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AFRIKA/490: Sudan - Öffentliche Diskussion über Massenvergewaltigung hilft Opfern sexueller Gewalt


Presseerklärung vom 13. November 2014

Streit um mutmaßliche Massenvergewaltigung in Darfur:

Öffentliche Diskussion hilft Opfern sexueller Gewalt im Sudan



Nach Jahren der Tabuisierung sexueller Gewalt im Krieg hat der Streit um eine mutmaßliche Massenvergewaltigung in Darfur eine öffentliche Diskussion im Sudan über das Ausmaß und die Folgen dieser Gewaltverbrechen ausgelöst. "Den zehntausenden Opfern dieser international geächteten Kriegsführung im Westen des Sudan kann dies nur helfen", erklärte Ulrich Delius, Afrikareferent der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), am Donnerstag in Göttingen. "Denn die Betroffenen benötigen dringend mehr medizinische, psychologische, wirtschaftliche und soziale Hilfe. Unabhängig davon, ob diese Massenvergewaltigung tatsächlich stattgefunden hat, ist sexuelle Gewalt gegen Frauen und Männer in Darfur weit verbreitet. Wenn den Opfern nicht mehr die Ausgrenzung aus der sudanesischen Gesellschaft droht, werden auch mehr Gewaltverbrechen angezeigt und Täter vor Gericht gebracht werden können."

Soldaten einer Armee-Einheit werden beschuldigt, nach dem Verschwinden eines Kameraden in dem Dorf Tabit in Nord-Darfur in der Nähe ihrer Garnison am 31. Oktober und 1. November 2014 mehr als 200 Frauen und Mädchen aus Vergeltung vergewaltigt zu haben. Seit Tagen eskaliert der politische Streit um die mutmaßliche Vergewaltigung in der sudanesischen Hauptstadt. Während sudanesische Menschenrechtler und Oppositionsparteien nachdrücklich eine unabhängige Untersuchung des Geschehens fordern, streitet die Regierung ab, dass Gewaltverbrechen begangen wurden. Eine für Mittwoch geplante Mahnwache sudanesischer Nichtregierungsorganisationen und Jugendorganisationen der Oppositionsparteien wurde von den Behörden mit einer massiven Konzentration von Sicherheitskräften am Demonstrationsort verhindert.

Rechercheuren der UNAMID-Friedenstruppe, die nach der Massenvergewaltigung in dem betroffenen Dorf waren, schenken Sudans Oppositionsparteien und Menschenrechtsgruppen kein Vertrauen mehr. Die UNAMID-Mitarbeiter hatten am 10. November 2014 öffentlich erklärt, sie hätten keine Beweise für Gewaltverbrechen in Tabit gefunden. Zunächst war den Rechercheuren fünf Tage lang (4. bis 9.11.2014) der Besuch des Dorfes von den Behörden untersagt worden. Als sie schließlich mit der Zivilbevölkerung sprechen konnten, waren in dem Ort überall sudanesische Soldaten zugegen. "Angesichts der durch die massive Militärpräsenz eingeschüchterten Dorfbewohner war nicht zu erwarten, dass den Rechercheuren die Geschehnisse freimütig erzählt werden", sagte Delius. "Mit so unprofessionellen Recherchen verspielt die UNAMID ihre Glaubwürdigkeit unter den Darfuris." Nachdem ein interner UN-Bericht der UNAMID jüngst bescheinigte, dass in ihren Reporten an den Weltsicherheitsrat negative Ereignisse tendenziell heruntergespielt werden, hatte sich UN-Generalsekretär Ban Ki-moon am 29. Oktober 2014 sehr besorgt gezeigt.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 13. November 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2014


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