Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

GRUNDSÄTZLICHES/314: "Recht auf Privatsphäre" (ai journal)


amnesty journal 08/09/2014 - Das Magazin für die Menschenrechte

In wichtiger Mission

von Ramin M. Nowzad



Drei Tage lang wurde beraten, gestritten und abgestimmt: Auf der Jahresversammlung von Amnesty International in Münster diskutierten Mitglieder aus ganz Deutschland darüber, welchen Weg die Menschenrechtsorganisation künftig einschlagen soll. Dabei stand das "Recht auf Privatsphäre" ganz oben auf der Agenda.


Die Welt zu retten, kann ziemlich frustrierend sein. Besonders, wenn das Pfingstwochenende begonnen hat und die Sonne wie Scheinwerferlicht vom Himmel knallt. In der westfälischen Universitätsstadt Münster gäbe es bei solch einem Wetter viele Orte, an denen sich das Leben genießen ließe. Die schnöden Konferenzräume der Mehrzweckhalle "Münsterland" gehören eher nicht dazu. Wer sich hier ein sonniges Wochenende um die Ohren schlägt, muss den Verstand verloren haben. Oder er hat eine wichtige Mission - wie die rund 500 Amnesty-Mitglieder, die am 6. Juni aus allen Himmelsrichtungen nach Westfalen angereist waren, um über die Zukunft der deutschen Sektion von Amnesty International zu entscheiden.

"Jahresversammlung" - so heißt die Veranstaltung, die jedes Jahr zu Pfingsten an wechselnden Orten in Deutschland stattfindet. Drei Tage lang wird beraten, gestritten und abgestimmt, welchen Weg die Menschenrechtsorganisation künftig einschlagen soll. In diesem Jahr trafen sich die Delegierten in Münster. Und wie es der Zufall wollte, jährte sich während des Treffens ein Ereignis, das Amnesty vor immense Herausforderungen stellt. Vor genau einem Jahr war ein junger IT-Experte mit einem Schlag weltberühmt geworden: Edward Snowden hatte die Welt im Juni 2013 mit seinen Enthüllungen in einen Schockzustand versetzt. Seither wissen wir, dass die NSA und andere westliche Geheimdienste Festplatten ausspähen, Telefonate belauschen und SMS mitlesen. Weltweit. Selbst das Handy der Bundeskanzlerin ist nicht sicher.

Das "Recht auf Privatsphäre" ist seither in aller Munde. Und es bewegte auch die Delegierten in Münster: Mit großer Mehrheit beschlossen sie, dass sich die deutsche Amnesty-Sektion in dieser Debatte künftig deutlicher zu Wort melden soll. Doch auch die Bundesregierung sahen die Delegierten in der Pflicht: Diese müsse sicherstellen, dass ausländische Datenschnüffler strafrechtlich verfolgt werden. Außerdem müsse sie die Rolle deutscher Geheimdienste in der Abhöraffäre klären.

Ein weiteres Thema, das die Amnesty-Mitglieder umtrieb, war der Schutz von Flüchtlingen. Weltweit sind derzeit mehr als 50 Millionen Menschen auf der Flucht. In Münster gedachten die Delegierten der Flüchtlinge, die beim Versuch, Europas Außengrenzen zu überwinden, ums Leben gekommen sind. Europas Staats- und Regierungschefs riefen sie dazu auf, in der Flüchtlingspolitik einen Richtungswechsel einzuleiten. "Der Schutz von Menschen und nicht von Grenzen muss im Mittelpunkt stehen", sagte Vorstandssprecher Oliver Hendrich zum Abschluss der Jahresversammlung.

Auch zwei Posten des ehrenamtlichen Vorstandes wurden in Münster neu besetzt: Die 35-jährige Berlinerin Susanne Baldin wird im Vorstand künftig für Länderarbeit zuständig sein. Zur stellvertretenden Vorstandssprecherin wählten die Delegierten Nadja Wenger. Die Studentin aus Erlangen ist das jüngste Mitglied des siebenköpfigen Vorstandes. Die 25-Jährige sieht darin eine besondere Chance: "Ich freue mich darauf, die Anliegen junger Amnesty-Mitglieder in den Vorstand zu tragen", sagte sie nach ihrer Wahl.

*

Quelle:
amnesty journal, August/September 2014, S. 64
Herausgeber: amnesty international
Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V., 53108 Bonn
Telefon: 0228/98 37 30, E-Mail: info@amnesty.de
Redaktionsanschrift: Amnesty International, Redaktion amnesty journal,
Postfach 58 01 61, 10411 Berlin, E-Mail: ai-journal@amnesty.de,
Internet: www.amnesty.de
 
Das amnesty journal erscheint monatlich.
Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.
Nichtmitglieder können das amnesty journal für
30 Euro pro Jahr abonnieren.
Ein Einzelheft kostet 4,80 Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Dezember 2014


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang