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ASIEN/387: Indonesien - Übergriffe auf Christen und Ahmadiyya nehmen zu


Presseerklärung vom 23. März 2011

Religionsfreiheit in Indonesien in Gefahr

Übergriffe auf Christen und Ahmadiyya in Indonesien nehmen stark zu


Die Religionsfreiheit in Indonesien ist in akuter Gefahr, warnt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). "Im Jahr 2010 hat sich die Zahl der Übergriffe auf Christen vervierfacht", sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. "Es wurden 75 christenfeindliche Aktionen registriert, 43 davon waren Anschläge auf Kirchen oder willkürliche Schließungen von Gotteshäusern." Der Trend setzt sich offenbar fort. Denn im Februar 2011 wurden auf Insel Java drei Kirchen niedergebrannt, nachdem ein Christ wegen angeblicher Blasphemie zu fünf Jahren Haft verurteilt worden war. Demonstranten hatten seine Verurteilung zum Tod gefordert.

Noch dramatischer ist die Lage der Ahmadiyya-Muslime. Ihnen ist die Glaubensausübung untersagt, ihre Moscheen werden geschlossen, Gläubige bedroht, vertrieben oder zur Konversion zum sunnitischen Islam gezwungen. "Die Ahmadiyya leiden nicht nur unter der Gewalt radikaler Muslime, sondern auch massiv unter staatlicher Willkür. Sicherheitskräfte verweigern ihnen systematisch jeden Schutz.", sagte Delius.

Seit 2007 wurden mehr als 360 Übergriffe auf Ahmadiyya in Indonesien, dem bevölkerungsreichsten muslimischen Staat der Welt, gezählt. Selbst als im Februar 2011 die "Woche des friedlichen Zusammenlebens der Religionen" gefeiert wurde, kam es zu Gewalttaten. So wurden am 6. Februar drei Ahmadiyya in Cikeusik im Westen der Insel Java beim Gebet ermordet, während die Polizei tatenlos zuschaute. Polizisten schritten auch nicht ein, als am 11. März 2011 im Dorf Ciarutun Udik Häuser von Ahmadiyya mit Steinen beworfen wurden. Wenige Stunden später trieben die Polizisten die Ahmadiyya sogar zusammen, um sie vor jeder weiteren Religionsausübung zu warnen. Im gleichen Monat wurde Ahmadiyya auch in elf weiteren Verwaltungsregionen die Religionsausübung untersagt. Schon drei Jahre zuvor hatte die indonesische Regierung eine ähnliche Verfügung erlassen.

Am 13. März 2011 wurden in West-Java hunderte Bücher der Ahmadiyya öffentlich verbrannt. In den folgenden drei Tagen wurden mindestens 31 Angehörige der Minderheit unter massivem Druck von Polizisten und Militärs gezwungen, sich öffentlich von ihrem Glauben abzuwenden. Sie mussten Erklärungen unterschreiben, dass sie freiwillig konvertiert seien.

Seit 2003 wurden mehr als 150 Christen und Ahmadiyya wegen Verletzung des Blasphemie-Gesetzes inhaftiert. Vergeblich hatten Menschenrechtsorganisationen 2010 vor dem Obersten Gericht Indonesiens geklagt, um die Aufhebung des Gesetzes zu erreichen. Es macht es Muslimen leicht, Andersgläubige der Gotteslästerung zu beschuldigen, die hart bestraft wird.

88 Prozent der 240 Millionen Indonesier sind Muslime, rund 400.000 sind Ahmadiyya. Von den Sunniten werden die Ahmadiyya als nicht-muslimische Sekte angesehen, weil sie der Überzeugung sind, das Mohamed nicht der letzte Prophet war. Christen stellen acht Prozent der Bevölkerung.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 23. März 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. März 2011