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RUSSLAND/110: Menschenrechtler warnen - Neues Gesetz macht NGOs in Russland zu "ausländischen Agenten"


Presseerklärung vom 3. Juli 2012

Menschenrechtler warnen: Neues Gesetz macht NGOs in Russland zu "ausländischen Agenten"



Russische Nichtregierungsorganisationen, deren Projekte mit Geldern aus dem Ausland finanziert werden, könnten bald offiziell als "ausländische Agenten" bezeichnet werden, warnt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Ein entsprechender Gesetzesentwurf soll am Freitag die Duma passieren. "Dieses Gesetz dient nur dazu, die Arbeit der NGOs in Russland weiter zu diskreditieren und sie zu schikanieren"; kritisierte die Russlandreferentin der GfbV in Berlin, Sarah Reinke, am Dienstag. "Doch an wen sollen sich die vielen Opfer von Menschenrechtsverletzungen wenden, wenn es irgendwann nur noch die Putin-Partei "Einiges Russland" gibt?" Viele NGOs hätten gar keine andere Wahl, als im Ausland Gelder für ihre Projekte in Russland zu beantragen. Auch Deutschland finanziere über die politischen Stiftungen, Töpfe des Auswärtigen Amtes und viele private Initiativen wichtige Projekte im Menschenrechtsbereich.

Das neue Gesetz soll ein Zusatz zum geltenden NGO-Gesetz sein. Es sieht vor, dass sich die Organisationen, die sich über ausländische Projektgelder finanzieren, innerhalb von 90 Tagen neu registrieren lassen müssen. Gelingt ihnen das nicht, werden sie für ein halbes Jahr gesperrt. Zusätzlich müssen sie alle sechs Monate ihre Finanzen offen legen. Wenn sie unvollständige Berichte abliefern, drohen bis zu einer Million Rubel Strafzahlungen (umgerechnet rund 25.000 Euro) bzw. Gefängnisstrafen von bis zu vier Jahren. Ferner sollen Arbeitsberichte in den Massenmedien und im Internet veröffentlicht werden. Dabei sollen die Organisationen verpflichtet werden, ihren Status als "ausländischer Agent" anzugeben.

Schon unter der bestehenden Gesetzgebung sind der Arbeit von Nichtregierungsorganisationen enge Grenzen gesetzt. Praktisch unmöglich ist das Engagement im Nordkaukasus und besonders in Tschetschenien. Aber auch in anderen Teilen der Russischen Föderation engagieren sich viele Bürger nicht aus Angst davor, ins Visier des russischen Geheimdienstes FSB zu geraten.

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Quelle:
Presseerklärung Berlin/Göttingen, den 3. Juli 2012
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juli 2012