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AKTION/170: China muß mehr Verantwortung für Frieden in Darfur übernehmen


Presseerklärung vom 29. November 2007

Symbolischer olympischer Fackellauf erreicht Deutschland

Appell an China, noch vor der Olympiade in Peking mehr Verantwortung für Frieden in Darfur zu übernehmen


Weniger als neun Monate vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking haben Menschenrechtler mit einer symbolischen Fackel-Zeremonie am Berliner Holocaust-Mahnmal auf die Verbindungen zwischen der chinesischen Regierung und dem ersten Völkermord des 21. Jahrhunderts hingewiesen. Die Fackel-Zeremonie war die vierte ihrer Art die von Darfur bis Peking in Ländern stattfinden, die in der Vergangenheit mit Völker- und Massenmord in Verbindung standen.

"Wir gedenken heute aller Opfer von Völkermord und Menschenrechtsverletzungen und tun dies an einem Ort, der an die schrecklichen Ereignisse mahnend erinnert, die zur Entstehung des Begriffs 'Völkermord' geführt haben", erklärte Mia Farrow, Beiratsmitglied der Organisation Dream for Darfur, bei der Fackel-Zeremonie am Berliner Holocaust-Mahnmal. "Dadurch stellen wir eine Verbindung zwischen Menschenrechtsverletzungen der Vergangenheit und der gegenwärtigen Situation in Darfur her und erinnern daran, dass die Weltöffentlichkeit auch hier angesichts dieses schrecklichen Verbrechens die Augen verschließt."

Farrow sowie weitere Unterstützer und Überlebende von Völkermorden versammelten sich, um die Fackel untereinander weiterzureichen. Damit soll der Opfer von Völkermord und Massenvernichtung gedacht und auch China, das Gastgeberland der kommenden Olympischen Spiele, aufgefordert werden, sich umgehend für eine Beendigung der Gewalt in Darfur einzusetzen. "Diese Flamme steht für unsere gemeinsame Hoffnung auf ein Ende von Völkermord weltweit" - mit diesen Worten übergab Farrow die Fackel an den Sudanesen Ahmed Musa aus Darfur.

"Wir sind heute hierher gekommen, um China mit dieser symbolischen Olympischen Fackel in der Hand aufzufordern, seinen Einfluss als enger Wirtschaftspartner des Sudan und der Regierung in Khartum geltend zu machen, um noch vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking für Sicherheit in Darfur zu sorgen", so Jill Savitt, Director von Dream for Darfur. "Wir haben erlebt, wie drei Fristen für die Autorisierung einer UN/AU-Friedenstruppe verstrichen sind. Noch immer sind wir dem Einsatz einer Friedenstruppe in Darfur nicht näher gekommen. Wenn die chinesische Regierung und die Olympische Bewegung nicht wollen, dass die kommende Olympiade von einem gleichzeitig stattfindenden Völkermord überschattet wird, dem der olympische Gastgeber hätte Einhalt gebieten können, dann müssen sie jetzt sofort handeln."

Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland betont während der Veranstaltung: "Ich möchte heute darauf hinweisen, dass wir die Gegenwart - nicht die Vergangenheit - zu bewältigen haben. Die Geschichte können wir nicht umschreiben. Aber unserer Gegenwart können wir aktiv gestalten. Wir sollten dies im Bewusstsein schrecklicher Verbrechen tun, die auch deshalb möglich waren, weil zu viele Menschen einfach nur zugeschaut haben."

Dr. Michel Friedman, ehem. Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses und Publizist, erklärte nach der Veranstaltung: "Das Thema Darfur zeigt ganz deutlich, dass schwere Menschenrechtsverletzungen noch immer Realität sind. Wer in der Darfur-Krise nicht deutlich Position bezieht, macht sich mitschuldig an Tod und Leid tausender Menschen. China hat Möglichkeiten, gegenüber dem Sudan seinen Einfluss geltend zu machen und ein Ende von Vertreibung, Vergewaltigung und Mord in Darfur zu fordern. Ich würde mir wünschen, dass der olympische Traum des Friedens im nächsten Jahr auch seinen Weg nach Darfur findet."

Die symbolische Olympische Fackel wird ihre Reise nach Sarajewo, Bosnien und Herzegowina fortsetzen, wo sie am 07. Dezember von den "Müttern von Srebrenica" entzündet wird. Der von Dream for Darfur organisierte symbolische Olympische Fackellauf nahm seinen Anfang am 09.

August an der Grenze zwischen dem von Konflikten zerrütteten Darfur und dem Tschad. Hier entzündete Mia Farrow die Fackel gemeinsam mit weiteren Darfur-Menschenrechtlern. Am 15. August entzündeten 200 überlebende Tutsi die Fackel im ruandischen Kigali, ein Ort, an dem nach Abzug der UN-Truppen ein Massaker stattfand. Später wurde die Fackel am 25. September an der Ewigen Flamme des Völkermordmahnmals in Eriwan, Armenien, entzündet. Die nächste Station nach Sarajewo wird Kambodscha sein, wo die Fackel am 20. Januar entzündet wird.

"Hier in Berlin stehen wir gemeinsam mit Überlebenden von vergangenen und gegenwärtigen Völkermorden, um China dazu aufzurufen, seinen Einfluss geltend zu machen und das Versprechen einzulösen, das die internationale Gemeinschaft wieder und wieder gegeben hat. Als Deutsche und als Erdenbürger ist es unsere Pflicht und unsere Verantwortung, uns für den Schutz anderer einzusetzen, indem wir die chinesische Regierung drängen, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um auf das Bashir-Regime einzuwirken, das derzeit eine Politik der Massenvernichtung in Darfur verfolgt", so Ulrich Delius, Sprecher der Organisation RettetDarfur.de, einer Initiative der Gesellschaft für Bedrohte Völker und Fairplanet, die die Veranstaltung gemeinsam mit Dream for Darfur ermöglicht hat (www.rettetdarfur.de).

Zusätzlich zum internationalen symbolischen Fackellauf werden in neun Ländern nationale Solidaritäts-Fackelläufe stattfinden. Mit den Fackelläufen sollen die olympischen Ideale von Frieden und internationaler Zusammenarbeit beschworen werden, um die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Situation in Darfur zu lenken und zu einer wachsenden internationalen Bewegung gegen den Völkermord beizutragen. Die Kampagne zielt dabei nicht auf einen Boykott der Olympischen Spiele in Peking ab. Bei seinen Bemühungen, China zu einem intensiven Engagement in der Darfur-Krise zu bewegen, nimmt Dream for Darfur Verbindungen mit dem Internationalen Komitee, Nationalen Olympischen Komitees, sowie mit den Sponsoren der Olympiade 2008 auf.


Begründung für die Wahl des Denkmals der ermordeten Juden Europas als Ort der Zeremonie-Feierlichkeiten

Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas ist mahnende Erinnerung und Zukunft zugleich. Die Erinnerung bedingt die Handlungen des Jetzt und die der Zukunft. Die Erinnerung an die ermordeten Juden Europas ist auch die Erinnerung an die Versprechen des "nie wieder". Der Genozid in Darfur ist weder qualitativ noch quantitativ der Shoah gleich. Er zeigt aber, dass nach 60 Jahren immer noch Völkermord vor den Augen der Welt zugelassen wird, weil die Veränderung im Denken und Handeln, die nach Auschwitz hätte eintreten müssen, immer noch nicht vollzogen ist.


Danksagung

Wir danken der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas für die Erlaubnis, unsere Fackelzeremonie an diesem würdevollen Ort durchführen zu können.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 29. November 2007
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-0, Fax: 0551/58028
E-Mail: info@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2007