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AFRIKA/244: Tansania - Massai wehren sich gegen Großwildjäger


Presseerklärung vom 27. August 2010

Tansania: Nach ihrer Vertreibung aus dem Serengeti-Park wurden Massai erneut zwangsumgesiedelt

Massai-Ureinwohner wehren sich gegen Vertreibung durch Großwildjäger


Nach einem Hilferuf aus Tansania hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Tourismus-Ministerin des ostafrikanischen Landes am Freitag aufgefordert, die Vertreibung von Massai aus dem Loliondo-Wildpark jetzt zu stoppen. "Bitte verlängern Sie nicht die gerade ausgelaufene Jagdlizenz für Großwildjagden und ermöglichen Sie den Ureinwohnern so die Rückkehr auf ihr Land", appellierte die Menschenrechtsorganisation an Frau Shamsa Mwangunga. Das arabische Unternehmen Ortello Business Corporation (OBC), das Jagden auf Großwild organisiert, hat in den vergangenen Jahren mehr als 3.000 Massai gewaltsam aus dem Wildpark vertreiben und rund 200 ihrer Behausungen niederbrennen lassen, um eine Rückkehr der Ureinwohner zu verhindern.

"Doch ihre Vertreibung wollen die Halbnomaden nicht tatenlos hinnehmen", berichtete der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. "Sie haben ein breites Bündnis von Nichtregierungsorganisationen in Tansania hinter sich, das sich für ihre Rückkehr in den Wildpark einsetzt." Im April 2010 hatten etwa 3.000 Massai-Frauen die Initiative ergriffen und für eine Rückkehr der Vertriebenen nach Loliondo demonstriert. Viele Frauen waren damals tagelang aus ihren Lagern und Dörfern in die Provinzhauptstadt Ngorongoro gelaufen, um an dem Protest teilzunehmen. Die Behörden reagierten mit Verfolgung: Mehrere Dutzend Frauen wurden verhaftet und Hunderte gewaltsam mit Lastwagen abtransportiert, um weitere Demonstrationen zu verhindern. Die Aktion der Frauen hatte in ganz Tansania Aufsehen erregt. So entstand ein breites Bündnis von Unterstützerorganisationen, dem neben Massai-Aktivisten, Bürgerrechtler, Umweltschützer, kirchliche Organisationen aller Konfessionen, Frauenverbände, Journalisten und Juristen angehören.

Das Bündnis will durchsetzen, dass die ausgelaufene Jagdkonzession für OBC nicht verlängert wird. Das Unternehmen, das der Familie des Scheichs der Vereinigten Arabischen Emirate gehört, pachtete das Land in Loliondo für Großwildjagden schon 1992. Für Tansanias Regierung ist der Jagdtourismus ein einträgliches Geschäft, das jedes Jahr 80 Millionen in die Kassen des Staates bringt. Das Nachsehen haben die von der Ziegen- und Rinderzucht lebenden Ureinwohner. Die in Loliondo lebenden Massai stammen ursprünglich aus der Serengeti. Als dort 1951 der berühmte Nationalpark gegründet wurde, wurden sie nach Loliondo vertrieben. Nun wurden sie auch dort ausgesiedelt und wissen nicht, wo sie neues Weideland für ihre 50.000 Ziegen und Rinder finden.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 27. August 2010
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. August 2010