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MELDUNG/107: Krimtataren erinnern Merkel und Hollande an Verantwortung für Frieden


Presseerklärung vom 24. August 2015

Ukraine-Konflikt: Merkel empfängt Hollande und Poroschenko (24.8.)

Krimtataren erinnern an Verantwortung für Frieden in Ost und West und klagen über Verfolgung unter russischer Herrschaft


Anlässlich des heutigen Treffens von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem französischen Präsidenten Francois Hollande und dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko in Berlin hat der Vorsitzende des krimtatarischen Medschlis, Refat Tschubarov, die Spitzenpolitiker eindringlich an ihre Verantwortung für den Frieden in ganz Europa, Ost und West, erinnert. Nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) bat Tschubarov um Hilfe in einer ausweglos erscheinenden Situation: Die Ukraine und besonders auch die Krimtataren, die unter Stalin Opfer von Holodomor - einer willentlich herbeigeführten Hungersnot mit Millionen von Toten - und kollektiver Deportation wurden, könnten den Konflikt mit Russland allein nicht lösen.

"Wir brauchen internationale Hilfe, um die territoriale Integrität der Ukraine wieder herzustellen, einschließlich der autonomen Republik Krim, der Heimat der Krimtataren", schrieb Tschubarow an Merkel und klagt: "Seit der Annexion der Krim durch Russland ist die Existenz des krimtatarischen Volkes gefährdet. Die Lage der Krimtataren verschlechtert sich von Tag zu Tag: Die Mitglieder des Medschlis, der wichtigsten Vertretung der Krimtataren, werden verfolgt. Während Mustafa Dschemilew, Refat Tschubarov, Sinaver Kadyrow und Ismet Juksel nicht auf die Krim reisen dürfen, werden der stellvertretende Medschlis-Vorsitzende Achtem Chijgoz und die Bürgerrechtler Ali Asanov sowie Mustafa Degermendschi seit Monaten widerrechtlich im Gefängnis auf der Krim festgehalten. Dutzende junge Krimtataren sind weiter verschwunden, einige wurden ermordet aufgefunden. Alle, die sich politisch betätigen, werden schikaniert, verfolgt, bedroht."

Merkel und Hollande sollten sich besonders der tragischen Einzelfälle annehmen, fordert Sarah Reinke, GUS-Referentin der GfbV. "Achtem Chijgoz sitzt seit dem 29.1.2015 völlig unschuldig in Haft. Seine Freilassung wäre ein wichtiges Signal an die Krimtataren, dass die Versprechungen von internationalen Politikern keine leeren Worte sind."

Die Krim ist seit 542 Tagen von Russland annektiert. Die rund 300.000 Krimtataren hatten sich aktiv dagegen gewehrt. Mehr als 15.000 von ihnen sind seit März 2014 geflohen. Sie sind die indigene Bevölkerung der Krim, unter Stalin 1944 deportiert, kehrten sie seit Ende der 1980er Jahre wieder zurück.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen/Berlin, den 24. August 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. August 2015

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