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NAHOST/210: Ägypten - Streit um Stellung der Christen in Verfassung und Parlament


Presseerklärung vom 25. November 2013

Ägypten: Streit um Stellung der Christen in Verfassung und Parlament

Gesellschaft für bedrohte Völker warnt:
Islamisten wollen Ausgrenzung von Kopten in neuer Verfassung festschreiben



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt vor einer Ausgrenzung der Kopten aus der ägyptischen Gesellschaft. "Wir verfolgen mit großer Sorge, dass auf Betreiben der islamistischen Al-Nour-Partei die Prinzipien der Scharia in die neue ägyptische Verfassung aufgenommen werden sollen", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Montag in Göttingen. "Alarmiert sind wir auch, weil Islamisten darauf drängen, in der Vorbemerkung der Verfassung jeden Verweis auf die Existenz eines "bürgerlichen Staates" zu streichen." Nachdem die Vertreter der koptischen, katholischen und anglikanischen Kirchen in der Verfassungskonferenz Ägyptens aufgrund dieser Änderungen mit ihrem Ausscheiden aus dem Gremium gedroht hatten, wurde am Sonntag ein Unterausschuss gebildet, der die umstrittenen Paragraphen neu formulieren soll.

Die 50 Experten umfassende Verfassungskonferenz soll die im Jahr 2012 unter Staatspräsident Mohamed Mursi ausgearbeitete Verfassung überarbeiten, die nach seinem Sturz im Juli 2013 suspendiert wurde. Schon bei der Ausarbeitung dieser Verfassung hatten sich Vertreter der christlichen Kirchen unter Protest aus dem Gremium zurückgezogen, als absehbar wurde, dass die Islamisten die Rechte religiöser Minderheiten einschränken und die Islamisierung Ägyptens festschreiben wollten. Nach dem Willen der Verfassungskonferenz sollen jetzt rund 189 der 234 Verfassungsartikel verändert werden.

Streit gibt es in der Verfassungskonferenz und unter Angehörigen der religiösen Minderheit auch über eine mögliche Quotenregelung für koptische Parlamentsabgeordnete. Einige koptische Abgeordnete fordern, in dem neuen Wahlgesetz müsse eine Quote festgeschrieben werden, die sicherstellt, dass aus jedem der 27 Regierungsbezirke des Landes jeweils ein koptischer Christ in das Parlament entsandt wird und ihre Minderheit so angemessen vertreten ist. Die koptische Kirche und viele Nichtregierungsorganisationen lehnen eine feste Quote jedoch ab. Sie fordern volle Bürgerrechte für die Angehörigen der religiösen Minderheit und fürchten, eine Quote könne die Ausgrenzung der Kopten aus der Gesellschaft und neue Gewalt nur fördern.

Die christlichen Kopten stellen rund zehn Prozent der 84 Millionen Einwohner des Landes.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 25. November 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. November 2013