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MELDUNG/124: Welt-Nothilfe-Gipfel - Behinderung von Hilfe als Kriegsverbrechen ahnden


Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. - Presseerklärung vom 24. Mai 2016

Welt-Nothilfe-Gipfel in Istanbul - Behinderung humanitärer Hilfe konsequenter als Kriegsverbrechen ahnden


Anlässlich des Welt-Nothilfe-Gipfels fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), gezielte Behinderungen humanitärer Hilfe konsequenter international anzuprangern und als Kriegsverbrechen zu ahnden. "Staaten wie der Sudan schüchtern regelmäßig internationale Helfer ein, weisen Hilfsorganisationen willkürlich aus oder verweigern ihnen den Zugang zu der Not leidenden Zivilbevölkerung. So werden zehntausende Menschenleben gefährdet, doch diese groben Verletzungen des humanitären Völkerrechts werden meist strafrechtlich nicht geahndet", kritisierte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. "Dabei sind dies Kriegsverbrechen gemäß dem Vierten Genfer Abkommen aus dem Jahr 1949. Aus Angst vor Repressalien und einer Ausweisung ihrer Mitarbeiter würden Hilfsorganisationen zu diesen Übergriffen oft schweigen."

Erst am vergangenen Wochenende hatte sich das sudanesische Außenministerium geweigert, die Arbeitserlaubnis des leitenden UN-Koordinators für humanitäre Hilfe (OCHA), Ivo Freijsen, um ein Jahr zu verlängern. Freijsen muss das Land, in dem er seit Februar 2014 arbeitet, bis zum 6. Juni 2016 verlassen. Offiziell wurden von dem Ministerium keine Gründe für die Entscheidung mitgeteilt. Doch inoffiziell kritisierten Behördenvertreter, der UN-Koordinator habe immer wieder den fehlenden Zugang zu Not leidenden Menschen beklagt sowie angeblich subjektive und falsche Berichte über die humanitäre Lage verbreitet. Es ist bereits der vierte hochrangige Mitarbeiter der Vereinten Nationen, der in den vergangenen zwei Jahren von den Behörden des Sudan de facto ausgewiesen wird.

Auch Nichtregierungsorganisationen (NGO) werden im Sudan systematisch bei ihrer humanitären Arbeit behindert. So wurden die Büros der seit Jahren in Darfur arbeitenden britischen NGO Tearfund im Dezember 2015 auf Anordnung der Behörden geschlossen. Weitere drei Mitarbeiter von Hilfsorganisationen wurden in den vergangenen Monaten ausgewiesen.

Hilfsorganisationen beklagen, dass die Versorgung der Zivilbevölkerung in Zentral- und genauso wie in Nord-Darfur von den Behörden seit Monaten dadurch behindert wird, dass kaum Genehmigungen für Hilfstransporte erteilt werden. Besonders große Schwierigkeiten gibt es für Helfer beim Zugang zum umkämpften Jebel-Marra-Bergmassiv. Dort wird auch die Internationale Organisation für Migration (IOM) von den Behörden seit Februar 2016 daran gehindert, Kriegsflüchtlinge zu registrieren.

Nach UN-Angaben sind im Sudan 5,8 Millionen Menschen auf internationale humanitäre Hilfe angewiesen. "Es ist abstrus und skandalös, dass Helfer in ihrer Arbeit von staatlichen Stellen behindert werden, da sie den Ländern doch nur beistehen, wenn diese ihrer Verpflichtung zur Versorgung ihrer eigenen Bevölkerung nicht nachkommen können", erklärte Delius.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 24. Mai 2016
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Mai 2016

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