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ASIEN/392: Atomkloake Pazifik - Radioaktivität im Meer gefährdet Insel-Ureinwohner


Presseerklärung vom 30. März 2011

Atomkloake Pazifik: Gefahr durch Radioaktivität in Nahrungsmittelkette
Insel-Ureinwohner sind erste Opfer


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt davor, die Gefahren radioaktiver Verseuchung des Pazifiks nach dem Reaktorunglück in Fukushima zu herunterzuspielen. "Mehrere hundert Millionen Menschen ernähren sich vom Fischfang im Pazifischen Ozean, unter ihnen viele Ureinwohner auf den Inseln", sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. "Es ist nicht nur eine unhaltbare Verharmlosung, wenn japanische Wissenschaftler erklären, eine radioaktive Verseuchung von Fischen sei nicht so problematisch, weil sich die Radioaktivität in den Gräten konzentriere, die von Menschen nicht gegessen würden. Denn es werden tausende Tonnen Fisch und Gräten jedes Jahr zu Fischmehl, also Viehfutter, und zum Teil zu Fischstäbchen verarbeitet. Auch wissenschaftliche Thesen von einer schnellen Verdünnung radioaktiver Teilchen im Meer können die Ureinwohner schon lange nicht mehr beruhigen: Nach Atomtests leiden viele unter gravierenden gesundheitlichen Folgen geringer Strahlung, nachdem ihnen jahrzehntelang weisgemacht wurde, sie sei nicht gefährlich."

"Die Ureinwohner des Pazifiks fühlen sich als Opfer des Atomzeitalters. Sie wurden niemals befragt, ob sie diese Energie befürworten. Und doch sind sie ihren Folgen schutzlos ausgeliefert", berichtete Delius. Nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki sowie Jahrzehnten der Atomwaffentests der USA, Großbritanniens und Frankreichs auf Inseln des Pazifiks ist dieser Ozean eine Atomkloake der Welt mit unkalkulierbaren radioaktiven Risiken.

Im Pazifik gibt es nach GfbV-Angaben mindestens vier nukleare Zeitbomben: Auf den Inseln Moruroa und Fangataufa führte Frankreich (1966-1996) Atomtests durch, die USA wählten dafür (1946-1958) die Atolle Bikini und Enewetok. Alle diese von Ureinwohnergemeinschaften besiedelten oder regelmäßig genutzten Inseln beherbergen gigantische Atommülldeponien, die unzureichend gesichert sind und keiner unabhängigen Überwachung unterliegen.

In den französischen Atomtestgebieten und im vormals amerikanischen Mikronesien haben sich Strahlenopfer in den vergangenen Jahren zusammengeschlossen. Die Wahrheit über ihren zum Teil katastrophalen gesundheitlichen Zustand wurde ihnen Jahrzehnte lang verheimlicht. So ist die Zahl von Krebserkrankungen und Missbildungen Neugeborener außergewöhnlich hoch. Ausweichen konnten sie der Radioaktivität durch permanente geringe, angeblich unschädliche Strahlung nicht: "Der Pazifische Ozean ist für sie Supermarkt, Wohnzimmer und Apotheke zugleich", berichtet Delius. "Nirgendwo leben die Menschen so eng mit dem Meer verbunden wie auf den Pazifischen Inseln."


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 30. März 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. März 2011