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RUSSLAND/135: Russland bricht Minsk-II-Abkommen - Ukrainern drohen lange Haftstrafen


Presseerklärung vom 9. Juli 2015

Ukrainern drohen lange Haftstrafen:
Prozess in Russland gegen Oleg Sentsov und Aleksandr Kolchenko bricht Minsk-II-Abkommen


Mit dem Prozess gegen den ukrainischen Regisseur Oleg Sentsov sowie den ukrainischen Linksaktivisten und Antifaschisten Aleksandr Kolchenko in Rostov am Don bricht Russland das Minsk-II-Abkommen. Diesen schweren Vorwurf hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) erhoben. "In Minsk haben Russland und die Ukraine nicht nur einen Waffenstillstand, sondern auch einen Gefangenenaustausch zugesichert. Deshalb ist das Verfahren gegen die beiden Ukrainer ein Affront gegen diese Vereinbarung", kritisierte die GUS-Referentin der GfbV, Sarah Reinke. "In dem unfairen und völkerrechtswidrigen Verfahren stehen die beiden Angeklagten heute vor Gericht. Es drohen ihnen zwischen 17 und 20 Jahre Haft. Wir fordern ihre sofortige Freilassung!"

Sentsov und Kolchenko wurden im Mai 2014 auf der Krim verhaftet und mehrere Wochen lang illegal in Simferopol festgehalten. Während dieser Zeit wurden sie gefoltert. In Handschellen wurden sie dann nach Moskau ausgeflogen und im Lefortovo-Gefängnis inhaftiert. Ihr Prozess findet im fernen Rostov am Don statt. Dort gibt es weniger kritische Berichterstattung. Die Angeklagten sind ukrainische Staatsbürger und hatten sich beide für die Maidan-Bewegung eingesetzt. "Dieses politische Engagement ist wohl der eigentliche Grund für ihre Festnahme und Entführung nach Russland", sagte Reinke. "Der bisherige Verlauf der Haft und des Prozesses lassen keine Hoffnung auf eine faire und den internationalen Normen entsprechende Behandlung zu."

Die Anschuldigungen gegen Sentsov und Kolchenko bezeichnete Reinke als "absurd". Sentsov wird beschuldigt, eine Terrorgruppe gegründet zu haben. Kolchenko soll dem "rechten Sektor" angehört und Anschläge geplant haben. Beide Vorwürfe konnten die Anwälten der Beschuldigten zwar widerlegen, sie werden jedoch von der Gegenseite aufrecht erhalten.

"Es besteht die akute Gefahr, dass hier zwei Personen, darunter ein international bekannter Regisseur, der in den vergangenen Monaten von prominenten Kollegen vielfach unterstützt wurde, unschuldig zu langjährigen Haftstrafen verurteilt werden", sagte Sarah Reinke.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen/Berlin, den 9. Juli 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juli 2015

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