Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/980: Urgent Action - Aserbaidschan - AktivistInnen von Polizei verprügelt


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-079/2012, AI-Index: EUR 55/003/2012, Datum: 8. März 2012 - we

Aserbaidschan
AktivistInnen von Polizei verprügelt


Herr JABBAR SAVALAN
Herr DAYANAT BABAYEV
Herr MAJID MARJANLI
Herr ABULFAZ GURBANLY
Frau BEYIN HASANLI
Herr BABEK HASANOV
Herr MAHAMMAD MAJIDLI

PolizeibeamtInnen haben am 6. März fünf junge AktivistInnen während und nach deren Teilnahme an friedlichen Protesten in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, geschlagen. Den Protesten waren Berichte vorangegangen, laut derer zwei gewaltlose politische Gefangene während der Verlegung in andere Gefängnisse geschlagen worden sein sollen. Die Protestierenden wurden gewaltsam von der Polizei auseinandergetrieben.

Jabbar Savalan und Dayanat Babayev wurden zusammen mit 14 weiteren Protestierenden und einem Journalisten festgenommen, als die Polizei eine Demonstration im Zentrum Bakus gewaltsam auflöste. Bei ihrer Festnahme wurden die beiden Aktivisten zum Opfer von Schlägen. Die Festgenommenen wurden anschließend auf die Polizeiwache in Yasamal, dem 28. Bezirk der Hauptstadt gebracht, wo Majid Marjanli, ein weiterer Aktivist, während seines Verhörs von PolizeibeamtInnen geschlagen wurde.

Laut der Aussagen von Augenzeugen, setzte die Polizei einen Elektroschocker gegen Abulfaz Gurbanly ein, den 29-jährigen Vorsitzenden einer oppositionellen Jugendgruppe. Er soll danach außerdem von PolizeibeamtInnen getreten und geschlagen worden sein, während er sich gemeinsam mit weiteren Häftlingen in einer Zelle befand. Abulfaz Gurbanly gab zu einem späteren Zeitpunkt an, dass die PolizeibeamtInnen ihn anschließend in eine andere Zelle gebracht haben, wo sie ihm erneut Elektroschocks zufügten und ihn weiter schlugen. Er hatte sich zuvor mit einem Polizeibeamten gestritten, der der Gefangenen Beyin Hasanliins Gesicht geschlagen hatte.

Zu dem Protest kam es, nachdem Medien am Abend des 5. März berichtet hatten, dass die beiden Häftlinge Babek Hasanov und Mahammad Majidli während der Verlegung von Gefängnis Nr. 16 zu Gefängnis Nr. 14 von Polizeiwachen verprügelt worden waren. Die beiden Männer waren zuvor festgenommen worden, nachdem sie am 2. April 2011 an friedlichen Prosten teilgenommen hatten und wurden zu Haftstrafen von 18 Monaten beziehungsweise zweieinhalb Jahren verurteilt. Beide Männer sind gewaltlose politische Gefangene.

Alle Aktivisten, die während der Proteste am 6. März festgenommen worden waren, wurden nach vier Stunden wieder freigelassen, erhielten jedoch Geldbußen oder Verwarnungen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die Behörden in Aserbaidschan haben friedliche regierungskritische Proteste durch ein Demonstrationsverbot und die Inhaftierung von OrganisatorInnen und TeilnehmerInnen an Demonstrationen, wirksam kriminalisiert. Die Polizei löst friedliche Demonstrationen, die offiziell verboten sind, unter exzessiver Anwendung von Gewalt auf. Drohungen und Einschüchterungsversuche gegen MenschenrechtsverteidigerInnen werden in Verbindung mit legislativen und verwaltungstechnischen Maßnahmen dazu eingesetzt, zivilgesellschaftliche Gruppen, die sich für Demokratie und Menschenrechte stark machen, zu schließen und die Anmeldung neuer Mitglieder zu verhindern.

JournalistInnen werden geschlagen, misshandelt und entführt, während gleichzeitig die Arbeit der Medien durch gesetzliche Verbote eingeschränkt wird, die es ausländischen Rundfunksendern untersagen, auf aserbaidschanischen Frequenzen zu senden.

Neue Möglichkeiten, vom Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch zu machen, wie das Internet und soziale Medien, sind ebenfalls nicht frei nutzbar. Blogger und junge AktivistInnen werden zum Teil aufgrund erfundener Anschuldigungen drangsaliert und inhaftiert. Die Regierung in Aserbaidschan erwägt derzeit Methoden einzusetzen, mit denen man die Internetnutzung steuern und überwachen könnte.

Aus Frustration über die immer stärker werdenden Kontrollmaßnahmen, gingen im März und April 2011 hunderte Menschen auf die Straße um demokratische Reformen und eine stärkere Achtung der Menschenrechte zu fordern.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE LUFTPOSTBRIEFE UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich fordere Sie auf, eine sofortige Untersuchung der Schläge gegen die friedlichen Protestierenden Jabbar Savalan, Dayanat Babayev, Majid Marjanli, Abulfaz Gurbanly und Beyin Hasanli am 6.März anzuordnen.

- Leiten Sie bitte umgehend eine Untersuchung der Berichte darüber ein, dass die beiden gewaltlosen politischen Gefangenen Babek Hasanov and Mahammad Majidli während ihrer Zeit in Haft geschlagen worden sind.

- Ich bitte Sie nachdrücklich, friedliche Proteste zu erlauben.

- Ich fordere Sie zudem auf, alle gewaltlosen politischen Gefangenen in Aserbaidschan unverzüglich und bedingungslos freizulassen.


APPELLE AN

STAATSANWALT DES BEZIRKS YASAMAL
Hesret Pirmammadov
47 Tbilisi Prospect
Baku AZ 1065
ASERBAIDSCHAN
(korrekte Anrede: Dear Prosecutor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)
Fax: (00 994) 12 430 57 00
E-Mail: h.pirmammadov@prosecutor.gov.az

OMBUDSPERSON
Elmira Suleymanova
40 Uz. Hajibeyov Street
Baku AZ1000
ASERBAIDSCHAN
(korrekte Anrede: Dear Ombudsperson / Sehr geehrte Frau Suleymanova)
Fax: (00 994) 12 498 23 65
E-Mail: ombudsman@ombudsman.gov.az


KOPIEN AN

PRÄSIDENT DER REPUBLIK ASERBAIDSCHAN
Ilham Aliyev
Office of the President of the Azerbaijan Republic
19 Istiqlaliyyat Street
Baku AZ1066
ASERBAIDSCHAN
Fax: (00 994) 12 492 0625
E-Mail: office@pa.gov.az

BOTSCHAFT DER REPUBLIK ASERBAIDSCHAN
S.E. Herrn Parviz Shahbazov
Hubertusallee 43, 14193 Berlin
Fax: 030-2191 6152
E-Mail: berlin@mission.mfa.gov.az


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch, Russisch, Aserbaidschanisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 19. April 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Calling on the authorities to order an immediate investigation into the beating of peaceful protesters Jabbar Savalan, Dayanat Babayev, Majid Marjanli, Abulfaz Gurbanly and Beyin Hasanli on 6 March 2012.

- Calling on them to order an immediate investigation into reports that prisoners of conscience Babek Hasanov and Mahammad Majidli were beaten while in prison.

- Urging them to allow peaceful protest.

- Calling for the immediate and unconditional release of all prisoners of conscience in Azerbaijan.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Die Behörden erstickten diese ersten Zeichen von Protesten in der Bevölkerung mit einer neuen Welle an Unterdrückung und Einschüchterungen. Nach den Protesten wurden 14 Personen wegen der Organisation oder der Teilnahme an regierungskritischen Kundgebungen verurteilt. Drei AktivistInnen wurden aufgrund von konstruierter Anschuldigungen festgenommen und inhaftiert: zwei junge Mitglieder der Opposition und ein Menschenrechtsverteidiger. Zwei der 17 als gewaltlose politische Gefangene betrachteten Häftlinge sind freigelassen worden, nachdem Amnesty International eine Kampagne für ihre Freilassung gestartet hatte. Während Aserbaidschan sich auf die Ausrichtung des Eurovision Song Contest im Mai 2012 vorbereitet, befinden sich weiterhin 15 gewaltlose politische Gefangene in Haft. Viele von ihnen wurden nur deshalb inhaftiert, weil sie bei einem Protest im April 2011 friedlich von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht haben. Junge AktivistInnen und zivilgesellschaftliche Organisationen in Aserbaidschan unterstützen Amnesty International bei der Forderung nach der unverzüglichen und bedingungslosen Freilassung aller gewaltlosen politischen Gefangenen in Aserbaidschan. Nachdem die aserbaidschanischen Presse am 5. März darüber berichtete, dass Babek Hasanov und Mahammad Majidli während ihrer Verlegung von Gefängnis Nr.16 ins Gefängnis Nr.14 geschlagen wurden, kamen spontan junge AktivistInnen zu einem Protest zusammen. Rund 60 AktivistInnen versammelten sich am Morgen des 6. März nahe der Nationalen Akademie der Wissenschaften im Stadtteil Yasamal der Hauptstadt Baku, um die sofortige Freilassung und ein Ende der Misshandlungen aller gewaltlosen politischen Gefangenen zu fordern.


*


Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-079/2012, AI-Index: EUR 55/003/2012, Datum: 8. März 2012 - we
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Postfach - 53108 Bonn
Heerstr. 178, 53111 Bonn
Telefon:+ 49 228 98373-0, Fax: +49 228 630036
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. März 2012