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AFRIKA/503: Nigeria - Boko Harams Krieg gegen Kinder eskaliert


Presseerklärung vom 11. Januar 2015

Nigeria: 20 Menschen sterben bei Selbstmordanschlag von Zehnjähriger

Boko Harams Krieg gegen Kinder ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der Terrorgruppe Boko Haram in Nigeria vorgeworfen, mit ihrer gezielten Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen. "Rund 70 Prozent der 877 Zivilisten, die seit Januar 2014 von der islamistischen Sekte entführt wurden, sind Minderjährige. Auch die meisten Selbstmordattentäterinnen, die die Terrorgruppe seit Sommer 2014 verstärkt einsetzt, sind 15 bis 17 Jahre alte Mädchen", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. Am Samstag hatte sich sogar eine Zehnjährige auf einem Markt in der Stadt Maiduguri (Bundesstaat Borno) in die Luft gesprengt und weitere 19 Menschen in den Tod gerissen. Bei dem Anschlag wurden 18 Personen verletzt. Weihnachten hatte eine Dreizehnjährige berichtet, wie sie sich erfolgreich einem Einsatz als Selbstmordattentäterin entziehen konnte.

Kinder und Jugendliche sind auch indirekt die Hauptopfer der Gewalt Boko Harams. So sind 194.660 Schülerinnen und Schüler davon betroffen, dass es seit Monaten keinen Unterricht mehr an 800 Schulen im Nordosten Nigerias gibt, weil die Schulgebäude zerstört wurden, die Sicherheit nicht gewährleistet werden kann oder das Lehrpersonal geflohen ist. "Die Langzeitfolgen dieses Bildungsmassakers sind katastrophal", warnte Delius. "Denn eine ganze Generation wird um ihre Chancen gebracht, langfristig ihre Lebenssituation durch eine bessere Ausbildung zu verbessern. Für die ohnehin verarmten und vernachlässigten Regionen im Nordosten des Landes ist dieser Krieg gegen die Kinder ein Desaster."

Die GfbV erinnert auch an das Schicksal der im April 2014 von Boko Haram entführten 219 Schülerinnen aus dem Dorf Chibok. Am 14. Januar werden die Mädchen seit neun Monaten in der Hand ihrer islamistischen Entführer sein. "Die Chibok-Mädchen dürfen nicht vergessen werden. Es ist ein Skandal, wie Nigerias Regierung und Sicherheitskräfte bei der Aufklärung ihres Schicksals und ihrer Befreiung versagen", erklärte Delius.

Die Gewalt im Nordosten Nigerias hat in den letzten drei Monaten massiv zugenommen. So kamen 676 Menschen im November 2014 bei Überfällen, Anschlägen und Kämpfen zu Tode. Im Dezember starben 608 Personen. Im Januar 2015 dürfte die Zahl der Toten nochmals deutlich zunehmen, da bei der Zerstörung der Stadt Baga am 4. Januar zwischen 400 und 2.000 Menschen getötet wurden. An diesem Wochenende starben weitere 220 Menschen, darunter rund 200 Personen bei Kämpfen zwischen der Armee und Boko Haram an der Grenze zwischen den Bundesstaaten Adamawa und Borno.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 11. Januar 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Januar 2015


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