Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → BEDROHTE VÖLKER

ASIEN/412: China - "Verschwinden lassen" von Regimekritikern soll legalisiert werden


Presseerklärung vom 31. August 2011

"Verschwinden lassen" von Regimekritikern soll legalisiert werden

China will Dissidenten legal in Geheimgefängnissen einsperren lassen


Als "großen Rückschlag für die Bemühungen um Rechtsstaatlichkeit in China" bezeichnete die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die geplante Legalisierung von Geheimgefängnissen für Regimegegner in der Volksrepublik. "Wenn China das "Verschwinden lassen" von Regimekritikern für rechtlich zulässig erklärt, verletzt es grundlegende internationale Menschenrechtsstandards und macht die Willkür zum Rechtsprinzip", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen.

Die Volksrepublik hat in der letzten Woche im angesehenen "Legal Daily" eine Änderung des Strafgesetzbuches angekündigt, die rechtlich für zulässig erklären soll, Verdächtige bei Gefährdung der Staatssicherheit oder bei Terrorismus bis zu sechs Monate in Geheimgefängnissen festzuhalten. Der Nationale Volkskongress soll im März 2012 über die Gesetzesänderung entscheiden.

Mehrere tausend Verfasser offiziell zugelassener Petitionen, Rechtsanwälte, Dissidenten und Menschenrechtler sind seit dem Jahr 2003 in Geheimgefängnissen zum Teil monatelang festgehalten worden. Die bis zu 50 offiziell nicht als Haftanstalten gekennzeichneten Verhaftungszentren befinden sich vor allem in Peking und seiner Umgebung. Oft werden ehemalige Hotels oder Fabriken als Geheimgefängnisse genutzt.

Die GfbV hat die Festsetzung von 970 Bittstellern aus Schanghai in den Jahren 2009/2010 in illegalen Haftzentren in der Region Peking dokumentiert. Die Festgenommenen waren Bittsteller, die in die Hauptstadt gekommen waren, um ganz legal ihre Rechte einzufordern. Alljährlich werden rund 12 Millionen Petitionen vorgebracht. Die meisten handeln von Polizeiwillkür, Korruption und Landenteignungen. Doch nur 0,2 Prozent der bei den Behörden eingereichten Petitionen werden positiv beschieden.

Auch politische Gefangene werden in Geheimgefängnissen festgehalten. So fehlt von dem Rechtsanwalt Gao Zhisheng, der sich besonders für inhaftierte Anhänger der verfolgten Meditationsbewegung Falun Gong eingesetzt hatte, seit seiner Festnahme im April 2010 jede Spur. Die wenigen Nachrichten, die Freunde seither von ihm erhielten, lassen vermuten, dass er an einem geheimen Ort festgehalten wird.

Auch der mongolische Menschenrechtler Hada wird nach Verbüßung seiner Haftstrafe von 15 Jahren seit Dezember 2010 in einem Geheimgefängnis in der Nähe des Flughafens der Stadt Hohhot (Region Innere Mongolei) illegal festgehalten. Hada, sowie seine Frau Xinna und sein Sohn Uiles, werden wegen ihres Engagements für die Kultur der mongolischen Minderheit verfolgt.


*


Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 31. August 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. September 2011