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NAHOST/294: Nordsyrien - Türkei setzt deutsche Panzer gegen Kurden ein


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 22. Januar 2018

Kurden aus Afrin erheben schwere Vorwürfe: Türkische Armee setzt deutsche Panzer in Nordsyrien ein


Göttingen, den 22. Januar 2018 - Schwere Vorwürfe erheben Kurden aus dem Kriegsgebiet um Afrin im Nordwesten Syriens gegen die deutsche Bundesregierung. Ihren Beobachtungen zufolge setzt die türkische Armee bei ihren Angriffen auf friedliche kurdische Dörfer auch Rüstungsgüter und Waffen aus Deutschland ein, berichtete die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Montag in Göttingen. "Für die Menschen in Afrin trägt die deutsche Bundesregierung deshalb Mitverantwortung für die Bombardements, die die Zivilbevölkerung treffen", sagte der GfbV-Nahostexperte Kamal Sido. Augenzeugen hätten Leopard-II-Panzer aus deutscher Produktion identifiziert, mit denen das türkische Militär gegen kurdische Siedlungen vorrücke. Auch Luftbodenraketen, die von türkischen Kampfflugzeugen abgefeuert wurden, sollen aus Deutschland stammen oder mit deutscher Hilfe produziert worden sein.

"Die deutsche Bundesregierung und besonders Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries sowie Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen müssen diese Berichte schnellstens überprüfen und dafür sorgen, dass die türkische Armee mit deutschen Waffen keinen Krieg führt", forderte Sido. "Auch die Nato darf nicht tatenlos zusehen, wie eines ihrer Partnerländer einen Angriffskrieg beginnt."

Im Jahr 2017 hat die Bundesregierung Waffen- und Rüstungsexporte in die Türkei mit einem Gesamtwert von mehr als 25 Millionen Euro genehmigt. Allein von Januar bis Ende August 2017 wurden 99 Genehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern im Wert von insgesamt 25,36 Millionen Euro erteilt. Es soll sich dabei zwar nicht um Panzer gehandelt haben, die in früheren Jahren geliefert wurden. Doch auch Infrarot-Wärmebildausrüstungen, Marinespezialausrüstung und -zubehör, militärische Luftfahrzeuge und -technik sowie ABC-Schutzausrüstung, Reizstoffe, militärische Elektronik, Feuerleitanlagen und Handfeuerwaffen haben im vergangenen Jahr zur Hochrüstung der türkischen Armee beigetragen.

In der Region Afrin leben nahezu eine Million Menschen. Die Hälfte von ihnen sind Flüchtlinge aus Aleppo. "In Afrin gibt es weder Bunker noch einen anderen wirksamen Schutz gegen Bomben und Granaten für Zivilisten", berichtete Sido. "So müssen Frauen, Kinder und Alte in die Berghöhlen Zuflucht suchen. Ihre Lage ist sehr Besorgnis erregend. Lebensmittel, Medikamente und Treibstoff waren schon lange sehr knapp, denn Afrin ist seit Jahren von der Türkei und syrischen Islamisten eingekesselt. Von außen kamen keine Hilfsgüter in die Region."

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Quelle:
Pressemitteilung vom 22. Januar 2018
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Januar 2018

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