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ASIEN/732: Größtes Flüchtlingslager der Welt entsteht in Bangladesch


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 6. Oktober 2017

Größtes Flüchtlingslager der Welt entsteht in Bangladesch

Menschenrechtler warnen vor Verschärfung der humanitären Katastrophe der Rohingya-Flüchtlinge


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) befürchtet eine Verschärfung der humanitären Katastrophe der Rohingya, wenn Bangladesch wie geplant mehr als 500.000 aus Burma geflohene Angehörige der muslimischen Minderheit in einem riesigen Flüchtlingslager zusammenfasst. "Wer so viele durch die Flucht geschwächte und zum Teil kranke Menschen in nur einem Mega-Camp konzentriert, nimmt bewusst den Tod von tausenden Menschen in Kauf. Denn Cholera und andere Seuchen können sich in solchen riesigen Lagern in Windeseile ausbreiten", warnte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. Gestern hatte der Minister für Katastrophenhilfe Mofazzal Hossain Chowdhury Maya angekündigt, Bangladesch werde alle im Grenzgebiet zu Burma/Myanmar bestehenden 23 Lager auflösen, um die Flüchtlinge in einem Camp in Kutupalong (Region Cox Bazar) zusammenfassen. Der Minister plant nach eigenen Angaben bis zu 900.000 Rohingya in dem Lager zu konzentrieren.

Bislang gilt das Camp Bidi Bidi im Norden Ugandas mit 285.000 Flüchtlingen aus dem Südsudan als größtes Flüchtlingslager der Welt. Mehr als 200.000 geflohene Somalier werden in dem Camp Dadaab im Norden Kenias betreut. "Der Plan Bangladeschs ist wahnwitzig und unverantwortlich, da das Land schon heute mit der Bewältigung der Flüchtlingskatastrophe vollkommen überfordert ist. Ein neues Mega-Camp würde die Arbeit der humanitären Helfer weiter erschweren, da keine ausreichende Infrastruktur zur Versorgung der Not Leidenden besteht. Auch sind Konflikte und Übergriffe unter den Flüchtlingen vorprogrammiert", warnte Delius.

"Bangladesch will offensichtlich mit dieser drastischen Methode international den Druck erhöhen, um eine baldige Rückführung der Flüchtlinge nach Burma zu erzwingen", erklärte Delius. "Diese Politik ist unmenschlich und verletzt die Grundsätze der Genfer Flüchtlingskonvention." Bangladesch verlangt eine baldige Repatriierung der Rohingya. "Doch angesichts der anhaltenden Übergriffe auf die Minderheit in Burma ist an eine freiwillige Rückführung der Rohingya momentan nicht zu denken."

Täglich treffen noch immer rund 5.000 Rohingya-Flüchtlinge in Burmas Nachbarland ein. Seit Ende August 2017 suchten 507.000 Rohingya in Bangladesch Zuflucht. Weitere 300.000 Angehörige der Minderheit leben seit mehreren Jahrzehnten illegal als Flüchtlinge in dem Land. Unter den nun neu angekommenen Rohingya sind 145.000 Kinder sowie 50.000 schwangere oder stillende Frauen. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) warnte gestern vor einer humanitären Katastrophe biblischer Ausmaße.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 6. Oktober 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Oktober 2017

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