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AKTION/802: Urgent Action - Bahrain - Gerichtsverfahren wegen "Verbreitung von Gerüchten


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-287/2011, AI-Index: MDE 11/050/2011, Datum: 22. September 2011 - gs

Bahrain
Gerichtsverfahren wegen "Verbreitung von Gerüchten"


HASHIM ADEL MOHAMMED SAEED AL MOSAWI, 22-jähriger Angestellter

Herr Hashim Adel Mohammed Saeed Al Mosawi befindet sich seit März 2011 unter der Anschuldigung in Haft, an Protesten für Reformen in Bahrain beteiligt gewesen zu sein. Er gibt an, im Gewahrsam gefoltert worden zu sein. Die nächste Gerichtsverhandlung, auf der auch das Urteil verkündet werden wird, ist für den 28. September 2011 anberaumt worden. Wahrscheinlich handelt es sich bei Hashim Adel Mohammed Saeed Al Mosawi um einen gewaltlosen politischen Gefangenen. Der 22 Jahre alte Hashim Adel Mohammed Saeed Al-Mosawi, Absolvent der britischen Universität in Newcastle und Angestellter des Unternehmens General Electric, ist am 18. März 2011 in der Hauptstadt Manama auf dem Parkplatz des Marriot-Hotels offenbar ohne Haftbefehl festgenommen worden. Anschließend hielt man ihn annähernd vier Monate lang ohne Kontakt zur Außenwelt in staatlichem Gewahrsam. Die ersten zehn Tage nach seiner Festnahme verbrachte Hashim Adel Mohammed Saeed Al-Mosawi nach eigenen Angaben in Einzelhaft und wurde während dieser Zeit gefoltert. Er berichtete, geschlagen und gezwungen worden zu sein, über mehrere Stunden hinweg stehend auszuharren. Anschließend habe man ihn gezwungen, eine Erklärung zu unterschreiben, ohne deren Inhalt lesen zu dürfen. Die Erklärung wurde später offenbar als ein "Geständnis" in den Prozess eingeführt. Nach Unterzeichnung des Papiers durfte Hashim Adel Mohammed Saeed Al-Mosawi erstmals seine Familie anrufen und ihr mitteilen, dass er im Innenministerium inhaftiert sei. Später wurde er in das in Manama gelegene Gefängnis Dry Dock gebracht und dort zehn Tage lang in Einzelhaft gehalten. Während dieser zehn Tage ist er nach eigenen Angaben vom Wachpersonal beschimpft und geschlagen worden. Anschließend verlegte man Hashim Adel Mohammed Saeed Al-Mosawi in einen anderen Trakt des Gefängnisses, in dem er gemeinsam mit anderen Insassen untergebracht war.

Der Prozess gegen Hashim Adel Mohammed Saeed Al-Mosawi begann am 6. Juli vor dem erstinstanzlichen Nationalen Sicherheitsgericht, einem Gericht der Militärjustiz. Die Anklage gegen ihn lautete, während der regierungsfeindlichen Proteste vom Februar und März 2011 "Gerüchte über die Regierung verbreitet zu haben". Nach Prozesseröffnung wurde das Verfahren bis zum 22. August vertagt und die weiteren Verhandlungen einem Gericht der zivilen Justiz übertragen. Der Rechtsanwalt von Hashim Adel Mohammed Saeed Al-Mosawi durfte erst nach der Eröffnungsverhandlung kurz mit seinem Mandanten sprechen. Der Prozess wurde im weiteren Verlauf erneut zwei Mal vertagt und erst am 21. September wieder fortgesetzt. Mit der Urteilsverkündung wird am 28. September gerechnet.

Die Behörden verdächtigen Hashim Adel Mohammed Saeed Al-Mosawi offenbar, Informationen über die politische Lage in Bahrain per Telefon, E-Mail und Twitter an ProtestteilnehmerInnen und ausländische JournalistInnen weitergegeben zu haben. Hashim Adel Mohammed Saeed Al-Mosawi weist die gegen ihn erhobene Anklage zurück, für die nach Auskunft seines Rechtsanwalts von der Staatsanwaltschaft keine Beweise vorgelegt worden sind. Es hat somit den Anschein, als sei Hashim Adel Mohammed Saeed Al-Mosawi allein wegen seiner tatsächlich oder vermeintlich geäußerten Kritik an der Regierung festgenommen worden. In diesem Fall würde Amnesty International ihn als gewaltlosen politischen Gefangenen ansehen und sich für seine unverzüglich und bedingungslose Freilassung einsetzen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Der Rechtsanwalt von Hashim Adel Mohammed Saeed Al-Mosawi hat mehrmals vergeblich beantragt, seinen Mandanten gegen Kaution vorläufig aus der Haft zu entlassen. Einige dieser Anträge waren vor dem Hintergrund gestellt worden, dass die 16 Jahre alte Schwester von Hashim Adel Mohammed Saeed Al-Mosawi an Blutkrebs erkrankt ist und dringend eine Bluttransfusion benötigt. Hashim Adel Mohammed Saeed Al-Mosawi hat dieselbe Blutgruppe wie seine Schwester. Er möchte in das Krankenhaus von Salmaniya gebracht werden, um dort Blut für seine Schwester zu spenden.

In Bahrain sind derzeit noch Militärgerichtsverfahren gegen zahlreiche MitarbeiterInnen des Gesundheitswesens, MenschenrechtsaktivistInnen, LehrerInnen und andere Personen anhängig. Seit den Demonstrationen vom Februar und März am Verkehrskreisel Pearl in Manama sind Monate vergangen, doch die Menschenrechtssituation in Bahrain ist nach wie vor äußerst angespannt. Im Zusammenhang mit den gegen die Regierung gerichteten Protesten sind Hunderte Menschen festgenommen und viele von ihnen nach vorliegenden Meldungen gefoltert worden. Zahlreiche Personen mussten sich in unfairen Prozessen vor Militärgerichten verantworten. Und mindestens 2500 weitere Menschen verloren ihren Arbeitsplatz oder wurden bis auf Weiteres vom Dienst suspendiert.

Am 22. Juni wurden 15 Oppositionelle, die sich in führender Funktion an den Demonstrationen vom Februar und März beteiligt hatten, aufgrund vage formulierter Anklagen wegen Terrorismus schuldig gesprochen und zu hohen Freiheitsstrafen bis hin zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die rechtskräftigen Urteile werden am 28. September gesprochen werden.

Am 29. Juni ordnete der König von Bahrain per Erlass an, sämtliche im Zusammenhang mit den Demonstrationen vom Februar und März 2011 eingeleiteten Verfahren an Gerichte der zivilen Justiz zu verweisen. Mit einem weiteren Erlass vom 18. August (Erlass 28/2011) ordnete er an, dass schwere Straftaten weiterhin vor dem Nationalen Sicherheitsgericht erster Instanz verhandelt werden sollen und die Gerichte der zivilen Justiz nur für minderschwere Delikte zuständig sein sollen.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Es macht mich sehr betroffen, dass Hashim Adel Mohammed Saeed Al Mosawi offenbar ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der sich nur deshalb in Haft befindet, weil er von seinen Menschenrechten in legitimer Weise Gebrauch gemacht hat. Deshalb muss er unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden.

- Ich bitte Sie darum, dem Vorwurf der Folter und Misshandlung an Hashim Adel Mohammed Saeed Al Mosawi unverzüglich und in unabhängiger Weise nachzugehen sowie dafür Sorge zu tragen, dass die für Folterungen Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden.


APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555, Rifa'a Palace, Manama
BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Majesty/ Majestät)
Fax: (00 973) 1766 4587

MINISTERPRÄSIDENT
Prince Khalifa bin Salman Al Khalifa
Office of the Prime Minister
P.O. Box 1000, Manama, BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Highness/ Hoheit)
Fax: (00 973) 175 33 033

MINISTER FÜR JUSTIZ UND ISLAMISCHE ANGELEGENHEITEN
Shaikh Khalid bin Ali bin Abdullah Al Khalifa
Ministry of Justice and Islamic Affairs
P. O. Box 450, Manama
BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Excellency/Exzellenz)
Fax: (00 973) 175 31 284


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S.E. Herrn Ahmed Mohamed Yousif Aldoseri
Klingelhöfer Str. 7, 10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de oder über die Website
http://www.bahrain-embassy.de/kontakt/


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 28. September 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Expressing concern that Hashim Adel Mohammed Saeed Al Mosawi appears to be a prisoner of conscience detained solely for peacefully exercising his right to freedom of expression and calling, if this is the case, for him to be released immediately and unconditionally;

- Urging the authorities to order an immediate independent investigation into his alleged torture and other ill-treatment and bring anyone responsible to justice.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-287/2011, AI-Index: MDE 11/050/2011, Datum: 22. September 2011 - gs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2011