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AFRIKA/760: Mehr als 250 Demonstranten in Algerien festgenommen


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 23. November 2019

Mehr als 250 Demonstranten in Algerien festgenommen

Anhaltende Proteste der Demokratiebewegung
Menschenrechtler fordern Ende willkürlicher Verhaftungen


Göttingen, den 23. November 2019 - Nach der Festnahme von mehr als 250 Anhängern der Demokratiebewegung Algeriens innerhalb einer Woche hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ein Ende willkürlicher Inhaftierungen Protestierender in dem nordafrikanischen Land gefordert. "Algeriens mächtige Generäle versuchen mit allen Mitteln die Demokratiebewegung mundtot zu machen und zu zerschlagen. Dabei verletzen sie systematisch die Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit. So werden die für Dezember geplanten Präsidentschaftswahlen zur Farce", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Samstag in Göttingen. Erst gestern waren bei Protesten der Demokratiebewegung "Hirak" erneut 64 Personen verhaftet worden. Die Proteste richten sich gegen die für den 12. Dezember geplanten Präsidentschaftswahlen, zu denen nur fünf regierungsnahe Kandidaten zugelassen wurden.

Nachdrücklich kritisierte die Menschenrechtsorganisation, dass nicht nur in- und ausländische Journalisten eingeschüchtert und an einer freien Berichterstattung über die Proteste gehindert würden, sondern auch in sozialen Medien gezielt Kritiker zum Schweigen gebracht würden. So wurden auf Facebook hunderte Hirak-Anhänger systematisch mit kritischen Kommentaren angefeindet und zu Stellungnahmen provoziert, um die zeitweise Sperrung ihrer Facebook-Seiten herbeizuführen. Mehr als 22 Millionen Facebook-Nutzerinnen und Nutzer machen das soziale Netzwerk zu einem der bedeutendsten Informationsmedien in Algerien. Vor Facebook-Niederlassungen in verschiedenen europäischen Städten protestierten in den letzten Tagen Menschen aus Algerien gegen den Missbrauch des Netzwerks durch Algeriens Machthaber.

Seit Wochen werden algerische Journalisten massiv von den Behörden eingeschüchtert, um eine freie Berichterstattung über die seit Februar 2019 andauernden Proteste zu unterbinden. So wurden am 19. November 2019 vier Journalisten der regierungsnahen Zeitung "Temps d'Algerie" vom Dienst suspendiert, weil sie einen Wahlaufruf ihres Mediums kritisiert hatten. Am 9. November unterzeichneten 300 Journalisten ein Protestschreiben gegen die willkürliche Festnahme von drei Medienleuten.

Ungeachtet dieser Proteste dauern die Massen-Festnahmen weiter an. So wurden in der Nacht auf den letzten Donnerstag 150 Protestierende festgenommen. Weitere 37 Personen wurden am letzten Donnerstag in Gewahrsam genommen, weil sie Wahlversammlungen gestört haben sollen. Mit den Verhaftungen sollen die Demonstrierenden eingeschüchtert werden, doch die Zahl der Protestierenden nimmt Woche für Woche weiter zu. Viele Festgenommene kommen nach kurzer Zeit wieder frei. Doch Dutzende sind weiter in Haft. Erst letzten Mittwoch wurde ein Demonstrant wegen der Störung einer Wahlversammlung zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Demonstrierenden fordern eine Aussetzung der Wahlen, die sie mangels Auswahl unter den regierungsnahen Kandidaten als Farce bezeichnen.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 23. November 2019
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. November 2019

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