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AKTION/759: Urgent Action - Taiwan - Drohende Hinrichtung nach unfairem Gerichtsverfahren


ai - URGENT ACTION
UA-Nr.: UA-260/2011, AI-Index: ASA 38/004/2011, Datum: 31. August 2011 - gs

Taiwan
Drohende Hinrichtung nach unfairem Gerichtsverfahren


Herr CHIOU HO-SHUN

Der Taiwanese Chiou Ho-Shun schwebt in akuter Gefahr, hingerichtet zu werden. Er war 1989 nach einem unfairen Prozess zum Tod verurteilt worden. Am 25. August 2011 hat die Generalstaatsanwaltschaft einen auf besondere Umstände gestützten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Chiou Ho-Shun abgelehnt.

Chiou Ho-Shun war 1988 im Zusammenhang mit der Entführung und Tötung von Lu Cheng sowie dem Mord an Ko Hung Yu-Lan festgenommen und zum Tod verurteilt worden. Gemeinsam mit ihm hatten elf weitere Angeklagte vor Gericht gestanden, gegen die Freiheitsstrafen verhängt worden waren. Seine Mitangeklagten befinden sich mit Ausnahme eines in der Haft verstorbenen Mannes inzwischen wieder in Freiheit. Chiou Ho-Shun und seine Mitangeklagten geben an, sie seien in den ersten vier Monaten ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten und während dieser Zeit gefoltert worden, um von ihnen Geständnisse zu erpressen. Später zogen sie ihre Geständnisse zurück.

Nach offiziellen Ermittlungen wurden 1994 zwei StaatsanwältInnen und zehn PolizistInnen, die seinerzeit mit dem Fall der Entführung und des gewaltsamen Todes von Lu Cheng befasst gewesen waren, für schuldig befunden, unter Anwendung der Folter Geständnisse erpresst zu haben. Im Jahr 2003 räumte die Polizei ein, sie habe die Tatsache für sich behalten, dass ein anderer Todestraktinsasse kurz vor seiner Hinrichtung den Mord an Lu Cheng gestanden hatte.

In den 23 Jahren Haftzeit sind die Akten des Gefangenen Chiou Ho-Shun nicht weniger als elf Mal zwischen dem Oberen Gericht und dem Obersten Gerichtshof hin und her geschoben worden.

Obwohl Chiou Ho-Shun sein Geständnis unter Folter abgelegt hat, haben die Gerichte es als Beweismittel zugelassen. Der Aussage des anderen Todestraktinsassen, der sich für den Tod von Lu Cheng verantwortlich erklärt hatte, sind sie nicht nachgegangen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

In den Todestrakten Taiwans sitzen derzeit mehr als 50 Menschen ein. Die Familien von zum Tod verurteilten Gefangenen werden nicht im Vorfeld über den Hinrichtungstermin unterrichtet. Sie erfahren erst im Nachhinein vom Tod ihrer Angehörigen, wenn ihnen eine Nachricht zugeht, dass sie den Leichnam aus dem Leichenschauhaus abholen können.

Die Regierung in Taiwan hat seit dem Jahr 2000 wiederholt ihre Absicht bekundet, die Todesstrafe abschaffen zu wollen. Am 30. April 2010 wurden dessen ungeachtet mit der Hinrichtung von vier Menschen erstmals seit 2005 wieder Todesurteile vollstreckt.

Im laufenden Jahr sind bereits fünf Menschen von Erschießungskommandos exekutiert worden. Es handelt sich um Wang Chih-huang, Wang Kuo-hua, Chuang Tien-chu, Guang Chung-yen und Chung Teh-shu. Die Männer waren Verbrechen schuldig gesprochen worden, die sie zwischen 1988 und 2005 begangen hatten.

In Taiwan zum Tod verurteilte Menschen haben unter Verstoß gegen den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte keine Möglichkeit, einen Antrag auf Begnadigung oder auf Umwandlung der Strafe zu stellen. Als Vertragsstaat des Pakts ist Taiwan zur Einhaltung der darin verbrieften Rechte verpflichtet. Amnesty International lehnt die Todesstrafe ungeachtet der Schwere eines Verbrechens und der vom Staat praktizierten Hinrichtungsmethode unter allen Umständen ab.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich bitte eindringlich darum, Chiou Ho-Shun nicht hinzurichten.

- Sorgen Sie bitte für eine Wiederaufnahme des Prozesses gegen Chiou Ho-Shun und stellen Sie sicher, dass das neue Verfahren internationalen Standards der Fairness gerecht wird.

- Führen Sie bitte in Anlehnung an die Grundsätze des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte ein Verfahren ein, das zum Tode verurteilten Menschen die Möglichkeit gibt, einen Antrag auf Begnadigung oder auf Umwandlung der gegen sie verhängten Strafe zu stellen.

- Ich bitte um den unverzüglichen Erlass eines Hinrichtungsmoratoriums mit dem Ziel der vollständigen Abschaffung der Todesstrafe. Eine solche Maßnahme ist von der UN-Generalversammlung mit Resolution 62/149 vom 18. Dezember 2007 und späteren Resolutionen allen Staaten angeraten worden.


APPELLE AN

JUSTIZMINISTER
Tseng Yung-fu
Ministry of Justice
No. 130, Sec. 1, Chongqing S. Rd.
Zhongzheng Dist.
Taipei City 100
TAIWAN
(korrekte Anrede: Dear Minister of Justice/Sehr geehrter Herr Justizminister)
Fax: (00 886) 2 2331 9102
E-Mail: tyftp@mail.moj.gov.tw

PRÄSIDENT
Ma Ying-jeou
Office of the President
No. 122, Sec. 1, Chongqing S.Rd.
Zhongzheng Dist.
Taipei City 100
TAIWAN
(korrekte Anrede: Dear President/ Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 886) 2 2383 2941
E-Mail: jlwu@oop.gov.tw


KOPIEN AN

HAFTZENTRUM IN TAIPEI
Chiou Ho-Shun
Taipei Detention Center
No.2, Li-de Road
Tucheng City
Taipei County 236
TAIWAN

BOTSCHAFT VON TAIWAN
Markgrafenstraße 35
10117 Berlin
Fax: 030-2036 1101
E-Mail: deu@mofa.gov.tw


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 12. Oktober 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Urging the authorities not to execute Chiou Ho-shun.

- Urging them to guarantee that he will be retried in line with international standards for fair trial.

- Urging them to implement a procedure, in accordance with the International Covenant on Civil and Political Rights, allowing people under sentence of death to seek pardon or commutation of sentence.

- Calling on them to introduce an immediate moratorium on executions, with a view to abolishing the death penalty, as provided by UN General Assembly resolution 62/149, of 18 December 2007 and subsequent resolutions.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr.: UA-260/2011, AI-Index: ASA 38/004/2011, Datum: 31. August 2011 - gs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. September 2011