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AKTION/509: Urgent Action - Ägypten - Protestierenden drohen Misshandlungen


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-015/2011, AI-Index: MDE 12/005/2011, Datum: 28. Januar 2011 - mr

ÄGYPTEN
Protestierenden drohen Misshandlungen


DEMONSTRIERENDE in ÄGYPTEN

Den Menschen, die in Ägypten gegen Armut, Korruption und Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei sowie für ein Ende der Präsidentschaft von Hosni Mubarak demonstrieren, drohen Menschenrechtsverletzungen und die willkürliche Festnahme. Seit dem 25. Januar 2011 sind mindestens 14 Protestierende von den Sicherheitskräften getötet und über 1000 Menschen inhaftiert worden. Die Proteste begannen am 25. Januar in Kairo und anderen ägyptischen Städten und erreichten nach dem Freitagsgebet am 28. Januar einen Höhepunkt mit Protesten im ganzen Land. In den vergangenen vier Tagen wurden mindestens 14 Menschen bei der gewaltsamen Auflösung von Demonstrationen durch die Sicherheitskräfte getötet. Zahlreiche weitere Personen wurden verletzt. Viele der Verletzten suchten aus Angst vor einer Festnahme kein Krankenhaus auf.

Nach Angaben von Anwält_innen und Menschenrechtsorganisationen in Ägypten wurden über 1000 Protestierende von den ägyptischen Sicherheitsbehörden festgenommen. Viele wurden von Bereitschaftspolizei und Angehörigen der ägyptischen Staatssicherheit bei der Festnahme verprügelt und nach ihrer Inhaftierung in Lagern der Zentralen Sicherheit erneut geschlagen. Die Sicherheitskräfte beschlagnahmten ihre Mobiltelefone und verweigerten den Verletzten die angemessene medizinische Behandlung. Der umgehende Zugang zu Anwält_innen wurde ihnen ebenfalls verwehrt.

Das Innenministerium beschuldigt die verbotene Muslimbruderschaft zusammen mit der Nationalen Vereinigung für den Wandel (National Association for Change) und der Bewegung 6. April, die Unruhen angestiftet zu haben. Acht Angehörige des Führungsgremiums der Muslimbruderschaft, darunter Eissam Aryan und Mohamed Mursi, wurden zusammen mit 20 weiteren Mitgliedern aus verschiedenen ägyptischen Regierungsbezirken festgenommen. Dem ehemaligen Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde und Vorsitzenden der Nationalen Vereinigung für den Wandel, Mohamed el-Baradei, wurde nicht gestattet, am 28. Januar zu demonstrieren. Die Behörden befahlen ihm zuhause zu bleiben. Viele Mitglieder der Organisation Nationale Vereinigung für den Wandel wurden festgenommen.

Am 27. Januar ordnete der Staatsanwalt die Freilassung einiger Inhaftierter gegen Kaution an. Man wirft ihnen nicht genehmigtes Versammeln, Angriffe gegen die Sicherheitskräfte, Beschädigung öffentlichen Eigentums und Behinderung des Verkehrs vor. Weitere Personen sind nach wie vor inhaftiert und es wird damit gerechnet, dass sie in den nächsten Tagen dem Staatsanwalt vorgeführt werden. Die ägyptischen Behörden benutzen die genannten Anklagen häufig, um die Versammlungsfreiheit einzuschränken und der ägyptischen Bevölkerung das Recht auf friedlichen Protest zu verweigern.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

In Ägypten herrscht seit 1981 der Ausnahmezustand und die Behörden wenden immer wieder Sondergesetze an, um Demonstrationen zu verbieten und die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit einzuschränken und weitere Menschenrechtsverletzungen zu begehen. Dazu zählen Folter und andere Misshandlungen sowie unfaire Gerichtsverfahren vor Militär- oder Sondergerichten.

In den vergangenen Jahren führten Arbeitnehmer_innen des öffentlichen und privaten Sektors eine Reihe von Protesten und wilden Streiks durch und forderten bessere Löhne und Arbeitsbedingungen. Viele machen ihrer Unzufriedenheit mit Protesten vor Regierungsgebäuden in Kairo Luft. Einige dieser Demonstrationen wurden von Sicherheitskräften aufgelöst. Den Medienschaffenden versagte man von vornherein den Zugang oder man verwies sie bei Sitzstreiks und anderen Protesten vom Ort des Geschehens.

Für nähere Informationen über die Einschränkungen der Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in Ägypten siehe auch: Human rights concerns ahead of the parliamentary elections, 21. November 2010,
http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE12/032/2010/en


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich fordere Sie eindringlich auf, in Übereinstimmung mit dem Verhaltenskodex für Beamte mit Polizeibefugnissen und den Grundprinzipien für die Anwendung von Gewalt und den Gebrauch von Schusswaffen durch Beamte mit Polizeibefugnissen die Sicherheitskräfte zu zügeln und eindeutige Anweisungen zu erteilen, dass sie weder exzessive noch unangemessene Gewalt und auch keine Waffen einsetzen dürfen, es sei denn dies ist unbedingt nötig und dient dem Schutz von Menschenleben.

- Wahren Sie die Menschenrechte der Demonstrierenden.

- Ich appelliere an Sie, die Tötungen und andere Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte bei der Auflösung von Demonstrationen zu untersuchen.

- Lassen Sie alle Inhaftierten frei, sofern sie nicht umgehend einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt werden und ein faires Gerichtsverfahren erhalten.


APPELLE AN

INNENMINISTER
Minister of Interior
25 El Sheikh Rihan Street
Bab al-Louk
Cairo
ÄGYPTEN
(korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: (00 20) 22 796 0682
E-Mail: moi@idsc.gov.eg

GENERALSTAATSANWALT
Prosecutor General
Dar al-Qadha al-'Ali
Ramses Street
Cairo
ÄGYPTEN
(korrekte Anrede: Dear Counsellor)
Fax: (00 20) 22 577 4716


KOPIEN AN

LEITERIN DER BEHÖRDE FÜR MENSCHENRECHTE IM AUßENMINISTERIUM
Laila Bahaa Eldin
Human Rights and International Humanitarian and Social Affairs
Ministry of Foreign Affairs
Corniche al-Nil
Cairo
ÄGYPTEN
Fax: (00 20) 22 574 9713

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S.E. Herrn Ramzy Ezz Eldin Ramzy
Stauffenbergstraße 6 - 7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort.
Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch.
Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 11. März 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Calling on the Egyptian authorities to rein in their forces and issue clear instructions that they should not use excessive or disproportionate force or resort to the use of fire arms unless when strictly necessary and to protect human life, in line with the Code of Conduct for Law Enforcement Officials and the Basic Principles on the Use of Force and Firearms by Law Enforcement Officials;

- Urging them to uphold the human rights of demonstrators;

- Calling on them to investigate the killings and the abuses by the security forces when policing demonstrations;

- Calling on the authorities to release or charge those detained with an internationally recognizably offence and try them in fair proceedings.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-015/2011, AI-Index: MDE 12/005/2011, Datum: 28. Januar 2011 - mr
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Februar 2011