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ASIEN/783: Rechtsanwalt verfolgter Christin flieht aus Pakistan - Menschenrechtler schalten UN ein


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 4. November 2018

Pakistans Rechtssystem muss religiöse Minderheiten und ihre Rechtsvertreter wirksamer schützen

Öffentliche Debatte über Recht und Religionsfreiheit gefordert


Göttingen, den 4. November 2018 - Mit Bestürzung hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) auf die Flucht des Rechtsanwalts der in Pakistan von einem Todesurteil freigesprochenen Christin Asia Bibi aus seinem Heimatland reagiert. Nach massiven Todesdrohungen radikaler Islamisten verließ Rechtsanwalt Saif Malook gestern Pakistan mit einem Flugzeug in Richtung Rom und Amsterdam. Die GfbV hat die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet gebeten, sich für einen wirksameren Schutz religiöser Minderheiten und ihrer Rechtsvertreter in Pakistan einzusetzen. "Es darf nicht hingenommen werden, dass Pakistans Rechtssystem keinen wirksamen Schutz für Rechtsvertreter verfolgter religiöser Minderheiten vorsieht. Es ist skandalös, dass der Rechtsanwalt Asia Bibis glaubt, nur durch eine Flucht ins Ausland seine Ermordung durch Extremisten abwenden zu können", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen.

Auch die Richter des Obersten Gerichts in Pakistan, das Asia Bibi am letzten Mittwoch freisprach, müssen um ihr Leben fürchten, weil sie Morddrohungen radikaler Islamisten erhielten. Mehrere Richter untergeordneter Gerichte, die es wagten, wegen Blasphemie Angeklagte freizusprechen, wurden bereits in den letzten Jahren von Extremisten in Pakistan ermordet. In Pakistan sei eine öffentliche Debatte über den Stand und die Priorisierung von Recht und Religion überfällig, erklärte die Menschenrechtsorganisation.

Die GfbV forderte nachdrücklich, den dramatischen Verfall der Religionsfreiheit in Pakistan auch international stärker zu einem Thema zu machen. Als Mitgliedsstaat des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen habe Pakistan eine besondere moralische Verpflichtung, die Rechte religiöser Minderheiten und ihrer Rechtsvertreter zu achten und zu schützen.

Rechtsanwalt Saif Malook gilt unter sunnitischen Extremisten als besonders verhasst, da er auch als Vertreter der Anklage im Prozess gegen den Mörder des Gouverneurs des Bundesstaates Punjab gearbeitet hat. Gouverneur Salman Taseer war im Januar 2011 von einem religiösen Fanatiker ermordet worden, nachdem er sich kritisch zu den Blasphemie-Gesetzen geäußert und eine Freilassung Asia Bibis gefordert hatte. Sein Mörder Muntaz Quadri wurde zum Tode verurteilt und später hingerichtet. Vielen sunnitischen Extremisten gilt er heute als Märtyrer.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 4. November 2018
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. November 2018

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