen. Menschen aus Marl und von Misereor helfen den Familien, diesen Betrag aufzutreiben.

Ingrid Urizar und Eswin Lopez berichten über weitere Hürden: das neue Land wird ihnen eine gute Grundlage geben, sich selbst zu ernähren. Aber es fehlen Häuser und Maschinen zur Aufbereitung des Kaffees. Zudem befürchten die Kaffeepflücker, dass der Großgrundbesitzer die Familien hindern will, ihr Land in Besitz zu nehmen. Eswin Lopez kündigt an: "Hier ist mit Sicherheit eine neue Eilbriefaktion zu unserer Unterstützung notwendig!" Er weiß, dass nur große internationale Rückendeckung ihnen Sicherheit gibt. Klaus-Dieter Hein von der FIAN-Gruppe versichert: "Wir werden euch bei eurem Kampf auch weiterhin beistehen."

Nur wenige Tage später stellt sich heraus, wie berechtigt die Befürchtungen sind: nach ihrer Rückkehr müssen Ingrid Urizar und Eswin Lopez feststellen, dass die Arbeitgeberseite die den Familien zugesprochenen Grundstücke jemand anderem überschrieben hat. Ingrid Urizar befürchtet nun, dass jetzt wieder ein jahrelanger Kampf bevorsteht.


Neues im Fall 0705
Ghana: FIAN fordert Weltbank zum Handeln auf

Im März 2007 hat FIAN eine Eilaktion zur Unterstützung der 137 Bauernfamilien gestartet, deren Land unter einer Abraumhalde der Weltbank-finanzierten Goldmine Iduapriem verschwindet. Bei einem Treffen mit AngloGold Ashanti im April zeigte sich das Unternehmen nicht willig, bereits 2003 gemachte Zusagen über die Umverteilung von Land umzusetzen. Diese Zusagen sind in einem Umsiedlungsplan der Weltbank für das Projekt festgeschrieben. FIAN hat sich nun an die Weltbank in Washington gewandt, mit der Aufforderung, die Einhaltung der Zusagen durchzusetzen.


Neues im Fall 0616
Türkei/Österreich: nach Bewilligung der Bürgschaften gehen die Proteste gegen den Ilisu-Staudamm weiter

Ende März 2007 bewilligten die Exportkreditagenturen Österreichs, Deutschlands und der Schweiz Bürgschaften für das Ilisuprojekt in Höhe von rund einer halbe Milliarde Euro. Mit der im September 2006 gestarteten Eilaktion hatte FIAN die drei Regierungen aufgefordert, die Bürgschaften nicht zu gewähren, da zu erwarten ist, dass das die Realisierung des Projekts das Menschenrecht auf Nahrung verletzt. FIAN hat nach Abschluss der Eilaktion im Oktober 2006 die Kopien der gesammelten Briefe an die zuständigen Ministerien in Österreich und Deutschland neuerlich mit der Bitte um Stellungnahme übermittelt, nachdem die Ministerien nicht auf die Schreiben der TeilnehmerInnen der Eilaktion geantwortet hatten. FIAN Österreich hat zudem den UN-Sonderberichterstatter zum Recht auf Nahrung, Jean Ziegler, kontaktiert mit der Bitte, die drei europäischen Regierungen zu einer Stellungnahme zur Gefährdung des Rechts auf Nahrung durch das Ilisu-Projekt zu bewegen. Die Anfragen von Jean Ziegler an die Regierungen sind als Annex dem diesjährigen Bericht an den UN-Menschenrechtsrat beigefügt. Leider können die Antworten der jeweiligen Regierungen nicht im Bericht nachgelesen werden.

Anfang Juni 2007 reiste eine Delegation des österreichischen Parlamentes in das betroffene Gebiet. Die dritte Nationalratspräsidentin kritisierte daraufhin in ihrem Bericht die Unterstützung des Projektes, u.a. weil damit drohende Menschenrechtsverletzungen absehbar werden. Seit Mitte Juni 2007 wendet sich ECA-Watch (eine Plattform österreichischer NRO, die sich mit der Politik von Exportkreditagenturen beschäftigt) mit Protesten an die Bank Austria, die derzeit die Kreditvergabe für das Projekt prüft, nachdem die österreichische Regierung die Exportbürgschaft zugesagt hatte.


Neue Publikationen von FIAN International

- Parallel Reporting before the UN Committee on economic, social and cultural Rights
- The Right to adequate Food in Nepal
- Parallel Report

Diese Publikationen stehen als Downloads auf der Website von FIAN International: www.fian.org.


In eigener Sache - Briefe nach Guatemala
Wir haben sehr viele Rückmeldungen bekommen, dass Briefe, die in Kopie an das Comité de Unidad Campesina in Guatemala (Eilaktion 0703 von März 2007) geschickt wurden, zurückgekommen sind. Der Grund hierfür ist nicht endgültig geklärt. Wir haben die Briefe, die Sie uns zugeschickt haben, nun persönlich übergeben.


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 2/2007, März 2007,
FIAN-Eilaktionen Rundbrief Juli 2007
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Düppelstraße 9-11, 50679 Köln
Tel. 0221/702 00 72, Fax 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de

Erscheinungsweise: drei Ausgaben/Jahr
Einzelpreis: 4,50 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. August 2007