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NAHOST/159: Syrien - Todesddrohungen sollen Kurden-Demonstrationen verhindern


Presseerklärung vom 20. Juni 2011

Syrien: Todesdrohungen sollen Demonstrationen gegen Assad in Kurdengebiet verhindern


Todesdrohungen sollen die kurdische Bevölkerung im Nordosten Syriens daran hindern, sich gegen Diktator Bashar al-Assad zu erheben. Wie die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen am Montag von kurdischen Gewährsleuten erfuhr, werden in der überwiegend von Kurden bewohnten syrischen Stadt Qamischli seit Tagen Flugblätter gegen kurdische Regimekritiker verteilt. Jeder, der an Demonstrationen gegen Assad teilnimmt, wird getötet, heißt es darauf. Auch bei Gesprächen zwischen Repräsentanten kurdischer Organisationen und manchen Vertretern dort seit 1975 ansässiger arabischer Stämme in Qamischli am vergangenen Samstag soll gedroht worden sein, dass alle erschossen werden, die zum Sturz von Assad aufrufen. Die kurdischen Organisationen wollen sich davon jedoch nicht einschüchtern lassen, sondern weiterhin von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen.

Kurdische Politiker gehen davon aus, dass diese Drohungen auf das Regime Assad zurückgehen. Mit dem Ziel, von den landesweiten Protesten gegen die Regierung abzulenken, versuchten die syrischen Machthaber nun, ethnischen Hass zwischen Kurden und Arabern in der Provinz Al-Hasakeh zu schüren. Dort setzt sich die Bevölkerung aus Kurden, Arabern und christlichen Assyrern/Aramäern sowie Armeniern zusammen.

In dieser Provinz wurde entlang der Grenze zur Türkei und zum Irak Anfang der 1970-er Jahre in einer Breite von zehn bis 15 Kilometern und in einer Länge von 350 Kilometern der so genannte arabische Gürtel errichtet. Alle Kurden, die in diesem Streifen lebten, wurden enteignet und vertrieben. Anschließend wurden dort neue Siedlungseinheiten gebaut, in die Familien arabischer Stämme aus dem mittleren Tal des Euphrats einzogen. Sie erhielten eine moderne Trinkwasserversorgung, Schulen und landwirtschaftliche Betriebe. Diese Siedler wurden von der Regierung bewaffnet und werden bis heute von einem Sicherheitsdienst unterstützt. Jede Familie bekam 20 Hektar Land. Bis 1975 wurden dort insgesamt 72.000 Hektar fruchtbarste landwirtschaftliche Flächen der Kurden an 4.500 angesiedelte arabische Familien vergeben.

Die kurdische Bevölkerung Syriens zählt mindestens zwei Millionen Menschen. In drei Regionen an der Grenze zur Türkei stellt sie die Mehrheit der Bevölkerung und wird seit Jahrzehnten politisch und kulturell unterdrückt.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 20. Juni 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Juni 2011