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ASIEN/398: Kasachstan schiebt anerkannten Flüchtling nach China ab


Presseerklärung vom 6. Juni 2011

Kasachstan schiebt anerkannten Flüchtling nach China ab

Keine deutsche Rohstoffpartnerschaft mit Kasachstan ohne Menschenrechte!


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kritisiert die von der deutschen Bundesregierung angekündigte Rohstoffpartnerschaft mit Kasachstan, da der zentralasiatische Staat grundlegende Menschenrechte und internationale Konventionen verletzt. "Wenn ein Staat willkürlich Völkerrecht bricht, dann ist auf ihn auch in einer Rohstoffpartnerschaft kein Verlass", warnte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Montag. Erst in der vergangenen Woche hat Kasachstan GfbV-Angaben zufolge die Genfer Flüchtlingskonvention in grober Weise verletzt: Kasachische Behörden übergaben chinesischen Sicherheitsbeamten einen uigurischen Flüchtling aus China, obwohl er von den Vereinten Nationen als Flüchtling anerkannt ist. Dem Abgeschobenen, dem 38 Jahre alten ehemaligen Lehrer Ershidin Israil, droht in China die Todesstrafe.

"Kasachstans Regierung ist China hörig. Da werden selbst internationale Konventionen einfach vom Tisch gewischt", sagte Delius. "So wird auch die Rohstoffpartnerschaft Deutschlands mit Kasachstan vom guten Willen Pekings abhängig sein." Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler hatte am 24. Mai 2011 eine Absichtserklärung unterzeichnet, ein Regierungsabkommen mit Kasachstan über eine Rohstoffpartnerschaft abzuschließen.

Die GfbV ist in großer Sorge um die Gesundheit und das Leben des abgeschobenen Uiguren, Israil war seit Juni 2010 in kasachischer Auslieferungshaft. Offiziell wirft China dem politischen Flüchtling - wie den meisten uigurischen Menschenrechtlern - "terroristische Aktivitäten" vor. Seine Familie ist jedoch davon überzeugt, dass der Mann aus der Stadt Gulja gesucht wird, weil er Details über die Ermordung des politischen Gefangenen Shohret Tursun im September 2009 öffentlich gemacht hat. Tursun starb aufgrund von Folter im Gefängnis. Auf Druck der Behörden musste seine Familie den Toten sofort nach Freigabe der Leiche bestatten, obwohl der Leichnam zahlreiche Verletzungen aufwies.

Israil flüchtete in einem viertägigen Fußmarsch nach Kasachstan und bat dort offiziell um Schutz. Er fürchtete, in China erneut verhaftet zu werden. Bereits 1999 war er wegen seines Engagements für die Rechte der Uiguren zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Gleichzeitig bemühte sich Israil um Asyl in Westeuropa. Schweden stimmte zu, ihn aufzunehmen. Doch unmittelbar vor seiner vor seiner Ausreise wurde der Uigure festgenommen.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 6. Juni 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juni 2011