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EUROPA/444: 13. Jahrestag von Srebrenica


Presseerklärung vom 11. Juli 2008

13. Jahrestag von Srebrenica

"Säule der Schande" soll in Srebrenica an Mitverantwortliche für das Völkermordverbrechen 1995 erinnern


Der Generalsekretär der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Tilman Zülch*, begrüßt die Initiative der vier Mütterbewegungen von Srebrenica, eine "Säule der Schande" bei der Hinrichtungsstätte von Potocari aufzurichten. Auf dieser Säule sollen die Namen von Persönlichkeiten eingraviert sein, die den Opfern des Genozids vor den Massakern Hilfe versagten und so zu dem furchtbaren Geschehen beitrugen. Außerdem sollen jene Persönlichkeiten Erwähnung finden, die die Festnahme der Hauptkriegsverbrecher Ratko Mladic und Radovan Karadzic behinderten. Erste "Kandidaten" für diese Liste sind der ehemalige persönliche Repräsentant des UN-Generalsekretärs im früheren Jugoslawien, Yasushi Akashi, der frühere UN-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali, die UN-Ex-Kommandanten General Bernard Janvier und General Phillipe Morillon, der Ex-Kommandeur des niederländischen UN-Bataillons Tom Karremanns und andere. Tilman Zülch ist neben Tadeusz Mazowiecky und dem US-Kongressabgeordneten Chris Smith, der sich für die Aufhebung des Waffenembargos gegen Bosnien engagiert hatte, einer der drei Preisträger des "Srebrenica Award against Genocide".

Mitarbeiter der deutschen, der Schweizer und der bosnischen Sektion der GfbV nehmen am heute an der Beerdigung von weiteren 307 exhumierten und identifizierten Opfern des serbischen Massenmords an 8376 namentlich bekannten bosnisch-muslimischen Knaben und Männern der Stadt Srebrenica teil. Für die Mitglieder und Freunde der GfbV ist der Jahrestag des Völkermordverbrechens von Srebrenica (11.7.1995) auch deshalb besonders bewegend, weil sich der Ehemann und die beiden Söhne der Leiterin des GfbV-Büros in Srebrenica, Hatidza Mehmedovic, unter den Toten befinden. Erst am 13. November vergangen Jahres wurden die Gebeine ihres Mannes in einem der bisher 60 aufgefundenen Massengräbern mit Opfern des Massakers gefunden. In einem anderen wurden die Gebeine eines ihrer Söhne entdeckt. Drei seiner Rippen waren gebrochen, und er war unbekleidet. Deshalb weiß die Mutter bis heute nicht, welcher ihrer beiden Söhne in dem Massengrab lag. Auch der Vater konnte noch nicht bestattet werden, weil bisher nur die Hälfte seiner Gebeine gefunden wurden. Serbische Täter hatten viele Massengräber mit Bulldozern wieder geöffnet, die Toten auf Lastwagen geladen und in bosnischen Wäldern verscharrt.

Das Gräberfeld mit der Gedenkstätte und dem gegenüberliegendem Genozid-Museum gehört inzwischen zu den größten europäischen Völkermord-Erinnerungsstätten. Dank der Initiative des früheren Hohen Repräsentanten der Internationalen Gemeinschaft in Bosnien, Christian Schwarz-Schilling, wurde die Gedenkstätte aus der serbisch kontrollierten "Republik Srpska" herausgelöst und der Zentralregierung in Sarajevo unterstellt. Seit heute sind dort 3214 der 8376 Opfer beerdigt sein. Bisher wurden etwa 6500 exhumiert, von denen bereits etwa 4000 identifiziert wurden.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen/Srebrenica, 11. Juli 2008
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-0, Fax: 0551/58028
E-Mail: info@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juli 2008