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MELDUNG/219: Seehofer will mehr Videoüberwachung an Bahnhöfen


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 13. September 2019

Seehofer will mehr Videoüberwachung an Bahnhöfen

Menschenrechtler warnen vor umstrittener Technologie aus China


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt davor, zur Überwachung deutscher Bahnhöfe Sicherheitstechnologie chinesischer Firmen einzusetzen, die in schwerste Menschenrechtsverletzungen verwickelt sind. "Die Bundesregierung muss konsequent bleiben: Wenn sie Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Uiguren in China öffentlich verurteilt, dann können die öffentliche Hand und von ihr kontrollierte Unternehmen keine Produkte von Firmen erwerben, die entscheidend zur Totalüberwachung der muslimischen Minderheit beitragen", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. Der von der Bundesregierung verabschiedete Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte würde Makulatur, wenn sich noch nicht einmal die Behörden bei ihrer Materialbeschaffung an die Vorgaben hielten, die sie deutschen Unternehmen machten, so die Menschenrechtsorganisation.

Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte gestern eine verstärkte Videoüberwachung an Bahnhöfen angekündigt - auch unter Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie. Auslöser war der Tod eines Kindes, das Ende Juli 2019 in Frankfurt vom Bahnsteig gestoßen wurde. Einer der weltweiten Marktführer für Videoüberwachung ist das chinesische Unternehmen Hikvision, das seine Produkte auch in Deutschland vertreibt. Die Firma stattete nach eigenen Angaben bereits den Nürnberger Hauptbahnhof mit Sicherheitstechnik aus. Auch Landes- und Bundeseinrichtungen erwarben Hikvision-Produkte. So überwacht das Bundesinnenministerium sein Gelände mit Kameras dieses Herstellers. Das bestätigte das Ministerium in seiner Antwort auf eine schriftliche Frage des FDP-Abgeordneten Konstantin Kuhle im März 2019. Auch die Frankfurter Polizei nutzt Hikvision-Geräte zur Überwachung des öffentlichen Raumes.

Hikvision wird vorgeworfen, mit ihren Produkten zur Überwachung von Moscheen und Umerziehungslagern in der Region Xinjiang im Nordwesten Chinas beizutragen. Das Unternehmen soll im Jahr 2017 einen Auftrag im Wert von 53 Millionen US-Dollars zur Installierung eines Gesichtserkennungs-Systems im Bezirk Pishan erhalten haben.

Sicherheitskreise aus den USA warnen seit Jahren vor dem Einsatz chinesischer Überwachungstechnologie. Sie werfen Hikvision vor, eng mit dem chinesischen Sicherheitsapparat verwoben zu sein. Der chinesische Staat hält 42 Prozent der Anteile am Unternehmen. Aufgrund des National Defense Authorization Acts der USA ist es US-Behörden seit August 2019 verboten, Produkte von Hikvision und drei anderen chinesischen Firmen zu erwerben. Bereits installierte Sicherheitstechnik dieser Firmen muss auf der Grundlage dieses Gesetzes abgebaut werden.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 13. September 2019
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
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Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. September 2019

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