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AFRIKA/265: Trotz Verbot Großdemonstration in Algier geplant


Presseerklärung vom 10. Februar 2011

Trotz Verbot Großdemonstration in Algier geplant (12.2.)

Deutschland verkauft lieber Kriegsschiffe an Algerien, als sich für Demokratie einzusetzen


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der deutschen Bundesregierung vorgeworfen, ihrem verbalen Engagement für Menschenrechte in Nordafrika keine Taten folgen zu lassen. "Statt sich für Demokratie in Algerien einzusetzen, verkauft Deutschland lieber Fregatten an das marode Regime in Algier", kritisierte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. "Während sich Algeriens Menschenrechtler, Gewerkschafter und Oppositionsparteien unter massiver Einschüchterung der Behörden auf eine verbotene Großdemonstration am Samstag in Algier vorbereiten, schweigt Berlin zur katastrophalen Menschenrechtslage. Aus dem Debakel der Unrechtsregimes in Ägypten und Tunesien hat die Bundesregierung offensichtlich nichts gelernt. Bis zum Sturz der letzten Diktatoren Nordafrikas wird weiter gemacht nach dem Motto: nichts hören, nichts sehen, nichts sagen!"

Die algerische Zeitung "Le Soir d'Algérie" hatte in ihrer Ausgabe vom 7.2.2011 berichtet, dass sich der algerische Staatspräsident Abdelaziz Bouteflika bei seinem Berlin-Besuch im Dezember 2010 mit Bundeskanzlerin Angela Merkel darauf verständigt habe, dass Deutschland Algerien zwei Fregatten liefern soll. Die beiden 3.500-Tonnen-Kriegsschiffe vom Typ Meko 200 der Firma Thyssen Krupp haben einen Wert von jeweils 150 Millionen Euro. Der Vertrag soll bis zum Juni 2011 unterzeichnet werden. Eine Sprecherin von Thyssen Krupp wollte zu dem Bericht nicht Stellung nehmen.

Zu der Demonstration in Algier am kommenden Samstag ruft ein breites Spektrum von Menschenrechtlern, Frauengruppen, Gewerkschaftern, kabylischen Sängern, Dorfvertretungen in der Kabylei und Oppositionsparteien auf. Es wird mit einer Konfrontation zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften gerechnet. Staatliche Medien diffamieren die Demonstranten bereits und verbreiten Falschmeldungen über Absagen des Protests. "Dies zeigt, wie nervös die Behörden sind", sagte Delius. "Auch mit der Ankündigung einer baldigen Aufhebung des seit 19 Jahren bestehenden Ausnahmezustandes konnten die Regierungskritiker nicht beruhigt werden."

Als am 22. Januar trotz eines Verbots die vor allem von Angehörigen des Volkes der Kabylen unterstützte Oppositionspartei "Rassemblement pour la Culture et la Démocratie" (RCD) demonstrierte, mobilisierten die Behörden 19.000 Polizisten. Der Zug- und Busverkehr in und nach Algier wurde eingestellt und Studentenwohnheime wurden für 24 Stunden hermetisch abgeriegelt.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 10. Februar 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Februar 2011