Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/631: Urgent Action - VR China - Menschenrechtsanwalt frei


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-047/2011-1, AI-Index: ASA 17/022/2011, Datum: 21. April 2011 - pn

VR CHINA
Menschenrechtsanwalt frei

Weitere Informationen zu UA-047/2011 (ASA 17/009/2011, 28. Februar 2011)


JIANG TIANYONG, Menschenrechtsanwalt (freigelassen)
TANG JITIAN, Menschenrechtsanwalt (unter Hausarrest)

TENG BIAO, Menschenrechtsanwalt (ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft) Der Menschenrechtsanwalt Jiang Tianyong ist freigelassen worden. Tang Jitian wurde indes von den Behörden ohne rechtliche Grundlage unter Hausarrest gestellt, und Teng Biao befindet sich weiterhin an einem unbekannten Ort in Haft und hat keinen Kontakt zur Außenwelt. Am 16. Februar 2011 hatten sich Jiang Tianyong, Tang Jitian und Teng Biao in einem Restaurant getroffen, um den Fall eines gewaltlosen politischen Gefangenen zu besprechen, der unter rechtswidrigem Hausarrest steht. Tang Jitian wurde noch am selben Abend von PolizeibeamtInnen festgenommen. Die Festnahme der beiden anderen Männer folgte am 19. Februar in Peking.

Am 5. April brachte die Polizei Tang Jitian zu seinem Haus in seiner Heimatstadt in der Provinz Jilin, wo er nun ohne rechtliche Grundlage unter Hausarrest steht. Laut Freunden und Familie leidet er zurzeit an Tuberkulose, hat aber aufgrund des Hausarrests keinen Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung.

Jiang Tianyong durfte am 19. April zu seinem Haus in Peking zurückkehren. Er befand sich zwei Monate lang ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft. Während dieser Zeit erteilten die Behörden seiner Familie weder Auskunft über den Aufenthaltsort von Jiang Tianyong, noch händigten sie ihr ein offizielles Dokument über seine Haft oder Festnahme aus.

Teng Biao befindet sich weiterhin an einem nicht bekannten Ort ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft. Seine Familie hat von den Behörden bislang kein offizielles Dokument erhalten, das seine Haft bestätigt.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Jiang Tianyong, Tang Jitian und Teng Biao hatten sich am 16. Februar 2011 getroffen, um den Fall von Chen Guangcheng zu besprechen. Chen Guangcheng hat sich autodidaktisch zum Rechtsberater fortgebildet und ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der im September 2010 aus der Haft entlassen worden war. Seitdem stehen er und seine Familie unter rechtswidrigem Hausarrest. Obwohl er dringend medizinische Hilfe benötigt, hat er keinen Zugang zu einer unabhängigen medizinischen Untersuchung und Versorgung. Auch um Lebensmittel zu besorgen, darf er sein Haus nicht verlassen. Nachdem am 10. Februar ein selbst gedrehtes Video veröffentlicht wurde, das die Bedingungen des rechtswidrigen Hausarrests von Chen Guangcheng, seiner Frau und seiner jungen Tochter deutlich macht, wurden er und seine Frau Zeugenaussagen zufolge mehrfach geschlagen.

Es gibt über 200.000 Anwält_innen in China, doch nur wenige von ihnen sind bereit, das Risiko auf sich zu nehmen, Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu vertreten. Diese Anwält_innen spielen eine wichtige Rolle in der Bewegung zur Verteidigung der Rechte des Menschen (weiquan), deren Ziel es ist, die Rechte von Einzelpersonen durch die Anwendung der chinesischen Gesetze zu schützen. Diese weiquan-AnwältInnen werden, ähnlich wie andere Menschenrechtsverteidiger_innen in China, drangsaliert, angegriffen, überwacht und strafrechtlich verfolgt, wenn sie die Rechte Anderer zu schützen versuchen.

Die chinesischen Behörden verhängen außerdem ohne Gerichtsentscheidung willkürliche Sanktionen (z.B. Geldstrafen) gegen Kanzleien, die weiquan-AnwältInnen beschäftigen. Auch können sie politischen Druck auf solche Kanzleien ausüben, da sie die Kontrolle über berufliche Lizenzen für Kanzleien oder individuelle AnwältInnen besitzen.

Jiang Tianyong, Tang Jitian und Teng Biao haben ihre Zulassung als Rechtsanwälte verloren; Tang Jitian wurde seine Lizenz dauerhaft im Jahr 2010 entzogen, Jiang Tianyong und Teng Biao verloren die ihre vorübergehend in den Jahren 2009 und 2008. Sie bieten mutmaßlichen Opfern von Menschenrechtsverletzungen jedoch weiterhin rechtlichen Beistand.

Seit einem anonymen Internetaufruf vom 17. Februar eine "Jasmin-Revolution" in China zu initiieren, wurden mehrere MenschenrechtsanwältInnen, die in der Öffentlichkeit stehen, in Haft genommen. Mindestens ein Dutzend weiterer AnwältInnen gaben an, für kurze Zeit festgehalten worden zu sein. Seitens der Behörden soll Druck auf sie ausgeübt worden sein. Die Polizei habe ihnen sogar untersagt, auf der Internetplattform Twitter über Inhaftierte zu berichten.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich begrüße die Freilassung von Jiang Tianyong.

- Sorgen Sie bitte dafür, dass der Hausarrest gegen Tang Jitian unverzüglich und ohne Auflagen aufgehoben wird, sofern er nicht einer international als Straftat erkennbaren Handlung angeklagt und gemäß internationalen Standards für ein faires Verfahren vor Gericht gestellt wird.

- Stellen Sie sicher, dass Tang Jitian die medizinische Versorgung erhält, die er benötigt.

- Ich fordere Sie höflich auf, umgehend Auskunft über die momentane Lage und den Aufenthaltsort von Teng Biao zu geben.

- Sorgen Sie bitte dafür, dass Teng Biao unverzüglich und ohne Auflagen aus seiner Haft entlassen wird, sofern er nicht einer international als Straftat erkennbaren Handlung angeklagt und gemäß internationalen Standards für ein faires Verfahren vor Gericht gestellt werden kann.

- Stellen Sie sicher, dass Teng Biao während seiner Haftzeit Zugang zu seiner Familie, einem Rechtsbeistand seiner Wahl sowie jeder notwendigen medizinischen Versorgung erhält.


APPELLE AN

LEITER DES BÜROS FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT IN PEKING
FU Zhenghua Juzhang
Beijingshi Gong'anju , 9 Dongdajie, Qianmen
Dongchengqu, Beijingshi 100740
VOLKSREPUBLIK CHINA
(korrekte Anrede: Dear Director)
Fax: (00 86) 10 652 429 27

JUSTIZMINISTER
WU Aiying Buzhang,
Sifabu, 10 Chaoyangmen Nandajie
Chaoyangqu, Beijingshi 100020,
VOLKSREPUBLIK CHINA
(korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: (00 86) 10 652 923 45
E-Mail: pfmaster@legalinfo.gov.cn


KOPIEN AN

MINISTER FÜR ÖFFENTLCHE SICHERHEIT
MENG Jianzhu Buzhang
Gong'anbu, 14 Dongchang'anjie
Dongchengqu, Beijingshi 100741
VOLKSREPUBLIK CHINA
(korrekte Anrede: Your Excellency)

BOTSCHAFT DER VOLKSREPUBLIK CHINA
S. E. Herrn Hongbo Wu
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Fax: 030-27 58 82 21
E-Mail: de@mofcom.gov.cn


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 2. Juni 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Urging the authorities to immediately clarify the current status and whereabouts of Jiang Tianyong, Tang Jitian and Teng Biao.

- Urging the authorities to release them if they are not to be charged with an internationally recognizable criminal offence.

- Urging the authorities to ensure that as long as any of them remain in detention, they have access to family, legal representation of their choosing, and any medical care they may require.


*


Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-047/2011-1, AI-Index: ASA 17/022/2011, Datum: 21. April 2011 - pn
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. April 2011