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ASIEN/281: Philippinen - Polizei foltert regelmäßig


Amnesty International - Pressemitteilung vom 4. Dezember 2014

Philippinische Polizei foltert regelmäßig

Amnesty-Bericht dokumentiert Folter auf philippinischen Polizeistationen. Trotz internationaler Verträge und eines nationalen Antifoltergesetzes ist bis heute kein einziger Beamter verurteilt worden



BERLIN, 04.12.2014 - Philippinische Polizisten können weitgehend ungehindert foltern und müssen keine Angst vor einer Verurteilung haben. Das stellt ein heute veröffentlichter Bericht von Amnesty International fest. Obwohl die Philippinen zwei wichtige internationale Abkommen gegen Folter ratifiziert haben, nutzen Polizisten ungestraft Misshandlungsmethoden wie Elektroschocks, vorgetäuschte Hinrichtungen, Waterboarding, Schläge und Vergewaltigung. Sie foltern vor allem, um Geständnisse von mutmaßlichen Straftätern zu erpressen.

"Eigentlich sollen Polizisten die Menschen schützen und ihnen helfen. Doch auf den Philippinen passiert häufig das genaue Gegenteil. Zu viele Polizeibeamte missbrauchen ihre Macht und foltern die Bürgerinnen und Bürger", sagt Jochen Range, Philippinen-Experte bei Amnesty International in Deutschland.

2009 haben die Philippinen ein Anti-Folter-Gesetz verabschiedet, seither wurde aber kein einziger Beamter aufgrund dieses Gesetzes verurteilt. "Wir begrüßen das philippinische Anti-Folter-Gesetz. Wenn es allerdings nicht konsequent durchgesetzt wird, ist es völlig wertlos", sagt Range. "Die Straflosigkeit für Folterer führt dazu, dass die Polizei faktisch über dem Gesetz steht." Mittlerweile habe die philippinische Öffentlichkeit das Vertrauen in die Polizei gänzlich verloren. "Nur wenige Menschen trauen sich, Beschwerden gegen die Polizei zu erheben. Die meisten haben Angst, dass die Polizisten sich an ihnen oder ihren Angehörigen rächen", erklärt Range. Trotzdem hat die philippinische Menschenrechtskommission seit 2001 457 Berichte über Folter und Misshandlungen erhalten. Keiner davon führte zu einer Verurteilung.

"Durch die Ratifizierung internationaler Abkommen gegen Folter hätte die Regierung zu einem Vorbild in Asien werden können. Diese Möglichkeit hat sie verpasst, weil sie keine effizienten Mechanismen zur Verhinderung von Folter eingeführt hat, beispielsweise unangemeldete Kontrollen in den Haftstationen der Polizei", sagt Range. Auch eine unabhängige Beschwerdekommission ist bis heute nicht eingerichtet. "Die Regierung muss eine unabhängige Stelle schaffen, die jeden Bericht über Folter untersucht und Strafverfolgung einleitet. Das ist eine klare Forderung der internationalen Abkommen gegen Folter. Solange sie das nicht tut, sind die Ratifizierungen nur leere Versprechen", erklärt Range.

Für den Bericht hat Amnesty die Aussagen von über 55 Folterüberlebenden ausgewertet. Viele der interviewten Folteropfer waren Jugendliche. Mehrere sagten aus, dass sie mit vorgehaltener Pistole bedroht wurden und "russisch Roulette" mit ihnen gespielt wurde. Der Bericht dokumentiert auch mehrere Fälle, in denen Gefangene angeschossen und schwer verletzt sich selbst überlassen wurden.

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AMNESTY INTERNATIONAL ist eine von Regierungen, politischen Parteien, Ideologien, Wirtschaftsinteressen und Religionen unabhängige Menschenrechtsorganisation. Amnesty kämpft seit 1961 mit Aktionen, Appellbriefen und Dokumentationen für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt. Die Organisation hat weltweit drei Millionen Unterstützer. 1977 erhielt Amnesty den Friedensnobelpreis.

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Quelle:
ai-Pressemitteilung vom 4. Dezember 2014
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2014


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