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ASIEN/498: Gewalt gegen Muslime in Südasien nimmt zu


Presseerklärung vom 2. April 2013

Gewalt gegen Muslime in Südasien nimmt zu

Buddhistische Extremisten schüren Ausschreitungen gegen Muslime in Burma und Sri Lanka



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt vor einer Eskalation der Gewalt gegen Muslime in Burma und Sri Lanka und vor einer Ausgrenzung der religiösen Minderheit aus dem öffentlichen Leben. "Buddhistische Nationalisten - unter ihnen auch viele Mönche - schüren mit Boykottaufrufen gegen Geschäfte von Muslimen sowie mit Übergriffen gegen Angehörige der Minderheit eine Pogrom-Stimmung, die Angst unter Muslimen auslöst", berichtete der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. "Mit dem für seine Friedfertigkeit gelobten Buddhismus hat dieser Rassismus nichts gemeinsam." Die GfbV forderte die Regierungen Sri Lankas und Burmas auf, den Schutz der religiösen Minderheit zu gewährleisten und entschiedener gegen die Extremisten vorzugehen.

Am Abend des Gründonnerstags hatten Dutzende Buddhisten in Sri Lanka ein großes Bekleidungsgeschäft und zahlreiche Autos von Muslimen in der Nähe der Hauptstadt Colombo in Brand gesetzt. Die Plünderer seien von buddhistischen Mönchen angeführt worden, berichteten Augenzeugen. Angriffe und Boykottaufrufe gegen muslimische Geschäfte sowie Übergriffe auf Muslime haben in Sri Lanka in den vergangenen Wochen zugenommen. Geschürt werden die Ausschreitungen von der buddhistisch-nationalistischen Bewegung "Bodu Bala Sena" (BBS, Buddhistische Kraft), die unter dem Leitmotto "Sri Lanka für Buddhisten" zur Ausgrenzung der muslimischen Minderheit aufruft. Über Facebook und das Internet mobilisiert BBS zur Ablehnung muslimischer Sitten und Gebräuche. So polemisiert die Bewegung gegen muslimische Essensregeln und gegen die Verschleierung von Frauen. "Besonders bedrohlich ist ihre Kampagne der Kennzeichnung muslimischer Geschäfte, in denen "gute Buddhisten" nicht einkaufen dürften", erklärte Delius.

Eine ähnliche Kampagne hat in Burma die buddhistisch-nationalistische Bewegung "969" lanciert. Den von ihr geschürten Auseinandersetzungen zwischen Buddhisten und Muslimen sind in den vergangenen zwei Wochen mindestens 40 Menschen zum Opfer gefallen. Mehr als 10.000 Muslime mussten fliehen. Die Bewegung, die ihren Namen aus der Numerologie herleitet, beschuldigt Muslime, die buddhistische Gesellschaft zu zerstören und strebt die ethnische Säuberung Burmas an. Da das Internet in Burma nicht verbreitet ist, indoktriniert die Bewegung 969 ihre Anhänger vor allem in den 1190 buddhistischen Mönchs-Schulen, die von rund 100.000 Kindern besucht werden.

In Burma können die buddhistischen Nationalisten auf Unterstützung durch die Behörden bauen, die der größten muslimischen Bevölkerungsgruppe, den Rohingya, bis heute die Anerkennung als ethnische Gruppe versagen. Im auch überwiegend buddhistischen Sri Lanka gehört hingegen eine muslimische Partei der amtierenden Regierungskoalition an. Aber auch diese Regierung betreibt eine Politik des singhalesisch-buddhistischen Nationalismus. Muslime stellen rund 9,5 Prozent der Bevölkerung Sri Lankas. Sie stammen aus unterschiedlichen ethnischen Gruppen. Sie wurden auch während des Bürgerkriegs zwischen Tamilen und Singhalesen (1983-2009) ausgegrenzt. So vertrieb die tamilische Freiheitsbewegung LTTE mehr als 70.000 Muslime aus dem Norden Sri Lankas.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 2. April 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2013