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AIKOR/107: Freidenker - "Truppen raus aus Afghanistan"


Anti-Imperialistische Korrespondenz (AIKor)
- Informationsdienst der Vereinigung für Internationale Solidarität (VIS) e.V. vom 18. Februar 2010 -


Liebe Leute,

zur Berliner Demonstration gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan am kommenden Samstag, 20. Februar 2010 (13 Uhr Bebelplatz), dokumentiere ich:

TRUPPEN RAUS AUS AFGHANISTAN
Aufruf des Deutschen Freidenker-Verbands
http://www.freidenker.org/cms/dfv/

STIMMEN SAMMELN GEGEN DEN KRIEG
Die Fuldaer Erklärung findet immer mehr Unterstützer
Von Gerhard Feldbauer
Aus "junge Welt" v. 13. Feb. 2010
http://www.jungewelt.de/2010/02-13/014.php

Hier unterzeichnen:
https://www.frieden-mitmachen.de/29/truppenabzug_jetzt!_frieden_statt_krieg!

Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Den Aufruf von Gerhard Feldbauer finden Sie auch im Schattenblick unter:
www.schattenblick.de -> Bürger und Gesellschaft -> Fakten
AUFRUF/030: Die Fuldaer Erklärung findet immer mehr Unterstützer (jW)



KOMMENTAR:

Wir befinden uns als Gegner des Afghanistan-Krieges heute "in einer paradoxen Situation". Dies hat beispielsweise auch der Bund für soziale Verteidigung in seinem Rundbrief Nr. 1/2010 (http://www.soziale-verteidigung.de/images/rundbrief1001web.pdf ) zutreffend feststellt. Denn, so der Artikel: "Obwohl Umfragen zufolge die Mehrzahl der BundesbürgerInnen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan ablehnt, lassen sich nur wenige Menschen dafür mobilisieren, sich an Protestaktionen zu beteiligen." Das liege, meint der BSV, der sich als "pazifistischer Fachverband" bezeichnet, daran, "dass es den Befürwortern des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan immer wieder gelingt, die Debatte von der eigentlichen Frage - was bewirkt dieser Einsatz, welchen Schaden richtet er an? - abzulenken." Diese Ablenkung erfolge "mit dem Hinweis, dass sowohl die Beteiligung an OEF als auch an ISAF völkerrechtlich legitimiert sei." Anscheinend ist die Autorin des Artikels bereit, die Behauptung der völkerrechtlichen Legitimität des Krieges zu akzeptieren, denn alles, was sie dazu anzumerken hat ist: "Als ob das irgendetwas miteinander zu tun hätte."

Anders als heute waren es vor Beginn des Irak-Kriegs 500.000 Menschen, die am 15. 2. 2003 in Berlin demonstrierten. Warum das jetzt anders ist, fragt sich auch der BSV. Ein Unterschied ist offenkundig: Bei der Invasion im Irak wurde die Kriegspropaganda, die von irakischen "Massenvernichtungswaffen" etc. sprach, sehr schnell angezweifelt. Doch bei Afghanistan wird die offizielle Lesart, wonach die terroristischen Anschläge vom 11. September 2001 ein äußerer Angriff auf die USA gewesen sein sollen und angeblich zur "Selbstverteidigung" berechtigen, zwar nicht unbedingt geglaubt aber eben auch nicht als völlig unglaubwürdige Verschwörungstheorie in Zweifel gezogen und als Kriegslüge zurückgewiesen. Dabei haben die Kriegstreiber allen Grund, eine ernsthafte öffentliche Debatte über das gänzliche Fehlen einer legalen Grundlage des Bundeswehreinsatzes zu fürchten. Die deutsche militärische Präsenz ist teil eines Angriffskrieges, der das höchste völkerrechtliche Verbrechen darstellt. Sie verstößt massiv gegen das Gewaltverbot der UN-Charta und des Grundgesetzes.

Warum meint aber dann die Autorin des BSV, dass die Befürworter des Bundeswehreinsatzes vor allem von einer Debatte über die Auswirkungen des Krieges ablenken wollen? Wollen sie nicht vielmehr mit einem Dauerpalaver über "Ziele", "Strategien", "Mängel", "Veränderung der Prioritäten", etc. von der Kernfrage ablenken, die da lautet: Was haben deutsche Truppen überhaupt in Afghanistan zu suchen? Was berechtigt zur gewaltsamen Besetzung des fremden Landes? Dies ist auch die Frage, die sich die rechtlich denkenden Menschen im Lande stellen. Erst wenn wir uns in der Friedensbewegung nicht mit Diskussionen über verschiedene Formen der deutschen Einmischung in Afghanistan ablenken lassen, wenn wir die deutschen Machteliten für eine verbrecherische Gewaltpolitik zur Verantwortung zu ziehen, wenn wir uns vorrangig für die Verteidigung des Völkerrechts und damit auch der Rechtskultur in unserem Lande einsetzen, erst wenn es gelingt, wie beim Irak-Krieg, die Propagandalügen, einschließlich der 9/11-Legende, öffentlich bloß zu stellen, kann die kriegsunwillige Mehrheit der Bevölkerung zu einem politisch wirksamen Faktor werden. Dazu könnte der Aufruf der Freidenker einen Beitrag leisten.

Mit internationalistischen Grüßen
Klaus von Raussendorff


*


Deutscher Freidenker Verband
Mitglied der Weltunion der Freidenker, Sitz Paris
Verbandsvorstand

Demonstration am 20. Februar 2010, Berlin:

Truppen raus aus Afghanistan!


Der Deutsche Freidenker-Verband unterstützt die Proteste von Friedens- und Antikriegsintitativen für ein Ende des Krieges in Afghanistan.

Die Freidenker unterstützen den Appell an die Bundestagsabgeordneten: "Stimmen Sie mit Nein! Schicken Sie keine weiteren Truppen, sondern ziehen Sie diese ab!" Den Forderungen des Demonstrations-Aufrufs "Waffenstillstand, Truppenabzug und zivile Hilfe", schließen wir uns an.

Aus unserer Sicht genügt es aber nicht, an allseits Bekanntes zu erinnern, dass nämlich Soldaten "keine Entwicklungshelfer in Uniform" sind, dass die "Bundeswehr tötet", dass die Afghanen sich "nicht befreit, sondern besetzt" fühlen. Spätestens nach der Feststellung: "Das nährt den bewaffneten Widerstand" erwidern wir:
Als Friedensbewegung müssen wir sagen, was Sache ist!

Der NATO-Krieg gegen Afghanistan ist ein völkerrechtliches Verbrechen. Die Besetzung Afghanistans durch die USA, Deutschland und ihre Verbündeten vergewaltigt das Selbstbestimmungsrecht der Afghanen. Der Widerstand gegen die Invasoren und Besatzer - auch mit militärischen Mitteln - ist ein unveräußerliches Recht aller unterdrückten Länder.

Im Kampf für Frieden reicht es uns nicht, die militärischen Mittel gegen die vorgeblichen politischen Ziele abzuwägen und die begangenen Gewalttaten im Rahmen der von den Herrschenden erlaubten Zweck-Mittel-Logik als ungeeignet, unverhältnismäßig, unmoralisch etc. abzulehnen.

Wir dürfen nicht darauf verzichten, die strikte Einhaltung des Friedensgebots des Grundgesetzes und des Gewaltverbots der Charta der Vereinten Nationen zu fordern. Wenn wir uns auf eine Güterabwägung zwischen angeblichen Zielen wie "Aufbau", "Stabilisierung", "Frauenemanzipation" etc. und den dafür notwendigen, eben leider auch Opfer fordernden Mitteln einlassen, so laufen wir von vornherein Gefahr, der Kriegslobby in die Hände zu arbeiten.

Wissen doch die Befürworter des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan nur zu genau, dass sie die Menschen nicht zur Hinnahme ihrer mehrheitlich abgelehnten Politik bewegen könnten, würden sie sich darauf beschränken, mit "Argumenten" für eine aberwitzige "Verteidigung Deutschlands am Hindukusch" zu werben.

Setzen sie doch ganz darauf, dass es vor allem Ressentiments gegen den äußeren und inneren "Feind" sind, die, von Geheimdiensten, Politik und Medien systematisch geschürt, ihre politisch lähmende Wirkung auf der Seite der Kriegsgegner entfalten.

Deshalb reden sie vom "Krieg gegen Terrorismus". Deshalb berufen sie sich zum Beweis für die "terroristische Bedrohung" immer wieder unverfroren auf die offizielle 9/11-Verschwörungstheorie, für welche die USA bisher keinen einzigen stichhaltigen Beweis geliefert haben. Sie schüren Ressentiments gegen Islamismus und Taliban und unterdrücken eine nüchterne Debatte über diese vom Westen provozierten Erscheinungen. Im Namen westlicher Werte fordern sie "Solidarität mit unseren Verbündeten".

Die deutsche Regierung ist dafür zur Rechenschaft zu ziehen, dass sie auf Grundlage einer bis heute geheim gehaltenen Darstellung des US-Regierungsvertreters am 2. Oktober 2001 im NATO-Rat der Erklärung des "Verteidigungsfalls" und damit der offiziellen Begründung der USA für den Angriff auf Afghanistan zugestimmt hat. Tatsächlich verhält es sich so, wie kürzlich der Bundesverwaltungsrichter Dieter Deiseroth in einem Interview (siehe Telepolis v. 15.12.09, http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31729/1.html) festgestellt hat: "Bis heute hat keine unabhängige Stelle die angeblichen oder tatsächlichen Beweise überprüft und nachprüfbar festgestellt, wer für die Anschläge von 9/11 verantwortlich war." Selbst nach Darstellung der US-Regierung befanden sich keine Afghanen unter den Tätern.

"Bei den Tätern von 9/11 und ihren MitVerschwörern - wer auch immer diese waren - handelte es sich", so der Jurist, "um kriminelle Straftäter. Es ging um organisierte terroristische Kriminalität. (...) Soweit man über die toten Attentäter hinaus weitere Tatverdächtige oder Hintermänner außerhalb der USA in Afghanistan oder anderen Staaten («safe haven») vermutete, hätte man - bei Vorliegen entsprechender konkreter Beweise - ihre Auslieferung betreiben müssen, um sie vor Gericht zu stellen. Art. 2 Nr. 3 der UNCharta sieht ausdrücklich vor, dass alle Staaten ihre internationalen Streitigkeiten, also auch diejenigen etwa über eine Auslieferung von Tatverdächtigen und deren Gehilfen oder Hintermänner, ausschließlich durch friedliche Mittel beizulegen haben.

Es besteht kein Wahlrecht zwischen der völkerrechtlichen Pflicht zu einer friedlichen Streitbeilegung und einer militärischen Gewaltanwendung nach Art. 51 UN-Charta, soweit letztere über die unmittelbare Abwehr eines gegenwärtigen oder gegenwärtig unmittelbar bevorstehenden «bewaffneten Angriffs» hinausgeht."

Nur Stunden nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten, noch bevor irgendwelche Beweise geprüft werden konnten, nannten "Bundesbehörden" den Hauptverdächtigen: Osama bin Laden, den angeblichen Chef von al-Qua'ida. Nahezu unbekannt in der Öffentlichkeit ist bis heute, worauf auch Deiseroth hinweist: "Interessanterweise wird Osama Bin Laden vom FBI bis heute nicht wegen 9/11 gesucht. Warum? Weil man, so Erklärungen von Offiziellen des FBI, gegen ihn in Sachen 9/11 keine gerichtsverwertbaren Beweise hat.

Und dennoch, obwohl die oberste Strafverfolgungsbehörde der USA nicht über solche gerichtsverwertbaren Beweise gegen OBL verfügt, hat man Kriege angefangen, zuerst in Afghanistan, dann gegen Irak, möglicherweise bald auch in Pakistan." Und Jemen, Iran ... ?

Deutsche Politiker sind ferner dafür zur Rechenschaft zu ziehen, dass sie im Rahmen des sogenannten «Petersberg-Prozesses» das demokratisch nicht legitimierte und weithin korrupte Karzai-Übergangsregime in Afghanistan maßgeblich mitinstalliert haben, in dem auch die Soldatengottesdienst 2010 mit Armleuchter mit schrecklichen Menschenrechtsverletzungen belasteten Warlords eine wichtige Rolle spielen. Hierzu noch einmal Richter Deiseroth:

"Eine Politik, die ein solches Regime als Protektorat durch ausländische Interventionsmächte (USA und NATO-Staaten) mit Hilfe der ISAF-Verbände etabliert und seitdem auch stützt, ist mit dem Selbstbestimmungsrecht der afghanischen Bevölkerung schwerlich zu vereinbaren. Den Vorgaben des Friedensgebotes des Grundgesetzes und dem auch in der UN-Charta verankerten Selbstbestimmungsrecht der Völker, nämlich frei und ohne Einmischung durch andere Staaten über den eigenen politischen Status zu entscheiden und die eigene wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung frei zu gestalten, entspricht sie nach meiner Auffassung nicht. ISAF und OEF gehen immer stärker ineinander über. Die völkerrechtlichen Defizite der OEF wirken sich deshalb auch immer stärker zu Lasten von ISAF aus."

Unsere aktuelle Aufgabe als Friedensbewegung ist es, darüber aufzuklären, dass der Krieg der Bundeswehr in Afghanistan gegen elementare Normen der Charta der Vereinten Nationen und des Grundgesetzes verstößt.

Notwendig ist die Aufklärung über die völlige Verlogenheit der Kriegsbegründung: fordern wir gemeinsam mit vielen Juristen in aller Welt, darunter sehr bekannten Völkerrechtlern, die Einrichtung einer unabhängigen Kommission zur Untersuchung der Abläufe und Verantwortlichkeiten für die Terroranschläge von 9/11! Diese Aufgabe steht auch nach der Demonstration am 20. Februar.

Schließlich hat die grundsätzliche, nur langfristig durchzusetzende Forderung angesichts des Afghanistan-Krieges höchste Aktualität:

Das Kriegsbündnis NATO gehört abgeschafft - deshalb: Raus aus der NATO!


Vorsitzender Klaus Hartmann, Stellvertr. Vorsitzender Eberhard Schinck
E-Mail: vorstand@freidenker.de; e.schinck@freidenker.de - URL: www.freidenker.de


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Quelle:
Anti-Imperialistische Korrespondenz (AIKor) - Informationsdienst der
Vereinigung für Internationale Solidarität (VIS) e.V. vom 18. Februar 2010
Redaktion: Klaus von Raussendorff
Postfach 210172, 53156 Bonn; Tel. und Fax: 0228/34 68 50
Webmaster: Dieter Vogel
AIKor-Infos können auf der Seite der AIKor http://www.aikor.de
unter "Info-Dienst der AIKor" runter geladen werden.


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Februar 2010