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ASIEN/397: Indien - Wirtschaft statt Menschenrechte


Presseerklärung vom 31. Mai 2011

Bundeskanzlerin besucht Indien

Wirtschaft statt Menschenrechte - Keine Hilfe für Opfer von Indiens Wirtschaftsboom


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) bedauert, dass beim Indien-Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel und zahlreichen deutschen Ministern die schwierige Lage der diskriminierten 95 Millionen Ureinwohner des Subkontinents nicht erörtert wird. "Statt sich nur für deutsche Wirtschaftsinteressen einzusetzen, sollte die Bundeskanzlerin auch die Chance nutzen, sich für die Menschenrechte der vernachlässigten Adivasi zu engagieren", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. "Denn Indiens Stabilität als Demokratie und führende Wirtschaftsnation ist in Gefahr, wenn die Opfer des Wirtschaftsbooms ignoriert werden. Dafür müssten auch deutsche Unternehmen Verantwortung übernehmen, wenn sie sich in dem Schwellenland engagieren."

Indiens Ureinwohner leiden besonders unter den Folgen rücksichtsloser Rohstoffsuche, Energiegewinnung sowie unter der Ausweitung von Großplantagen und Industriebetrieben. Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Indien werden immer intensiver. So nahm der Handel zwischen beiden Staaten im ersten Quartal 2011 auf 4,5 Milliarden Euro zu.

Die Adivasi fordern nach Angaben der GfbV die Beachtung der Rechte, die ihnen laut Verfassung und indischen Gesetzen zustehen. Doch indische und internationale Investoren sowie regionale Behörden missachten regelmäßig traditionelle Landrechte der Ureinwohner. Diese reagieren mit Protesten und Landbesetzungen, die wiederum meist gewaltsam von staatlichen Sicherheitskräften beendet werden.

Zudem werben maoistische Naxaliten-Rebellen bei den diskriminierten indigenen Gemeinschaften verstärkt um Unterstützung. So konnten die Naxaliten in den vergangenen Jahren ihren Einfluss auch militärisch ausweiten. Sie kontrollieren inzwischen einen Großteil der ländlichen Gebiete im Zentrum Indiens. Viele Industrie-Unternehmen und Plantagenbesitzer in diesen Regionen müssen Schutzgelder an die maoistischen Rebellen zahlen, um ihren Wirtschaftsbetrieb aufrechterhalten zu können. "Wenn Indien die Rechte der Adivasi nicht endlich ernsthaft respektiert, wird sich die Sicherheitslage in vielen ländlichen Gebieten noch weiter verschlechtern", warnte Delius.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 31. Mai 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2011