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EUROPA/626: Kölner Schriftsteller wird seit 40 Tagen in Spanien festgehalten


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 27. September 2017

Kölner Schriftsteller wird seit 40 Tagen in Spanien festgehalten

Appell an Spaniens Justizminister: Lassen Sie Dogan Akhanli endlich ausreisen!


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat an Spaniens Justizminister Rafael Catala appelliert, den Kölner Schriftsteller Dogan Akhanli endlich ausreisen zu lassen. Der Autor darf seit 40 Tagen Spanien nicht verlassen, weil die Türkei ihn über Interpol verhaften ließ. "Wenn es die Europäische Union mit ihren Grundwerten der Rechtsstaatlichkeit und Freizügigkeit ernst meint, dann darf Akhanli nicht länger in Spanien festgehalten werden. Europas Bürger verlieren ihr Vertrauen in die EU, wenn ein deutscher Staatsbürger in einem anderen EU-Staat auf Betreiben eines autoritär geführten Landes festgesetzt wird und die Justiz es in 40 Tagen nicht schafft, die Vorwürfe zu überprüfen", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen.

Der Autor mit türkischen Wurzeln und deutschem Pass war bei einer Urlaubsreise am 19. August 2017 in Granada (Spanien) wegen einer "Red Notice" der Interpol festgenommen worden. Zwar wurde die "Red Notice" angesichts internationaler Proteste später gelöscht, doch Spaniens Justiz prüft nichtsdestotrotz die von der Türkei geäußerten Vorwürfe gegen den Schriftsteller.

Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die Türkei den Autor nun auch der Vergewaltigung beschuldigt. Dieser Vorwurf war niemals in der Türkei Gegenstand eines Ermittlungs- oder Gerichtsverfahrens und ist dem Beschuldigten und seinem Rechtsanwalt vollkommen neu. Die Interpol reagierte irritiert auf die jüngsten Anschuldigungen und forderte die türkischen Behörden auf, Beweise für die neuen Vorwürfe vorzulegen.

Zunächst hatten die türkischen Behörden ihr Ersuchen nach Festnahme Akhanlis mit seiner vermeintlichen Verwicklung in einen Überfall auf eine Wechselstube in Istanbul im Jahr 1989 begründet. Der Autor war zwar aufgrund dieses Vorwurfs im Jahr 2011 vor Gericht angeklagt worden, doch wurde er damals freigesprochen, weil Zeugen ihn nicht identifizieren konnten. Im Jahr 2013 wurde auf Betreiben der Staatsanwaltschaft dieser Freispruch von einem anderen Gericht aufgehoben. Inzwischen war der Autor jedoch aus der Türkei ausgereist.

Das Erdogan-Regime will Akhanli um jeden Preis in der Türkei einen Prozess machen, weil er als entschiedener Regierungskritiker gilt und sich in seinen Werken kritisch mit dem offiziell geleugneten Völkermord an den Armeniern beschäftigt hat. "Akhanli darf nicht ausgeliefert werden, weil ihm in der Türkei ernste Gefahr für Leib und Leben droht", erklärte Delius.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 27. September 2017
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2017

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