Amnesty International - 17. September 2016
Ägypten: Kritische Stimmen sollen mundtot gemacht werden
17. September 2016 - Ein Strafgericht in Kairo hat am 17. September entschieden, dass die Bankkonten von zahlreichen Aktivistinnen und Aktivisten und Organisationen eingefroren werden. Betroffen sind führende und preisgekrönte Menschenrechtsanwältinnen und -anwälte und andere Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger. Amnesty International betrachtet das Urteil als einen unverhohlenen Angriff auf die ägyptische Menschenrechtsbewegung.
Hinter der richterlichen Anordnung stehen politisch motivierte Vorwürfe über die Verwendung ausländischer Finanzmittel für illegale Zwecke. Die betroffenen Personen müssen möglicherweise mit strafrechtlicher Verfolgung und Gefängnisstrafen von bis zu 25 Jahren rechnen, was in Ägypten einer lebenslangen Freiheitsstrafe entspricht.
"Die Behörden nehmen dieses Verfahren zum Anlass, um die ägyptischen Menschenrechtsbewegung zum Schweigen zu bringen. Gleichzeitig geht die Regierung unvermindert brutal gegen Andersdenkende vor und macht Verschwindenlassen und Folter zur Staatspolitik. Ägypten braucht diese kritischen Stimmen jetzt mehr denn je", so Philip Luther, Direktor der Abteilung Mittlerer Osten und Nordafrika bei Amnesty International.
"Wir fordern, dass diese ungerechte Entscheidung umgehend rückgängig gemacht wird und die ägyptischen Behörden damit aufhören, die betroffenen Personen und ihre Familienangehörigen zu drangsalieren. Hier wird ganz eindeutig das Strafjustizsystem dazu missbraucht, jede Kritik an der sich dramatisch verschlechternden Menschenrechtslage zu ersticken."
Das Gericht hat das Einfrieren der Finanzmittel folgender Personen angeordnet:
Zudem wurden auch die Bankkonten der Organisationen CIHRS, HMLC und ECRE eingefroren. Der Status der Finanzmittel von EIPR und ANHRI ist noch unklar. Sie wurden zwar in der Gerichtsverhandlung nicht erwähnt, doch es ist möglich, dass sie auch betroffen sind, da sie mit Hossam Baghat und Gamal Eid in Verbindung gebracht werden können, deren persönliche Finanzmittel eingefroren wurden. Das Gericht entschied, dass die Finanzmittel von Familienangehörigen der Angeklagten nicht eingefroren werden.
Die Verfahren waren von einigen Richtern eingeleitet worden, die Ermittlungen gegen Aktivitäten von Menschenrechtsgruppen leiten. Die Vorwürfe beziehen sich unter anderem auf die Übertragung von Geldern an mutmaßliche illegale Organisationen und die Nutzung dieser Gelder für illegale Zwecke. Die vage formulierten Vorwürfe gegen die Menschenrechtsorganisationen lauten, die "nationalen Interessen" Ägyptens zu verletzen, den "öffentlichen Frieden zu stören" und gegen die "Sicherheit und öffentliche Ordnung" zu verstoßen. Die von den Sicherheitsbehörden vorgelegten Beweise beziehen sich allesamt auf die Menschenrechtsarbeit der Aktivistinnen und Aktivisten.
In den vergangenen Monaten haben die ägyptischen Behörden verstärkt Einschränkungen gegen Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger sowie Menschenrechtsorganisationen verhängt, beispielsweise in Form von Reiseverboten, dem Einfrieren von Finanzmitteln und Schließungsanordnungen gegen die Organisationen.
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Quelle:
Mitteilung vom 17. September 2016
https://www.amnesty.de/2016/9/17/aegypten-kritische-stimmen-sollen-mundtot-gemacht-werden?destination=startseite
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. September 2016
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